Tops und Flops: So hat Heilbronn bei der OB-Wahl abgestimmt
Harry Mergel wurde als Oberbürgermeister klar im Amt bestätigt. Die Analyse der Ergebnisse in den Stadtteilen und Wahllokalen zeigt jedoch einige bemerkenswerte Details.

Das Ergebnis war klar, die Wahlbeteiligung schwach wie nie seit 1945: Harry Mergel bleibt für weitere acht Jahre Oberbürgermeister in Heilbronn. Der Amtsinhaber holte 81,5 Prozent der Stimmen und ließ seinen Herausforderern Raphael Benner (AfD, 10,6 Prozent) und Katharina Mikov (parteilos, 7,4 Prozent) keine Chance. Dabei gab es zwischen Stadtteilen und einzelnen Wahllokalen große Unterschiede.
9:0 für den Amtsinhaber
Neun zu null für Harry Mergel (SPD). Bei seiner Wiederwahl gewann der Amtsinhaber alle neun Heilbronner Stadtteile. Vor acht Jahren hatte das Ergebnis 8:1 für ihn gelautet - Kirchhausen war damals an den Mitbewerber Martin Diepgen gegangen. Seine treueste Anhängerschaft hatte der 65-Jährige am Sonntag in Klingenberg mit 84,4 Prozent, den geringsten Rückhalt fand er im CDU-lastigen Kirchhausen mit 80,7 Prozent.
"Ein überwältigendes Ergebnis, mit dem ich nicht gerechnet habe", zeigte sich der Oberbürgermeister am Wahlabend hochzufrieden. Auf die 66 Urnenwahllokale heruntergebrochen, erzielte Mergel mit 88,9 Prozent in der Albrecht-Dürer-Schule in Neckargartach das beste Wahlergebnis, gefolgt von der Grundschule Klingenberg (87,3 Prozent) und dem Pavillon der Grundschule Alt-Böckingen (86,4 Prozent). Von den insgesamt 96 Wahlbezirken (inklusive Briefwahl) kam Mergel 61 Mal über die 80 Prozent-Marke. Sein schlechtestes Einzelresultat fuhr der Heilbronner Rathauschef mit 68,2 Prozent (Staufenbergschule, Zimmer 2) ausgerechnet in Sontheim, seinem Wohnort, ein. 2014 war das noch anders gewesen. Nicht viel besser fiel der Wert mit 68,8 Prozent in der Ludwig-Pfau-Schule aus. 33 Mal landete der Oberbürgermeister in den 70-Prozent-Rängen.
Benner verfehlt sein Ziel
"Zweistellig ist doch auch ganz gut", kommentierte Raphael Benner am Wahlabend sein Ergebnis von 10,6 Prozent. Es klang ein wenig nach Zweckoptimismus, denn der AfD-Fraktionschef im Gemeinderat blieb deutlich hinter den selbst gesteckten Erwartungen zurück. Zwischen 15 und 18 Prozent hatte er als Ziel ausgegeben. Das allerdings war immer ambitioniert, lag doch das Potenzial der AfD bei den jüngsten Landtags- und Bundestagswahlen in der Stadt eher um die 12 Prozent. Bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2019 war die Partei unter der Zehn-Prozent-Marke geblieben. Der 61-Jährige hatte sich im Wahlkampf als Gegenentwurf zum Amtsinhaber inszeniert, blieb jedoch in vielen Punkten die Antwort darauf schuldig, was denn der Gegenkurs zu Mergel hätte sein sollen. Auffällig: Im Stadtteil Frankenbach, wo Benner mit 12,6 Prozent sein bestes Resultat holte, blieb Katharina Mikov mit 5,7 Prozent schwach. Mehr als 20 Prozent schaffte der AfD-Kandidat im Bürgeramt Frankenbach, in der Ludwig-Pfau-Schule und in einem Wahlbüro der Staufenbergschule.
Der Fall Sontheim 00534
Gerade in Sontheim stechen die Ergebnisse aus dem Wahllokal mit der Nummer 00534, Staufenbergschule, Zimmer 2 besonders ins Auge. Nirgends war Raphael Benner so stark (22,9 Prozent), nirgends OB Harry Mergel so schwach (68,2 Prozent). Auch für Katharina Mikov entschieden sich dort überdurchschnittliche 8,9 Prozent der Wähler. Auch wenn im Wahllokal weniger als 200 Wähler überhaupt abgestimmt haben: es liegt nahe, dass es einen Zusammenhang gibt mit den jüngsten Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigungen am Jörg-Ratgeb-Platz. Der betroffene Teil liegt just in diesem Wahlbezirk. Dort hatten Jugendliche in den Sommermonaten bis tief in die Nacht hinein lautstark gefeiert. Offenbar haben einige Anwohner ihrer Unzufriedenheit auf dem Wahlzettel Luft gemacht. Dass ein Drittel sich gegen den amtierenden OB stellte, das gab es sonst in keinem anderen Wahlbezirk der Stadt.
Mikov stark in der Kernstadt
Einen Achtungserfolg kann sich Katharina Mikov auf die Fahnen schreiben. Die 36-jährige parteilose Logopädin war ohne Unterstützung aus Parteien und Gemeinderat angetreten und schaffte immerhin 7,4 Prozent der abgegebenen Stimmen. "Das Resultat lässt sich sehen", sagte Mikov in einer ersten Reaktion am Wahlabend gegenüber der Heilbronner Stimme. Am besten schnitt Mikov in der Kernstadt mit 8 Prozent ab, gefolgt vom Stadtteil Neckargartach mit 7,6 Prozent. Am schwächsten waren die Ergebnisse in Frankenbach (5,7 Prozent), Biberach (6,2) und Sontheim (6,3).
Ihr absolut bestes Ergebnis schaffte Mikov im Wahllokal Wilhelm-Maybach-Schule in der Nordstadt mit 17,5 Prozent. Am schlechtesten schnitt sie mit nur 2,6 Prozent in der Albrecht-Dürer-Schule in Neckargartach ab. Weitere überdurchschnittliche Ergebnisse fuhr Mikov mit 14,3 Prozent im katholischen Kindergarten St. Johannes im Stadtteil Frankenbach, im Wahllokal im Deutschhof 13,3 und im städtischen Kindergarten in der Roseggerstraße in der Südstadt mit 12,1 Prozent ein. Unterdurchschnittliche Ergebnisse hatte die 36-Jährige im Wahlraum 236 im evangelischen Johanneskindergarten in der Nürnberger Straße, im Bürgeramt Frankenbach und in der Alten Kelter in Sontheim mit jeweils nur 3,9 Prozent.
Horkheim mit bester Beteiligung
Die Wahlbeteiligung stellte sich am Sonntag im Vergleich der Stadtteile durchaus unterschiedlich dar. Dabei gilt: Je größer der Stadtteil, um so schlechter die Wahlbeteiligung. In Böckingen, mit rund 23.500 Einwohnern so groß wie Eppingen, waren von den 16.024 Wahlberechtigten nur 4487 Menschen in einem der 18 Wahllokale wählen gegangen. Das entspricht einer Beteiligung von 28 Prozent. Auch die Neckargartacher (10.100 Einwohner) und die Kernstadt-Heilbronner (62.400) hielten sich zurück. In Neckargartach wählten 1995 Menschen (28,8 Prozent), in der Kernstadt 11.735 Personen oder 29 Prozent. Schon 2014 trugen die Kernstadt und Böckingen die rote Laterne. Am höchsten lag die Wahlbeteiligung am Sonntag in Horkheim (42,7 Prozent) und in Kirchhausen (38 Prozent). Wie bei der OB-Wahl vor acht Jahren lagen auch diese beiden Stadtteile bei der Wahlbeteiligung vorne. Die meisten ungültigen Stimmen produzierten in ihren zwei Wahllokalen die Klingenberger.
Wahlhelfer wurden knapp
Im Einsatz waren am Wahlsonntag in den 66 Urnenwahllokalen und den 30 Briefwahlbezirken rund 770 Wahlhelfer. Das waren rund 200 mehr als bei vergangenen Wahlen. Der Grund war die Überwachung der Corona-Regeln. Ergänzt wurde das Helfer-Team unter anderem noch durch Erfasserinnen für die eingehenden Schnellmeldungen und Techniker für die Wahlpräsentation im Großen Ratssaal der Stadt. In der Woche vor der Wahl hatte Sandra Frank vom städtischen Wahlamt jedoch alle Hände voll zu tun: Fast täglich landeten neue Krankmeldungen auf ihrem Tisch. Allein am Sonntag waren es zehn. "Es war nahezu alles dabei, nicht nur Corona", geht Wahlamtsleiterin Petra Faber ein wenig ins Detail. Somit galt es, schnell Ersatzpersonal zu finden und die neuen Mitarbeiter zu schulen. "Am Ende ist es mit den Einsatzkräften genau aufgegangen", zeigte sich Faber in der Rückschau zufrieden. Dass das Ergebnis gegenüber 2014 erst um 19.16 Uhr und somit 25 Minuten später feststand, tat dem guten Allgemeinbild keinen Abbruch.
Wie es weitergeht
Die Amtszeit von Oberbürgermeister Harry Mergel (65) dauert offiziell noch bis zum 30. April. Am 16. März 2014 hatte er sich im ersten Wahlgang mit 55,9 Prozent der Stimmen gegen die Mitbewerber Martin Diepgen, Jürgen Mosthaf, Rolf Rinkenauer und Björn Brett durchgesetzt. Die Amtseinführung erfolgte im Rahmen einer Sitzung des Gemeinderats am 5. Mai 2014. Zahlreiche Ehrengäste aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Kirche hatten sich aus diesem würdevollen Anlass im Großen Ratssaal eingefunden. Die Vereidigung und Verpflichtung erfolgte durch den damals dienstältesten Stadtrat Klaus Hackert (CDU).
Wie die Geschäftsstelle des Gemeinderats auf Anfrage mitteilte, wird die Verpflichtung von Harry Mergel Anfang Mai stattfinden. Ein genauer Termin steht jedoch noch nicht fest. Zunächst muss die Wahl durch die Rechtsaufsichtsbehörde binnen einer Frist von einem Monat nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlausschusses, der am Dienstagnachmittag im Rathaus tagt, geprüft werden. Wird die Wahl nicht beanstandet, ist sie gültig.





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