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Verurteilung des Hamas-Terrors? Großes Schweigen in den Moscheen der Region

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Die Aufforderung des Heilbronner Oberbürgermeisters Harry Mergel an muslimische Organisationen, Terror und Antisemitismus klar zu verurteilen, trägt offenbar kaum Früchte.

Von der Zentralmoschee der Ditib in Heilbronn will sich niemand äußern.
Von der Zentralmoschee der Ditib in Heilbronn will sich niemand äußern.  Foto: Veigel\, Andreas

Besonders die Ditib Zentralmoschee in Heilbronn hüllt sich in Schweigen. Auf eine Stimme-Anfrage, wie man zur Aufforderung des Heilbronner Oberbürgermeisters Harry Mergel stehe, die Muslime in der Region in die Pflicht nimmt, sind in der Weinsberger Straße seit Tagen keine Antworten zu erhalten. Alle dort verweisen auf den Vorsitzenden Erdinc Altuntas, selbst eines seiner Vorstandsmitglieder – doch Altuntas ist weder telefonisch noch schriftlich für unsere Redaktion zu erreichen.

Mitarbeiter der Imam-Azam-Moschee: "Heikles Thema"

Dabei ist Altuntas nicht nur Vorsitzender der Ditib Moschee in Heilbronn, sondern auch Vorsitzender des Ditib Landesverbands sowie Mitglied des Bundesvorstands. Oberbürgermeister Mergel hatte bei einer Kundgebung gegen Antisemitismus vor einer Woche auf dem Heilbronner Kiliansplatz muslimische Organisationen aufgefordert, keinen Zweifel an der Verurteilung von Terrorismus und Antisemitismus zu lassen. Von der Heilbronner Stadtverwaltung heißt es am Donnerstag, man habe noch keine Reaktionen bekommen, ob die Aufforderung Früchte trage.

 


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Andere Moscheen und Vereine äußern sich wie die Ditib ebenfalls nicht. Dazu gehören die Fatih-Moschee, die vom Verfassungsschutz beobachtete Bilal-Moschee – beide in Heilbronn – oder die Imam-Azam-Moschee in Neckarsulm, die zu einer der größten Moscheen in Deutschland zählt. Ein Mitarbeiter dort sagt: "Das ist ein heikles Thema, zu dem wir uns nicht äußern." Er wolle die Anfrage aber an den Vereinsvorsitzenden weiterleiten. Einzig die Ditib-Moschee Öhringen teilt schriftlich mit, dass der Vorsitzende im Urlaub sei. Auf konkrete Fragen antwortet sie nicht. Allgemein heißt es, dass man sich nachdrücklich von jeglicher Form von Krieg und Gewalt distanziere.

Die Vorsitzende des Vereins Türkische Frauen Heilbronn sagt, sie sei grundsätzlich gegen das Töten und mit Gegengewalt auf Gewalt reagieren sei nie eine Lösung. Die Aufforderung von Oberbürgermeister Mergel an muslimische Vereine möchte sie nicht bewerten. Es sei wohl so, dass in verschiedenen Moscheen in der Region in Freitagspredigten darum gebeten werde, sich nicht zu antisemitischen Äußerungen provozieren zu lassen. Der Türkische Frauenverein habe in seiner Satzung stehen, nicht politisch oder religiös zu sein, stellt die Vereinsvorsitzende klar.

Fragwürdiges Foto nach wenigen Minuten gelöscht

Angesprochen auf ein Foto in ihrem Facebookprofil von einer propalästinensischen Kundgebung in Heilbronn im Jahr 2021, das einen Mann mit Stirnband der Terrororganisation Hamas und einer großen Palästina-Flagge zeigt, reagiert sie barsch. Wenige Minuten nach dem Telefonat mit unserer Redaktion ist das betreffende Foto aus ihrem Profil gelöscht.

Die Türkische Gemeinschaft Heilbronn, die der Verfassungsschutz der Bewegung Graue Wölfe zurechnet, lässt eine Anfrage, wie sie zur Aufforderung Mergels stehe, unbeantwortet. Allerdings äußert sich Tugrul Selmanoglu aus Heilbronn, Vorstandsmitglied der Erdogan-Lobbyorganisation Union of International Democrats (UID) mit Sitz in Köln. Die UID distanziere sich von Anfang an von Antisemitismus, sagt er. "Terror, egal welcher Art und von welcher Seite, wird in unseren Reihen keine Sympathien finden." Der Verfassungsschutz hat die UID seit Jahren im Blick, sieht eine "Nähe zu türkischen Rechtsextremisten".

Polizei prüft Redebeiträge auf volksverhetzende Elemente

Auf einer propalästinensischen Kundgebung am vorvergangenen Sonntag in Heilbronn hatte Selmanoglu gesagt, Antisemitismus sei eine Erfindung des Westens. Israel bezeichnete er als "Mörderstaat". Ein weiteres UID-Mitglied traf dort dieselbe Wortwahl. Laut Polizei werden die Redebeiträge und die Kundgebung im Allgemeinen auf volksverhetzende Elemente geprüft. Das Ergebnis stehe aber noch aus, teilte eine Sprecherin mit. Selmanoglu: "Wenn es Volksverhetzung ist, das Leid in Gaza zu beklagen, dann bin ich eben ein Volksverhetzer."

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