Protest gegen Corona-Proteste: Menschenkette in Heilbronn
Rund 500 Teilnehmer haben am Montagabend mit einer Kundgebung und einer Menschenkette in Heilbronn ein Zeichen gegen die sogenannten Corona-Spaziergänge gesetzt. Kritiker der Pandemie-Maßnahmen und Gegendemonstranten gingen auch in anderen Gemeinden der Region auf die Straße.

Mit einer Menschenkette mit Schal-Abstand durch die gesamte Fußgängerzone haben am Montagabend einige Hundert Menschen gegen laute und zunehmend radikale Proteste von Querdenkern & Co. gegen die Corona-Politik protestiert. 500 bis 600 reihten sich nach Veranstalterangaben in die Reihe ein, die vom Rewe-Markt am K3 über Sülmer-City und Fleiner Straße bis zu Schreibwaren Seel am Wollhaus reichte.
Erster organisierter Gegenprotest in der Region
„Zusammenhalten statt querdenken“ war die Kundgebung überschrieben, der erste organisierte Gegenprotest dieser Art. SPD, Grüne, DGB, Verdi, Netzwerk gegen Rechts, Demokratiezentrum oder der Stadt- und Kreisjugendring unterstützen die Aktion. Es sei „ein gutes Gefühl“ in der Kette, weil die "schweigende Mehrheit" nun ein Zeichen setze, sagte Marcus Heinl aus Flein. Er wirft den schrillen Protestlern gegen Corona-Maßnahmen Verantwortungslosigkeit in der Pandemie vor. Sie würden keinerlei Alternativen anbieten.
„Impfen statt schimpfen“ und „Wer ein Brett vor dem Kopf hat, kann nur quer denken“ hatten Werner und Brigitte Bissbort zwei Plakate betitelt. Sie empfinde den Protest der Coronaskeptiker als „Ohrfeige für alle Infizierten und Todesopfer“, sagte Brigitte Bissbort. Es gebe nichts Unsolidarischeres als sich nicht impfen zu lassen. Verärgert ist ihr Ehemann, dass viele Corona-Skeptiker eine christliche Gesinnung vorbrächten. „Das hat mit Nächstenliebe nichts zu tun. Jesus würde sich im Grab umdrehen.“ Er ist überzeugt, dass eine Impfpflicht das Ausbreiten weiterer Virus-Mutationen stoppen und Infektionszahlen senken kann.
Heilbronner Veranstalter denken über Wiederholung nach
Auf dem Kiliansplatz hatte Pfarrer und SPD-Stadtrat Erhard Mayer zuvor Solidarität für die Mitmenschen eingefordert. Manche vertrauten in der Pandemie „irgendwelchen Göttern“ und sähen das als Alternative zu Wissenschaft und menschlichem Handeln. Er sehe nicht seine Rechte bedroht, sondern er fühle sich „bedroht von Rechten und Beschränkten, die glauben, sie seien Wissenschaftler“. Verdi-Vertreter Arne Gailing betonte, es sei falsch, „Seite an Seite mit Nazis und Querdenkern spazieren zu gehen“. Am Ende war DGB-Regionssekretärin Silke Ortwein „positiv überrascht“, dass so viele dabei waren. Es sei ein „starkes Zeichen“. Eine mögliche Wiederholung soll noch beraten werden.
Erneut rund 2000 bei "Spaziergang" in Brackenheim

In Brackenheim hatten die sogenannten Spaziergänge schon vergangene Woche großen Zulauf. Dort sind nach einer ersten Schätzung von Montagabend jetzt wieder rund 2000 Menschen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und gegen die Einführung einer Impfpflicht auf die Straße gegangen.
Inzwischen formieren sich in der Heuss-Stadt Gegenbewegungen. Am Montagmittag haben alle fünf Fraktionen im Gemeinderat im Schulterschluss mit dem Bürgermeister eine neue Aktion ins Leben gerufen. An zentralen Stellen der rund 16.000 Einwohner zählenden Stadt im Zabergäu hängen jetzt großflächige Banner, auf denen unter anderem zu lesen ist, dass die Bekämpfung der Pandemie „kein Spaziergang“ ist. „Wir wollen damit der schweigenden Mehrheit der Bürger in unserer Stadt eine Stimme verleihen“, sagte Bürgermeister Thomas Csaszar. Er beobachte mit Sorge, dass sich inzwischen Bürger montagabends nicht mehr auf die Straße trauten.
Heuss-Stadt bereitet Mahnwache vor
Dem Gemeinderat ist es ein Dorn im Auge, „dass wir nur wenig über die Beweggründe dieser Leute wissen“, sagte CDU-Fraktionschef Helmut Kayser. In Sozialen Medien gebe es klare Hinweise, dass sich unter den Demonstranten in Brackenheim auch Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker befinden, so Steffen Heinrich, Leiter der Stabstelle bei der Stadtverwaltung.
Am kommenden Montag werden sich voraussichtlich mehrere hundert Menschen auf dem Rathausvorplatz zu einer Mahnwache treffen. Initiator ist ein Brackenheimer Bürger, der dem Treiben der Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen in seiner Heimatstat nicht weiter tatenlos zusehen will. „Ich liebe diese Stadt und will, dass sie lebenswert bleibt.“
Die Mahnwache soll eine ruhige Demonstration sein. Ohne Parolen, Trommeln oder Trillerpfeifen. Das Treffen soll künftig ebenfalls immer montags stattfinden. Der Initiator rechnet mit mehr als 300 Teilnehmern.
Polizei löst unangemeldete Protestaktion in Bad Friedrichshall auf
Auch in Bad Friedrichshall kam es zu einem unangemeldeten Protest von Impfkritikern. Etwa 500 Menschen beteiligten sich, obwohl die Stadt die Versammlung verboten hatte. Das teilte die Polizei mit, die eine Straftat in Form einer Beleidigung sowie 21 Ordnungswidrigkeiten registrierte. Die Polizei verhinderte einen Demonstrationszug durch die Stadt und löste die Versammlung auf.
Gruppen gehen sich in Bad Wimpfen aus dem Weg

In Bad Wimpfen kamen rund 40 Gegner der Corona-Maßnahmen und einer Impfpflicht zu einem sogenannten Spaziergang zusammen – diesmal allerdings am Roten Turm und nicht am Rathaus. Denn dort trafen sich knapp 50 Menschen zu einer Gegenveranstaltung unter dem Motto „Solidarisch durch die Corona-Zeit“. Angemeldet war die Gegenveranstaltung von einer Ärztin.
Die Teilnehmer bildeten mit Schals eine Menschenkette, einzelne Kerzen brannten. Ihm sei zuletzt gar nicht bekannt gewesen, dass es auch in Bad Wimpfen - „in unserem Städtle“ - die sogenannten Spaziergänge gegen Corona-Maßnahmen gebe, sagt Oliver Pfleger. Als das bekannt geworden sei, habe sich schnell eine Gruppe von Leuten gefunden, die etwas dagegen unternehmen wollte. Medial bekomme aus seiner Sicht eine Minderheit zu große Aufmerksamkeit, so Pfleger weiter. „Wir können solche Spaziergänge nicht verhindern, aber wir wollen uns dagegenstellen.“
Von diesem Gegenprotest hatten die "Spaziergänger" mitbekommen. „Wir wollen keinen Konflikt“, sagt eine Teilnehmerin. Daher habe man sich heute am Roten Turm verabredet. Eine andere Frau meinte, sie habe keine Lust auf ein verbales Hin und Her, das bringe leider auch nicht weiter. Viele Menschen, die sich impfen ließen, würden das doch gar nicht aus Überzeugung tun, sondern lediglich zum Erhalt ihrer Freiheiten, kritisiert sie. „Dabei geht es doch um Grundrechte, für die muss man keine Auflagen erfüllen.“ Und daher gingen sie nun auch gemeinsam – behördlich unangemeldet – spazieren. Denn dies sei ihr Grundrecht, so die Frau weiter.
Protest und Gegenprotest in Hohenlohe
In Weinsberg haben sich etwa 70 Menschen zu einem sogenannten Spaziergang getroffen. Protest und Gegenprotest auch in Hohenlohe: In Bretzfeld machten etwa 500 Kritiker der Corona-Maßnahmen auf ihr Anliegen aufmerksam, in Öhringen waren es 250. Ihnen stand eine jeweils deutlich kleinere Gruppe Gegendemonstranten gegenüber.