Sollte es Impfangebote an Schulen geben?
Rektoren und Kommunalvertreter in der Region überlegen, Impfungen für Jugendliche in Bildungseinrichtungen zu organisieren. Der richtige Ansatz? Unsere Redakteure sind unterschiedlicher Meinung.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat in der Pandemie keine generelle Impfempfehlung für gesunde Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt Impfungen gegen das Coronavirus für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen. Nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch von Kindern, Jugendlichen und den Eltern sei eine Impfung aber auch bei gesunden jungen Leuten möglich, so die Stiko. In der Region gibt es Überlegungen, an weiterführenden Schulen Impfungen anzubieten.
Pro
Von Simon Gajer
Familien sehnen sich nach Normalität. Und dazu gehört für viele ein Leben ohne ständigen Corona-Test. Zuletzt war in der Region die Anzahl an Neuinfektionen binnen sieben Tagen zum Glück so niedrig, dass Sport und Freibadbesuch ohne aktuellen Test möglich waren. In Heilbronn sind die Zahlen jedoch wieder gestiegen. Viele Familien wollen sich nach dem turbulenten Schuljahr einen Urlaub gönnen, um abzuschalten und Kraft zu tanken. Um Planbarkeit zu erhalten, setzen viele auf die Impfung. Das ist verständlich.
Wenn Eltern geimpft sind, der Nachwuchs aber nicht, ist Familienleben unkalkulierbar. Solange „getestet, genesen oder geimpft“ über den Zutritt zum gesellschaftlichen Leben entscheidet, ist der Piks die einfachste Variante. Schulen bieten hier den Raum, viele Jugendliche schnell zu impfen – ohne dass Eltern mühsam versuchen müssen, einen Impftermin beim Hausarzt oder im Impfzentrum zu bekommen. Ein Gespräch für Eltern über die Risiken ist hier genauso möglich wie bei der dezentralen Lösung in einem Zentrum.
Contra
Von Valerie Blass
Das Spiel hat sich in der Pandemie vielfach wiederholt: Die Politik beauftragt wissenschaftliche Studien und Expertisen, diese bringen auch belastbare Ergebnisse – aber entschieden wird doch anders, nach politischen Maßstäben. Es scheint, als könnte sich dieses Muster nun auf kommunaler Ebene wiederholen. Doch auch wenn Schulleiter und Politiker vor Ort in bester Absicht handeln, wenn sie Impfaktionen in ihren Einrichtungen organisieren wollen: Der Ansatz ist falsch.
Die Stiko hat ihre Empfehlung auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen. Sich darüber hinwegzusetzen und die Zugangshürde zur Impfung durch ein Angebot an Bildungseinrichtungen deutlich abzusenken, wäre eine fatale Ignoranz gegenüber der Wissenschaft. Ein Signal, das gerade von Schulen nicht ausgehen darf. Wer sich als 16-Jähriger impfen lassen möchte, kann das tun – nach ausführlicher, individueller Aufklärung in einer Praxis oder im Impfzentrum. Für die breite Impfung an Schulen fehlt die wissenschaftliche Legitimation.

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