"So kann das mit den Impfungen nicht weitergehen"
Der Heilbronner Hautarzt Bernd Salzer steigt vorläufig aus der Impfkampagne aus. Andere Patienten kämen nicht durch, um Termine zu vereinbaren sagt er. Die Regelversorgung, etwa von Menschen mit Hautkrebs, sei durch die chaotische Situation gefährdet.

Der Heilbronner Hautarzt und Ärztefunktionär Bernd Salzer wird vorläufig aus der Impfkampagne aussteigen. Der organisatorische Aufwand sei angesichts immer erst kurzfristig bekannter Impfstofflieferungen riesig, die Regelversorgung wegen dauerhaft blockierter Telefonleitungen gefährdet, sagt er.
Auf Ihrer Praxishomepage ist zu lesen, dass Sie sich nicht weiter an der Covid-Impfkampagne beteiligen. Warum?
Bernd Salzer: Wir waren alle euphorisch, als wir mit den Impfungen beginnen konnten und haben teilweise bis zu 200 Menschen pro Woche geimpft - mit viel Idealismus und zum Selbstkostenpreis. Aber so kann es nicht weitergehen. Das ist ein Chaos. Man weiß nie, welche Impfstoffmenge man in der Folgewoche bekommen wird. Immer wieder mussten wir deshalb vereinbarte Termine stornieren und verschieben. Letzte Woche hatten wir nur Impfstoff für 16 Personen - bei 400 Leuten auf unserer Warteliste.
Ihr Hauptkritikpunkt ist also der nach wie vor knappe Impfstoff?
Salzer: Es wird entgegen der Ankündigungen nicht wirklich mehr. Gleichzeitig wollen mit dem Wegfall der Priorisierung viele einen Impftermin. Das führt dazu, dass alle acht Telefonleitungen unserer Praxis vollkommen überlastet sind. Die anderen Patienten kommen nicht mehr durch, um Termine zu vereinbaren. Einige unserer Ärztinnen und Ärzte versorgen derzeit etwa ein Drittel des sonst üblichen Patientenaufkommens. Das geht so nicht. Hautkrebsvorsorge und andere wichtige Untersuchungen müssen stattfinden können.
In der Vergangenheit haben Sie auch die Ihrer Meinung nach geringe Vergütung pro Impfung kritisiert.
Salzer: Das tue ich immer noch. Wir bekommen etwa 20 Euro pro Impfung. Das steht in keinem Verhältnis zu dem riesigen organisatorischen Aufwand, den wir dafür haben. Die Apotheker sollen jetzt 18 Euro nur dafür bekommen, dass sie den Impfpass anschauen und dann einen QR-Code ausstellen. Ich freue mich für die Apotheker, aber ich stelle mir schon die Frage, ob denn die Arbeitszeit von uns niedergelassenen Ärzten gar nichts mehr wert ist? Hinzu kommt: In den Impfzentren wird eine Spritze mit etwa 200 Euro vergütet und das Personal dort zahlt keine Sozialabgaben auf die dort geleisteten Stunden. Meine Helferinnen müssen für jede Überstunde, die sie wegen der Impfaktion machen, die vollen Steuern und Sozialabgaben zahlen. Der zusätzliche Einsatz lohnt sich also nicht für sie. Diese Ungerechtigkeit ist inakzeptabel. Dann halt nicht, dann wird eben teuer in den Impfzentren weiter geimpft.
Sie haben deshalb an die Gesundheitsminister Spahn und Lucha geschrieben. Haben Sie eine Antwort bekommen?
Salzer: Aus Stuttgart ja - mit einiger Verzögerung. In dem Brief stand, dass das Land nicht für die Steuergesetzgebung zuständig ist. Sehr hilfreich war das nicht.
Was bedeutet Ihr Ausstieg aus der Kampagne für die Menschen, die bei Ihnen bereits einen Impftermin vereinbart haben?
Salzer: Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen und auch nicht anzurufen. Jeder, der schon einen Termin hat oder auf seine zweite Impfung wartet, wird auch geimpft. Aber neue Termine machen wir derzeit nicht. Es ist traurig, aber ich muss auch an meine Hautpatienten denken.
Zur Person
Dr. Bernd Salzer ist Hautarzt in Heilbronn und Vorsitzender der Fachärztlichen Berufsverbände in Baden-Württemberg.




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