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Impfgegner wollen offenbar falsche Job-Anzeigen schalten

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Impfgegner machen mobil. Über den Messenger-Dienst Telegram rufen sie zu gezielten Anzeigen-Kampagnen in Regionalzeitungen auf. Betroffen ist auch die Heilbronner Stimme.

Um die Impfpflicht für medizinisches Personal zu verhindern, versuchen angeblich ungeimpfte Pflegekräfte Zeitungen mit Jobanzeigen zu fluten. Foto: dpa
Um die Impfpflicht für medizinisches Personal zu verhindern, versuchen angeblich ungeimpfte Pflegekräfte Zeitungen mit Jobanzeigen zu fluten. Foto: dpa  Foto: Frank Molter (dpa)

Auf Telegram ist ein Beitrag veröffentlicht worden, in dem Impfgegner zu einer gezielten Aktion aufrufen. Demnach sollen in der Heilbronner Stimme am Samstag, 29. Januar, Stellengesuche von Pflegepersonal geschaltet werden. Ziel dieser Kampagne ist es offenbar, die für März beschlossene Impfpflicht für medizinisches Personal zu verhindern. 

Der Beitrag ist in der Telegram-Gruppe „Pflege- und Krankenhauspersonal steht auf“ gepostet worden. Darin heißt es, dass die Annoncen die Begriffe „langjährig beschäftigt, ungeimpft“ und das Datum „ab dem 16. März“ enthalten sollen. Die Anzeigen sollten unter Chiffre laufen, also über keine direkte Kontaktmöglichkeit über Telefon verfügen. Der Heilbronner Stimme liegen bereits knapp 20 Anzeigen, die in dieses Schema passen, vor. 


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Nach Wirbel um Stellengesuche von Pflegekräften: Annoncen werden geprüft


Uwe Ralf Heer, Chefredakteur der Heilbronner Stimme, kündigt an, dass alle Annoncen soweit es möglich ist geprüft werden. Angegebene Telefonnummern werden zurückverfolgt. "Alle echten Anzeigen werden auch erscheinen. Fake-Anzeigen veröffentlichen wir natürlich nicht."

Im Messengerdienst Telegram haben Impfgegner zu einer gezielten Aktion aufgerufen. Screenshot: HSt
Im Messengerdienst Telegram haben Impfgegner zu einer gezielten Aktion aufgerufen. Screenshot: HSt

In anderen Tageszeitungen sind in der Vergangenheit massenhaft solche Anzeigen erschienen. Medienberichten zufolge sind die darin angegebenen Telefonnummern in einigen Fällen falsch gewesen, oder Kontaktmöglichkeiten fehlten komplett. Vermutet wird, dass die Kampagnen eine Personalflucht aus dem Pflegebereich suggerieren wollen und es zu einem Engpass in der Versorgung von Patienten komme.

Hohe Impfquoten in der Region

Im Verbund der SLK-Kliniken Heilbronn ist bisher kein signifikanter Anstieg der Kündigungen festzustellen, sagt SLK-Sprecher Mathias Burkhard. Die Impfquote betrage in der Ärzteschaft 98 Prozent, das Pflegepersonal sei zu etwa 90 Prozent geimpft. "Natürlich gibt es wie in der Bevölkerung auch unter den Mitarbeitern Diskussionen über die Impfungen", sagt Burkhardt. Beschäftigten, die sich noch nicht haben impfen lassen, würden beraten. "Wir bleiben im Dialog." 

Keine Ausgrenzung - die Caritas Heilbronn-Hohenlohe hat einige wenige umgeimpfte Mitarbeiter in ihren Reihen. Diese haben aber laut Geschäftsführer Stefan Schneider berechtigte Gründe. Es gehe nicht darum, diese Beschäftigten nun loswerden zu wollen. Im Gegenteil. "Wir müssen im Dialog bleiben", sagt er. Ziel sei es, alle Mitarbeiter zu halten. Die Impfquote im Bereich Pflege, Sozialstationen, Schwangerenberatung oder Sozialarbeit betrage 90 Prozent.

Dass es bisher zu Kündigungen wegen der beschlossenen Impfpflicht gekommen ist, verneint Maximilian Lang, Geschäftsführer der Diakoniestation Heilbronn. 95 Prozent der Mitarbeiter seien geimpft oder genesen.

Die BBT-Gruppe fragt bis Ende Januar den aktuellen Status aller Mitarbeiter am Hohenloher Krankenhaus in Öhringen ab. Dazu wurde jeder Beschäftigte angeschrieben. Ende November waren bereits rund 94 Prozent geimpft, viele sind auch schon geboostert. „Wegen der bevorstehenden Impfpflicht hat noch kein Mitarbeiter gekündigt“, versichert Sprecherin Ute Emig-Lange. Wenn sich jemand arbeitssuchend melde, bekomme die Klinik das nicht mit. „Es gibt auch bei uns einzelne Personen, die sich nicht impfen lassen werden.“ Diese Kollegen würden bis 15. März ans Gesundheitsamt gemeldet, „das dann in jedem Einzelfall entscheidet, was zu tun ist“, so Emig-Lange. Ziel des Hohenloher Krankenhaus sei es, die Leute zu halten. „Wir wollen auf jeden zugehen, der noch nicht geimpft ist, und versuchen, diese Kollegen zu überzeugen.“


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Fränkischer Tag: Diese Häufung von sich ähnelnden Inseraten ist ungewöhnlich

Der „Fränkische Tag“ (Bamberg) verzeichnete mehr als 50 Anzeigen am Samstag. „Diese Häufung von sich ähnelnden Inseraten ist ungewöhnlich. Das wirkte auf den ersten Blick fast wie abgesprochen“, sagte Gerhard Staudt, Teamleiter des Auftragsmanagements der Mediengruppe Oberfranken.

Auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichtete am Wochenende über „mehr als 100 vermeintliche Stellengesuche in einem Bautzener Anzeigenblatt“. RBB-Journalist Andreas Rausch beschrieb in dem Bericht, wie er am Samstag versuchte, einige der 126 Annoncen-Aufgeber zu erreichen. Drei Viertel der Anzeigen hätten Handynummern, einzelne seien mit Festnetz-Nummern versehen, der Rest laufe unter Chiffre. Der Journalist schreibt, dass manche Nummern unvollständig oder wie die „0160-1234567890“ nicht vergeben seien, oder es gehe niemand ans Telefon. Bei 18 Stichproben habe er niemanden erreichen können.

Ein Foto von Annocen im Traunsteiner Tagblatt wurde auf Telegram geteilt. Screenshot: HSt
Ein Foto von Annocen im Traunsteiner Tagblatt wurde auf Telegram geteilt. Screenshot: HSt  Foto: Screenshot HSt

Der „Fränkische Tag“ berichtete, in einer Bamberger Chatgruppe von Gegnern der Corona-Maßnahmen seien ungeimpfte Pflegekräfte dazu aufgerufen worden, die Zeitung mit Stellenanzeigen zu „fluten“. Unwiderlegbare Beweise für einen Zusammenhang zu der Häufung ähnlich lautender Inserate gebe es aber nicht. Die Zeitung vermutet laut dem Bericht dennoch, dass der Anzeigenteil des Blattes „zu einem Feld der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung über die Impfpflicht geraten sein“ könnte.

In den vergangenen Tagen hatte es bereits ähnliche Berichte in anderen Medien gegeben. Allerdings gibt es tatsächlich viele Beschäftigte in der Pflegebranche, die eine neue Beschäftigung suchen. Das Job-Portal Stepstone berichtete, dass im Dezember und Januar in einer aktuellen Untersuchung 42 Prozent der Beschäftigten in der Pflege angaben, dass sie auf der Suche nach einer neuen Arbeit seien.

Mitte Dezember war die sogenannte einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht beschlossen worden: Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Kliniken und Pflegeheime müssen bis zum 15. März 2022 nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder von Corona genesen sind.


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Kommentare

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difoni Niedernhall am 24.01.2022 10:36 Uhr

Bedenklicher halte ich Chats in Whatsapp-Gruppen von Pflegenden, sich einfach mal ab März arbeitslos zu melden. Egal ob geimpft oder ungeimpft. Egal ob Kündigungsabsicht oder nicht. So wollten sie auf den Pflegenotstand aufmerksam machen, indem die Arbeitsagentur mit Arbeitslosmeldungen geflutet wird.

1. Was ist das für ein Selbstverständnis, für eine "gute Sache" zu lügen?
2. Ist wohl die Arbeit auf Ämtern nicht bekannt. Bis die merken, dass hier eine Welle an Arbeitslosmeldungen vorliegt und diese dann auch noch an die Öffentlichkeit kommt ist Sommer.

Das sollte doch Allgemeingut sein, dass die Verwaltung in D nicht funktioniert

(Griechenland hat in den letzten 2 Jahren das Gesundheitswesen durchdigtalisiert)

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