Nicht alle wollen diese Umstellungen in den Kraftwerken
Um die Umrüstprojekte an den Kraftwerken der EnBW in Heilbronn, Walheim und Marbach tobt eine teils heftige Debatte.

Eines ist klar: Die Energiewende kommt. Für die konventionellen Kraftwerke in Heilbronn, Walheim und Marbach bedeutet sie über kurz oder lang das Aus. An den Plänen des Energiekonzerns EnBW für die drei Standorte gibt es jedoch auch Kritik - und in einem Fall sogar heftigen Widerstand aus den Gemeinderäten.
Zweifel am Gaskraftwerk in Heilbronn
Am Kohlekraftwerk Heilbronn will die EnBW bis 2026 ein Gaskraftwerk mit einer Leistung von bis zu 750 Megawatt errichten. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 500 Millionen Euro. Zunächst soll die Anlage mit fossilem Erdgas und einer Beimengung von grünem Gas betrieben werden, später ist der Einsatz von Wasserstoff geplant.
Der Gemeinderat hat dem Projekt insofern zugestimmt, dass er das dafür nötige Bebauungsplanverfahren jetzt ohne Gegenstimmen - bei Enthaltung der Stadträte der Linken und der Grünen - auf den Weg gebracht hat. Am Mittwoch fand dazu die erste digitale Bürgerinformation statt.
Kritik an dem Projekt kommt vor allem von Umweltschützern: Das Aktionsbündnis Energiewende und die BUND-Ortsgruppe lehnen den Einsatz von Erdgas ab. "Angesichts der Dramatik der Klimakrise erscheinen uns die Pläne der EnBW für ein neues Erdgas-Kraftwerk in Heilbronn als nicht mehr zeitgemäß. Weder vermeintlich günstigere Treibhausgas-Emissionen gegenüber einem längeren Weiterbetrieb des Kohlekraftwerks noch die unbelegte Argumentation mit einer späteren Umstellung auf Wasserstoff überzeugen", erläutert Franz Wagner vom Aktionsbündnis. "Um die Wirkung eines neuen Gaskraftwerks zu bewerten, darf nicht mit der durchschnittlichen Klimawirkung von Erdgas gerechnet werden. Es muss mit den Treibhausgas- Emissionen der dafür notwendigen zusätzlichen Gasförderung gerechnet werden."
Die Umweltschützer fordern schon länger die Stilllegung des Kohlekraftwerks bis 2025 und eine Dezentralisierung der Fernwärme in Heilbronn. Dafür sei nach ihren Berechnungen die Ausstattung aller geeigneten Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen, zusätzlich der Bau von Solarparks oder Agri-Photovoltaik-Anlagen auf zwei bis drei Quadratkilometern Fläche sowie der massive Ausbau der Windkraft notwendig.
"Wir haben mit den Einwänden gerechnet", sagt Projektleiter Andreas Pick. "Für die Umweltverbände ist Gas die neue Kohle, das neue Feindbild." Aber selbst die Kritiker honorierten generell die schnellen Ausstiegspläne des Unternehmens, sagt er. "Es ist nicht so, dass die komplette Bürgerschaft gegen das Projekt ist", ergänzt EnBW-Vorstand Georg Stamatelopoulos.
Widerstand in den Gemeinderäten rund um Walheim

Zu einem richtigen Zerwürfnis zwischen Kommunen und Konzern haben die Pläne für das Kohlekraftwerk Walheim geführt, das sich nur noch in der Netzreserve befindet. Die EnBW möchte hier eine Anlage für die Klärschlammverbrennung bauen, da ohnehin mit der Stilllegung von Heilbronn die bisherige Entsorgungs-Möglichkeit für das nördliche Baden-Württemberg wegfällt. "Klärschlamm darf nicht mehr auf Äcker aufgebracht werden", erklärt Pick. Die Verbrennung in Zementwerken oder Kohleöfen werde aber auch bald entfallen. Daher wolle die EnBW an ihrem Kraftwerksstandort in eine neue Anlage investieren.
Das aber stößt in den umliegenden Kommunen auf Widerstand. Der Gemeinderat von Walheim beschloss Mitte September mit großer Mehrheit, dass die Gemeinde Walheim wegen der Belastung für Mensch und Umwelt das Vorhaben der EnBW, in Walheim eine Anlage zur Trocknung und Verbrennung von Klärschlamm zu errichten und zu betreiben, ablehnt. Außerdem wurde die EnBW aufgefordert, das Vorhaben nicht weiter zu verfolgen und im Dialog mit der Gemeinde, der die Planungshoheit obliegt, für das Areal des Kohlekraftwerks eine Nutzung zu entwickeln, die den Belangen von Mensch und Umwelt gerecht wird. Gleichzeitig wurde eine Veränderungssperre für das Areal erlassen. Dagegen wird der Konzern nun mit einer Normenkontrollklage vorgehen.
Unterstützung für Walheim signalisieren unterdessen die Nachbarkommunen Gemmrigheim und Kirchheim, deren Gemeinderäte entsprechende Resolutionen verabschiedeten.
Gewisse Verärgerung in Marbach

Am Kraftwerk Marbach wird bereits gebaut. Der Standort, der ebenfalls noch in der Netzreserve steht, soll mit einer 300-Megawatt-Gasturbine zum Reservekraftwerk umgerüstet werden - dazu musste die EnBW vorab die Ausschreibung für die sogenannte Netzstabilitätsanlage in Süddeutschland für sich entscheiden. Spatenstich war vor einem Jahr, die Anlage soll in einem Jahr fertig sein. Das Bauprojekt war aber nie ganz unumstritten. Kritiker monierten, dass in der Anlage, die bei Störungen im Netz anspringen soll, fossile Energieträger verfeuert werden und dass Grundwasser angezapft werden muss.
Im Gemeinderat erläuterten vorige Woche EnBW-Vertreter die nachträglichen Änderungswünsche, etwa, dass der neue Schornstein dicker werden soll als geplant. "Bauspezifische Anpassungen" nannte dies ein Sprecher des Konzerns im Gemeinderat. Die Hauptkomponenten der Netzstabilitätsanlage, etwa die Gasturbine, seien hingegen nicht verändert worden. Nach Medienberichten waren die Stadträte mit den nachgereichten Erklärungen zufrieden.
Offener Brief
Die EnBW hat sich mit einem offenen Brief an die Walheimer gewandt, um für ihre Position zu werben. "Uns ist bewusst, dass es hierzu kritische Stimmen gibt", heißt es darin. "Wir möchten Ihnen einen Dialog anbieten und Ihre Sorgen offen und transparent diskutieren. Wenn wir - eher früher als später - aus der Kohle aussteigen, muss der Schlamm gesondert entsorgt werden: in voraussichtlich sieben Klärschlammverbrennungsanlagen im ganzen Land." Ein Unternehmenssprecher wies zudem darauf hin, dass die EnBW nie versprochen habe, das Projekt aufzugeben, wenn es von den Bürger nicht gewollt werde.