Wie der neue Polizeipräsident gegen Raser vorgehen will
Kontrollen, Führerscheinentzug und beschlagnahmte Fahrzeuge: Gegen rücksichtslose Raser kündigt der neue Polizeipräsident ein repressives Vorgehen an. Auch auf das Sicherheitsgefühl der Heilbronner will Spitzmüller bei seiner Arbeit einen Schwerpunkt legen.

Raser, die Heilbronner Innenstadt und Klimakleber: Auf Frank Spitzmüller (50), neuer Präsident des Polizeipräsidiums Heilbronn, warten herausfordernde Aufgaben.
Wir steigen gleich mit einem aktuellen Thema ein. Mit unseren Heilbronner Klimaaktivisten. Was halten Sie denn von denen?
Frank Spitzmüller: Das ist ein gesellschaftliches Phänomen. Klimaschutz ist allgegenwärtig und es gibt verschiedene Akteure. Die Aufgabe der Polizei ist zuerst einmal, das Versammlungs- und Demonstrationsrecht zu gewährleisten und gleichzeitig auch einen Grundrechtsausgleich zwischen den einzelnen Lagern zu ermöglichen.
Zuletzt war ja tatsächlich auch in Heilbronn eine aufgeheizte Stimmung. Betrachten Sie das mit Sorge?
Spitzmüller: Mit Sorge nicht, aber natürlich brauchen wir hier einen sehr aufmerksamen Blick auf die Situation. Wenn insbesondere Verkehrsteilnehmer und Berufstätige am Fortkommen gehindert werden, bleibt es nicht aus, dass die Situation zwischen den Parteien robuster wird, um es mal so auszudrücken.
Sie haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen Ihren Präsidiumsbereich angeschaut. Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?
Spitzmüller: Ich bin jetzt seit dem 18. Januar Polizeipräsident in Heilbronn und schon vor mir hat ja die Polizeiarbeit sehr gut funktioniert. Die Polizistinnen und Polizisten leisten hier jeden Tag gute und zuverlässige Arbeit. Anstehende Themen sind beispielsweise die altersbedingten Abgänge von Polizisten, die Personallage insgesamt und eben auch die Situation in der Heilbronner Innenstadt.
Ihr Vorgänger hat gesagt, er hätte sich noch mehr dem subjektiven Sicherheitsgefühl in der Heilbronner Innenstadt gewidmet.
Spitzmüller: Das Sicherheitsgefühl der Menschen ist mir wichtig. Wir werden unser Möglichstes tun, einen noch größeren Fokus unserer Polizeiarbeit darauf zu legen. Ich habe mit Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel bereits erste Gespräche geführt. Klar ist für mich: Nur mit Polizeikontrollen allein lässt sich das Problem nicht lösen.
Sind Sie mal abends allein, nicht in Uniform durch Heilbronn gelaufen?
Spitzmüller: Ja, in der Tat, zuletzt an einem Freitagabend. Heilbronn als Stadt ist mir nicht fremd.
Was war Ihr Eindruck?
Spitzmüller: Heilbronn ist eine Großstadt mit all ihren Facetten. Es gibt eine Ausgehkultur und so manche Gruppen, wie in jeder vergleichbaren Großstadt. Sicher werden Großstädte unter anderem anhand derer objektiven Sicherheitslage bewertet. Da steht der Stadtkreis Heilbronn im Landesvergleich sehr gut da. Gleichwohl scheint es eine Diskrepanz zum Sicherheitsgefühl der Menschen zu geben, der wir uns widmen müssen.
Wollten Sie nicht lieber Präsident in Ludwigsburg werden?
Spitzmüller: Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte mich nicht für das Präsidentenamt in Ludwigsburg interessiert. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich in meinem Alter Polizeipräsident in Heilbronn geworden bin. Das ist nicht selbstverständlich.
Sie sollen dem ehemaligen Polizeiinspekteur nahestehen. Er war der ranghöchste Polizist im Land. Ihm wird sexuelle Nötigung vorgeworfen.
Spitzmüller: Wie definieren Sie nahestehen? Wir haben zusammen die Ausbildung zum höheren Dienst gemacht. Unsere Laufbahnen ähneln sich.
Hat Sie das betroffen gemacht?
Spitzmüller: Ja, mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Persönlich nimmt mich das sehr mit.
Wie sind Sie zur Polizei gekommen?
Spitzmüller: Anfang der 1990er-Jahre absolvierte meinen Grundwehrdienst. Mein damaliger Stubenkamerad hatte sich bei der Polizei beworben und hatte zwei Formularsätze dabei. Einer davon blieb für mich übrig und ich ergriff meine Chance.
Was sprach für die Polizei?
Spitzmüller: Polizist ist ein überaus interessanter Beruf. Ich wollte mit Menschen zu tun haben und etwas Sinnvolles und Kommunikatives machen.
Mit 50 Jahren sind Sie ein relativ junger Polizeipräsident. Können Sie sich vorstellen, hier in Pension zu gehen?
Spitzmüller: Natürlich kann ich mir das vorstellen (lacht). Ob es so kommt, ist eine andere Frage. Es spielen viele Aspekte eine Rolle - gesundheitlicher, beruflicher oder privater Art. Ich bin jetzt Polizeipräsident in Heilbronn und ich befasse mich mit Heilbronn. Alles andere sind Spekulationen.
Sind Sie auch der Ansicht, dass die Polizei unter Personalmangel leidet?
Spitzmüller: Leiden ist so ein Wort. Vor dem Hintergrund der vielfältigen, auch neuen Aufgaben können wir mit Sicherheit mehr Personal gebrauchen. Deshalb bin ich dankbar für die umfangreiche und nachhaltige Einstellungsoffensive der Landesregierung.
Wie kann sich die Polizei besser gegen Raser aufstellen?
Spitzmüller: Wir setzen auf Schwerpunktaktionen, wie beispielsweise am vergangenen Freitag auf Samstag in Heilbronn. Da haben wir einen Autofahrer in der 50er-Zone mit 100 Stundenkilometern erwischt. In solchen Fällen hilft nur ein repressiver Ansatz: Kontrollen, Führerscheinentzug und bei entsprechenden Tatbeständen wie illegalen Fahrzeugrennen, das Fahrzeug beschlagnahmen. Aus solch einem Verhalten können sich tödliche Unfälle ergeben. Angesichts dieser Rücksichtslosigkeit frage ich mich: An was liegt das? Sind das gesellschaftliche Umstände? Oder wollen sich einige in Szene setzen?
Raser sind sicher kein reines Heilbronner Problem.
Spitzmüller: Ja, das sehe ich auch so. Raserei ist eine Art der Selbstdarstellung, die wir immer öfter feststellen. Die sozialen Medien bieten ein entsprechende Plattform dafür, dort werde beispielsweise entsprechende Videos geteilt.
Stimmt es, dass Sie leidenschaftlicher Camper sind?
Spitzmüller: Mit meiner Frau bin ich im Urlaub gerne mit einem umgebauten Kastenwagen unterwegs.
Was sind Ihre drei Topziele?
Spitzmüller: Peloponnes, Apulien und Südspanien finde ich sehr schön.
Zur Person
Frank Spitzmüller trat 1994 in den Polizeidienst ein. Er studierte in Villingen-Schwenningen und wechselte danach zur Kriminalpolizei. Vom Rauschgiftdezernat der Ludwigsburger Kripo ging er als Kriminalkommissar ins Innenministerium des Landes. Dort arbeitete er als Referent für Kriminalitätsbekämpfung und -analyse, Staatsschutz und kriminalpolizeiliche Sonderlagen. 2017 kehrte er als Leiter der Kriminalpolizeidirektion ins Präsidium Ludwigsburg zurück. Der 50-Jährige ist mit einer Polizistin verheiratet. Zu seinen Hobbys zählen Reisen und Motorradfahren.
Thomas Lüdecke übernimmt Frank Spitzmüllers alten Posten in Ludwigsburg

Thomas Lüdecke, ehemaliger Leiter der Schutzpolizeidirektion im Präsidium Heilbronn, ist neuer Vize-Präsident des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Der 60-Jährige tritt die Nachfolge von Frank Spitzmüller an, der Präsident des Heilbronner Präsidiums wurde. "Das Amt bringt eine hohe gestalterische Funktion mit sich", sagt Lüdecke. 1984 trat er in den Polizeidienst ein.
Er wirkte im Heilbronner Präsidium in verantwortlichen Stellen mit. Gemeinsam mit dem damaligen Polizeipräsidenten Hartmut Grasmück (67) habe er die Polizeireform im neu geschaffenen Präsidiumsbereich "mit Leben gefüllt". 2002 wurde er Revierleiter in der Stadt Heilbronn. Hier habe er in den vergangenen 20 Jahren wertvolle Kollegen kennengelernt. Lüdecke ist in Karlsruhe geboren, im Rems-Murr-Kreis aufgewachsen und lebt in Wüstenrot.