Neuer Wirbel um Heilbronner Antidiskriminierungsstelle – "Grundhaltung verstößt gegen unser Verständnis"
Ein Brief an einen Heilbronner Bäcker wegen dessen Verzierung von Faschingskrapfen sorgte bundesweit für Aufsehen. Nun steht die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle und ihr Trägerverein selbst in der Kritik. Zwei Fraktionen wollen städtische Zuschüsse streichen.

Die Arbeit der Heilbronner Antidiskriminierungsstelle (Adi) bleibt in der Diskussion. Nun hat die FDP-Fraktion die Streichung des Zuschusses für die Antidiskriminierungsstelle im Haushalt 2024 beantragt, die CDU will den Zuschuss zunächst mit einem Sperrvermerk versehen. Als Grund nennen beide Parteien die ungeklärte Rechtsform und die Grundhaltung der Adi.
"Ist sie ein Verein, ist sie eine Abteilung im Verein, wie wird die Geschäftsführung bestimmt und für welche Maßnahmen werden unsere Zuschüsse verwendet", sind die Fragen, die sich CDU-Stadtrat Christoph Troßbach stellt. Dazu hatte die Fraktion die Geschäftsführerin des Stadt- und Kreisjugendrings Mirjam Sperrfechter, die in ihrer Funktion auch Leiterin der Adi ist, im Mai eingeladen. "Es gab in unseren Gesprächen weder Klarheit über Rechtsstellung noch über eine Satzung", sagt Troßbach.
Kritik der CDU-Fraktion an der Antidiskriminierungsstelle – Auch FDP äußert sich
"Insbesondere stört uns, dass sich die Adi weigert, sich zu wesentlichen Rechtsstaatsprinzipien wie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der Unschuldsvermutung zu bekennen." Im Zentrum der CDU-Kritik steht der offizielle Leitsatz der Adi: "Nicht die Absicht zählt, sondern die Wirkung." "Diese Grundhaltung verstößt klar gegen unser Verständnis", unterstreicht Troßbach: "Ein solch einseitiges Vorgehen darf die Stadt nicht finanziell unterstützen."
Die FDP, die mit Sperrfechter ebenfalls ein Gespräch geführt hat, sieht das genauso. "Wir erachten ein Sensibilisieren im diskriminierungsfreien Umgang untereinander durchaus für sinnvoll. Dafür braucht es eine Stärkung der rationalen Urteilsfähigkeit, ein Mündigmachen statt Belehrung und Umerziehung", kritisiert Nico Weinmann. "Wenn die Tätigkeit, und den Eindruck habe ich gewonnen, den wesentlichen Fokus auf letzteres setzt, wirkt das für das Ansinnen kontraproduktiv und trägt eher zur Spaltung bei", betont der FDP-Fraktionsvorsitzende. Die Stadt Heilbronn und der Landkreis bezahlen jeweils 10.000 Euro an die Adi, die unter dem Dach des Stadt- und Kreisjugendrings angesiedelt wurde. 40.000 Euro kommen vom Land. Mit dem Geld werden derzeit zwei 40-Prozent-Stellen finanziert.
Die Stelle war in diesem Jahr mehrfach heftig kritisiert worden. Zur Faschingszeit hatte eine Mitarbeiterin dem Heilbronner Bäcker Ralf Herrmann in einem Brief "Kulturelle Aneignung und die Reproduktion rassistischer Stereotype vorgeworfen", weil er seine Berliner mit Figuren verziert hatte, die als Asiaten, Cowboys und Schwarze zu erkennen waren. Weil sich der Bäcker wehrte und den Brief öffentlich machte, sorgte der Fall deutschlandweit für Aufsehen.
Wirbel im Heilbronner Theater um Mitarbeiterin der Heilbronner Antidiskriminierungsstelle
Auch beim Heilbronner Theater gab es Wirbel. Im Vorfeld des Theaterstücks "The Who and the What", das von Oktober 2022 bis Januar 2023 gespielt wurde, hatte eine Diskussion für Aufsehen gesorgt, an der eine Adi-Mitarbeiterin teilgenommen hatte. Nach Stimme-Informationen hatte die Frau die Runde vorzeitig und grußlos verlassen und dem Stück vorgeworfen, es reproduziere Klischees und stereotype Vorurteile gegen Muslime. Kritik an diesem Verhalten hatte Mirjam Sperrfechter zurückgewiesen. "Wir würden es bei entsprechenden Fällen wieder so machen", betont die Diplom-Sozialpädagogin.
Auch die aktuellen Vorwürfe der Parteien weist Mirjam Sperrfechter zurück und verweist dabei grundsätzlich auf die Standards der Landesarbeitsgemeinschaft Antidiskriminierungsberatung Baden-Württemberg. Zu konkreten Fragen äußert sie sich nicht.
Grüne und SPD stützen Heilbronner Antidiskriminierungsstelle
Unterstützung erhält die Adi von den Grünen und der SPD im Heilbronner Gemeinderat. "Mir sind weder Unklarheiten noch Verstöße gegen geltendes Recht seitens der Adi oder des Stadt- und Kkreisjugendrings bekannt", sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Holger Kimmerle. "Der SPD-Fraktion liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die eine Beteiligung an einer Diffamierungskampagne begründen könnten", reagiert der Fraktionsvorsitzende Rainer Hinderer gereizt.
Dabei wirft eine weitere Tatsache Fragen auf. Der 1. Vorsitzende des Stadt- und Kreisjugendrings Alexander Sperrfechter ist gleichzeitig der Ehemann der Geschäftsführerin des Vereins.
Kritik an familiärer Verflechtung im Stadt- und Kreisjugendring
"Ob und inwieweit sich das mit den gängigen städtischen Compliance-Regelungen in Einklang bringen lässt, müsste geprüft werden", sagt Nico Weinmann und ergänzt: "Klar ist, dass wir jeden bösen Schein einer Interessenskollision vermeiden sollten." Auch die CDU kritisiert die familiäre Verflechtung. Die Grünen sehen dagegen keine Interessenskollision.
"Wir vertrauen auf die Urteilskraft der Mitgliederversammlung, die die langjährigen Vorstände wählt und überwacht", sagt eine Sprecherin des Landkreises Heilbronn. Die Stadtverwaltung äußert sich nicht und hat eine Stellungnahme zur Finanzierung der Antidiskriminierungsstelle in der Ratssitzung am 22. November angekündigt.