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Baden bei eisigen Temperaturen: Wie man sich dazu überwinden kann

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Viele Sportler und Läufer schwören auf Eisbaden, um ihr Immunsystem zu stärken und besser zu regenerieren. Unsere Redakteurin Marie Provençal wollte wissen, wie es sich anfühlt bei Minusgraden in einem See zu baden und hat es ausprobiert.

Redakteurin Marie Provencal wagt den Selbstversuch: Sie wagt sich bei eisigen Temperaturen zum Eisbaden in den See.
Redakteurin Marie Provencal wagt den Selbstversuch: Sie wagt sich bei eisigen Temperaturen zum Eisbaden in den See.  Foto: privat

Unterhemd, Skiunterwäsche, dicker Pulli, Schal und Wintermantel: So sieht bei mir eigentlich ein typisches Winter-Outfit aus, denn ich friere schnell und meistens ist mir kalt. Auch meine Fließdecke schleppe ich im Winter mit ins Büro, mit ins Kino, mit zu Freunden. Doch ein Trend, der auf Social Media mittlerweile fast jedem schon einmal in die Timeline gespült wurde, hat auch mich neugierig gemacht: Eisbaden. Sämtliche Personen in meinem Instagram-Feed scheinen sich aktuell für wenige Minuten bei eisigen Temperaturen in Seen, Bäche oder aufgestellte Wassertonnen auf dem Balkon zu setzen. Aber wofür?

Als ambitionierte Läuferin horche ich immer auf, wenn etwas verspricht die Regeneration zu verbessern, gut für das Immunsystem zu sein, oder meine Gesundheit auf irgendeine Weise zu fördern. Doch die Hemmschwelle, sich in eiskaltes Wasser zu setzen, ist hoch, besonders für jemanden, der es sogar beim Baden im Hochsommer nur im Schneckentempo ins Wasser schafft. Ohne Auftrag aus der Redaktion, mich doch einmal mit dem Thema Eisbaden zu befassen, hätte ich diese Hemmschwelle wohl nie überwunden. Aber soviel sei schon mal verraten: Ich habe unerwartet ein neues Hobby gefunden.

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Selbstversuch: Eisbaden am Neumühlsee im Hohenlohekreis 

Für mein Vorhaben hatte ich mir einen Nachmittag mit Schnee, minus vier Grad Celsius und strahlendem Sonnenschein ausgesucht. Eine Tonne auf den Balkon zu stellen, fand ich dämlich, eisige Fließgewässer sind mir nicht geheuer, weshalb mir der Neumühlsee bei Waldenburg im Hohenlohekreis als beste Option erschien. "Hast du diese Woche wenigstens schon mal kalt geduscht?", fragte mich meine Mitbewohnerin ein paar Stunden davor. Nein, hatte ich nicht – zu kalt. Grundsätzlich war ich auf mein erstes Mal Eisbaden ziemlich unvorbereitet, ich vertraute darauf, dass ich sportlich und gesund bin.

Worauf man vor dem Eisbaden grundsätzlich achten sollte und wem vom Eisbaden eher abzuraten ist, erklärt Dr. Leonard Fraunberger, Sportmediziner sowie Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. „Wer einen Herzklappenfehler hat, schon mal einen Herzinfarkt hatte, unter Bluthochdruck leidet, Durchblutungsstörungen an den Beinen hat, oder auch Diabetes, sollte das nicht machen“, erklärt der Experte. Zusammengefasst: Nur gesunde Menschen ohne Herzprobleme sollten Eisbaden.

Nicht allein und mit warmer Kleidung im Gepäck: So lief der Selbstversuch Eisbaden

Alleine sein sollte man beim Eisbaden nie, deshalb begleitete mich eine Freundin mit zum See. Ausgestattet mit Decken, Bademantel, Wärmflasche, Mütze und Wechselklamotten kamen wir an und fanden einen See mit so dicker Eisschicht vor, dass an Baden erst mal nicht zu denken war.

Das hatten wir bereits befürchtet und hatten deshalb einen großen Spaten dabei. Die erste halbe Stunde verbrachten wir damit, ein ausreichend großes Loch ins Eis zu schlagen. Wir entschieden uns für eine Stelle in der Nähe des SOS-Knopfes: "Damit dich schnell jemand retten kann", meinte meine Freundin halb im Scherz, halb ernsthaft besorgt. 

Ruhige Atmung und Angst ausblenden – Das ist der Schlüssel zur Entspannung

Die Vorstellung, meine Winterstiefel, meine Jacke und sowieso alles, was Wärme spendet auszuziehen, fand ich angesichts des ungemütlich wirkenden Wasserlochs im Eis überhaupt nicht lustig. Doch wie beim Sport konzentrierte ich mich aktiv auf den Gedanken "Danach geht's mir besser", und versuchte jedes Gefühl von Kälte oder aufkommender Angst auszublenden.

Einmal ausgezogen, lief ich in Mütze und Badesachen durch den Schnee, schnell zum Wasser und verlor keine Zeit. Beim Eisbaden sollte man nicht ins Wasser springen, sondern Schritt für Schritt hineingehen, auch der Kopf sollte trocken bleiben. Bis zur Hüfte empfand ich das kalte Wasser als erstaunlich unproblematisch.


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Doch mit dem Wasser beim Bauchnabel angekommen, fühlte es sich kurz so an, als würde mir das Herz stehenbleiben. Wenige Sekunden, die sich allerdings sehr lang anfühlten, vergaß ich zu atmen und hielt schockiert die Luft an – was keine gute Idee ist. Ich musste mich aktiv daran erinnern, langsam tief ein- und auszuatmen und würde im Nachhinein sagen: Das ist der Schlüssel.

Wenn man es schafft, sich ruhig auf seine Atmung zu konzentrieren, fühlt sich die Kälte weniger schlimm, eher fast beruhigend an. Ungefähr eineinhalb Minuten saß ich bis zur Brust in meinem Wasserloch in der Sonne im See. Die Kälte tat mir nicht weh, nichts wurde taub und ich empfand die Zeit nicht als quälend, sondern fast als entspannend – zumindest für eineinhalb Minuten. Was ich vermeiden würde: Nicht zulassen, dass die Gedanken sich darauf konzentrieren, wie kalt es eigentlich ist und man gerade in einem vereisten See sitzt.

Weniger Muskelkater, mehr Glücksgefühle: Das sind die Auswirkungen vom Eisbaden

Sobald ich einmal ganz aus dem Wasser war, sprintete ich zu meinen Sachen, kurz kam mir die Luft nicht mehr kalt vor, sondern eigentlich angenehm. Davon sollte man sich allerdings nicht abhalten lassen, schnell die nassen Sachen auszuziehen und sich in trockene Kleidung einzupacken. Kurze Zeit später war ich sehr froh über meine Wärmflasche und darüber, im warmen Auto zu sitzen.

Den restlichen Tag lang war mir nicht kalt, meine Beine, die morgens noch schwer vom Muskelkater waren, fühlten sich leichter an – auch, wenn es für diesen Effekt keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Obwohl ich eigentlich "nur" kurz im Wasser saß, fühlte ich mich danach sehr glücklich, entspannt und so, als ob mich nichts mehr aufhalten könnte. Das ist vermutlich etwas übertrieben, trotzdem würde ich jedem sagen, der mit dem Gedanken spielt, das Eisbaden auszuprobieren: Überwindet euch, es lohnt sich wirklich. Und: Wenn ich das schaffen kann, dann kann es wirklich jeder schaffen.

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