Übernahme einer orthopädisch-chirurgischen Praxis durch SLK-Kliniken sorgt für Wirbel
Der Klinikverbund dringt mit der Übernahme einer Praxis weit in den ambulanten Sektor vor. Welche Auswirkungen das für die Patientenversorgung hat, dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Zum 1. Januar wollen die SLK-Kliniken eine orthopädisch-unfallchirurgische Praxis mit vier Sitzen und Niederlassungen in Lauffen und am Gesundheitszentrum in Brackenheim übernehmen und in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) umwandeln. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) soll den Vorstoß der Klinik in den ambulanten Sektor am 6. Dezember genehmigen. In der Region sorgen die Nachrichten für Erleichterung bei den einen und Unmut bei den anderen.
Einerseits dürfte durch die Eingliederung der Praxis unter das Dach des Klinikverbunds die Versorgung langfristig und unabhängig von den beiden aktuellen Praxisinhabern Dietmar Golter und Rainer Tischer gesichert sein. Diese sollen als angestellte Ärzte weiter in dem künftigen MVZ arbeiten, ergänzt um Klinikärzte. Andererseits kritisieren manche in der Branche, durch das Konstrukt sei die Unabhängigkeit von Ärzten und Patienten gefährdet.
Für SLK dürfte es durch das Manöver zumindest theoretisch einfacher werden, lukrative Eingriffe an die eigenen orthopädischen Abteilungen am Klinikum am Plattenwald zu holen. Denn der vorherige Gang zum Orthopäden ist quasi das Eintrittsticket in eine Klinik. Er stellt Klinik-Überweisungen aus, darf aber offiziell keine Empfehlung für eine bestimmte Einrichtung aussprechen. Danach fragen werden viele Patienten dennoch.
SLK weist die Kritik zurück
SLK weist die in der Branche geäußerte Kritik zurück, der Verbund kaufe sich mit der Übernahme der Kassenarzt-Sitze "seine eigenen Einweiser", um so Patienten besser in die Klinik leiten zu können. "Auch im Rahmen des dann neuen MVZ haben alle Patienten weiter alle Möglichkeiten, sich eine Klinik ihrer Wahl auszusuchen", teilt ein SLK-Sprecher mit. In Deutschland gelte generell das Prinzip der freien Krankenhauswahl. "Jeder Patient ist frei in seiner Entscheidung und kann sich bei einer von einem Arzt ausgestellten Krankenhauseinweisung für ein zugelassenes Krankenhaus seiner Wahl entscheiden." Die Ärzte, die voraussichtlich ab 1. Januar 2024 im Rahmen des MVZ bei SLK angestellt seien, "sind diesem Prinzip wie eh und je verpflichtet".
Praxisinhaber will sich vorerst nicht äußern
Die Redaktion schickt einen Fragenkatalog an Dietmar Golter und Rainer Tischer. Darin enthalten ist die Frage nach der beschriebenen ärztlichen Unabhängigkeit und außerdem die Frage, ob sich keine niedergelassenen Ärzte aus der Region gefunden haben, die Sitze und Praxis perspektivisch übernehmen wollten. Dietmar Golter schickt zunächst eine allgemeine Antwort, teilt dann aber mit, er wolle sich erst nach der Entscheidung am 6. Dezember öffentlich zum Sachverhalt äußern.
Die Vertretung der Kassenärzte gibt nur eine allgemeine Stellungnahme ab
Keine Stellungnahme zum konkreten Fall gibt auch die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW), Interessenvertretung der niedergelassenen Ärzte, ab. Allgemein sagt ein Sprecher: Es sei nichts Besonderes, dass Krankenhäuser zusätzlich ein MVZ betreiben. "Das gibt es an vielen Orten und in unterschiedlichen Fachrichtungen." Unabhängig vom konkreten Fall stelle sich für die KV die Frage, worin das Ziel eines solchen Klinik-MVZ bestehe: "Wenn es vor allem darum geht, die eigenen Betten besser auszulasten, ist die Frage, wie hoch der Beitrag zur Versorgung ist." Weiter heißt es: "Ebenso haben wir die Sorge, dass sich die Krankenhaus-MVZ nur auf wenige Leistungen beschränken, die vermeintlich lukrativ sind, und den niedergelassenen Ärzten den Rest überlassen."
Mit der Krankenhausreform könnte die Trennung ambulant/stationär fallen, mutmaßen einige
Doch die Entwicklung schreitet womöglich voran. Mit der geplanten Krankenhausreform könnte die Trennung zwischen ambulantem und stationärem Bereich fallen, mutmaßen einige. Es sei "damit zu rechnen, dass die strikte Sektorentrennung stationär versus ambulant mehr und mehr aufgeweicht wird", heißt es von SLK. So werde "dem Trend der Ambulantisierung Rechnung getragen" und das System im Sinne der Patienten flexibler gestaltet. Für SLK sei jedoch klar: "Die Kernkompetenz und der Fokus des Verbundes liegt in der stationären Versorgung."
Knie- und Hüftprothesen gehören zu den gut vergüteten Eingriffen im Krankenhaus
Stationäre Eingriffe sind solche, bei denen der Patient für einige Tage im Krankenhaus bleibt. In der Regel ist das zum Beispiel bei der Implantation von Knie- und Hüftprothesen der Fall. Solche Eingriffe werden nach AOK-Angaben mit rund 11.000 Euro vergütet, wenn alles normal läuft. Sie gehören damit zu den Top-Erlösern für Kliniken.



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