Eine Zabergäubahn mit Westanbindung ist kaum realistisch
Viele in der Region hoffen, dass die Zabergäubahn zwischen Lauffen und Zaberfeld wieder in Betrieb geht. Die Chancen stehen nicht schlecht. Eine XL-Version mit der Fortführung bis nach Bretten hat nach Einschätzung von Experten derzeit aber kaum Chancen auf Realisierung.
Es klingt wie ein Abgesang. "Die Reaktivierung der Zabergäubahn zwischen Lauffen nach Zaberfeld und Leonbronn ist ungewisser denn je", schreibt der Brettener FDP-Landtagsabgeordnete Christian Jung dieser Tage in einer Pressemitteilung. Allerdings muss man differenzieren. Wenn von der Zabergäubahn die Rede ist, meinen nicht alle Beteiligten dasselbe. Bei der vom Landkreis Heilbronn vorangetriebenen Reaktivierung der alten Trasse zwischen Lauffen und Zaberfeld gibt es keinen neuen Stand.
Das Land bescheinigt der Strecke, auf der seit 1995 kein Zug mehr fährt, großes Fahrgastpotenzial. Knackpunkt ist die Wirtschaftlichkeit. Nach der sogenannten Standardisierten Bewertung, der Infrastrukturprojekte bundesweit unterzogen werden, muss nach Einbeziehung vieler Faktoren unter dem Strich mindestens eine Eins stehen. Das heißt, jeder investierte Euro bringt mindestens einen Euro volkswirtschaftlichen Nutzen. Diese Latte hat die Zabergäubahn nach bisherigen Berechnungen denkbar knapp gerissen.
Chancen könnten steigen: Bund überarbeitet Kriterien
Ob der Sprung über die magische Grenze gelingt, hängt auch davon ab, wer die Bahn betreibt. Die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Strecke hat auf Nachfrage von stimme.de bekundet, selbst großes Interesse zu haben. Das würde aber bedeuten, dass die DB die Strecke nach eigenen, kostspieligen Standards neu baut - schlecht für die Wirtschaftlichkeitsrechnung. Günstiger wäre es wohl, die DB verpachtete die Strecke, etwa an einen kommunalen Zweckverband, und ein anderer Betreiber lässt die Züge fahren. Durch den Streckenbau nach etwas einfacheren Standards fiele die Wirtschaftlichkeitsprüfung positiver aus, so das Kalkül von Land und Landkreis, die mit der Bahn in Gesprächen über eine Verpachtung stehen.
Hier geht es nicht voran - muss es derzeit nach Einschätzung von Insidern aber auch nicht. Mit Spannung wird erwartet, wie die angekündigte Neuausrichtung der Standardisierten Bewertung durch den Bund ausfällt. Berlin hat angekündigt, das Instrument so zu justieren, dass Projekte im Grenzbereich eher ermöglicht als verhindert werden. Im Sommer soll das Konzept vorliegen. Die Zabergäubahn wird also ohnehin noch einmal gewogen und vielleicht nach neuen Kriterien für schwer genug befunden.
XL-Variante wäre die Fortführung bis nach Bretten
Wohlgemerkt: Das gilt für die Strecke nach Zaberfeld, die im Zentrum der Debatte steht. Schon eine Weiterführung nach Leonbronn würde jede Wirtschaftlichkeitsberechnung ruinieren. Das wird auch in einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des Brettener Abgeordneten Christian Jung angedeutet. Der FDP-Politiker favorisiert freilich nicht nur eine Bahn bis Leonbronn, sondern die XL-Variante mit einer Westanbindung über Oberderdingen und Knittlingen nach Bretten. Das wäre der Ringschluss zur Kraichgaubahn und zur Stadtbahnlinie S4, die zwischen Karlsruhe, Eppingen und Heilbronn fährt.
Tatsächlich war diese Streckenführung schon beim Bau der Zabergäubahn vor 125 Jahren geplant. Es wurden sogar erste Schienen über Leonbronn hinaus verlegt, dann aber wieder herausgerissen. Seither ist die Westanbindung immer mal wieder politische Forderung. Allerdings: Die Trasse bis Leonbronn ist "eisenbahnrechtlich gewidmet", ihre Reaktivierung wäre zumindest rechtlich nicht schwierig.
Experte: Das ist ein Nebenschauplatz
Im Westteil sieht das ganz anders aus. Hier gibt es keine Trasse und keine Voruntersuchungen, keine Studie zum Fahrgastpotenzial, dafür aber schwieriges Gelände, das eventuell teure Tunnelbauten nötig machen würde. Als "Nebenschauplatz" sieht Gerhard Schnaitmann die Diskussion um die Westspange. "Das steht überhaupt nicht im Fokus", sagt der Bahnexperte, der lange für die Nahverkehrsgesellschaft des Landes tätig war und der auch heute noch als Berater geschätzt ist.
Hinter den Kulissen gibt es eher die Befürchtung, dass es dem Lauffen-Zaberfeld-Projekt schaden könnte, wenn jetzt ein zu großes Fass aufgemacht wird. "Lieber den Spatz in der Hand", sagt Gertrud Schreck, Vorsitzende im Verein Zabergäu pro Stadtbahn, die gleichwohl eine Westanbindung begrüßen würde. Sie setzt aber auf einen Effekt, der schon bei anderen Strecken zu beobachten war: Ist erst ein Teil gebaut, könnte das eine Dynamik in Gang setzen, die später den weiteren Ausbau ermöglicht.
FDP-Abgeordneter Jung nennt Planung "skurril"
"Skurril und bedauerlich", nennt es der FDP-Politiker Jung, dass keine Paketlösung angestrebt wird. Nun hat sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz zu Wort gemeldet und tritt dem Eindruck entgegen, der Zug sei schon abgefahren – woraufhin Jung umgehend eine Machbarkeitsstudie fordert. Die meisten Experten sind sich einig: Die Westanbindung wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Die Chancen der Bahn von Lauffen nach Zaberfeld aber haben sich zuletzt weder verbessert noch verschlechtert.