Im Gefängnis mit Drogen gedealt: Angeklagte könnten Strafe verkürzen
Eine Drogenbande soll im Heilbronner Gefängnis mit Betäubungsmitteln gehandelt haben. Die Anklage schlägt den Verteidigern nun Deals vor. Am nächsten Verhandlungstag vor dem Landgericht könnte es zu Geständnissen kommen. Ein erstes Urteil hat es schon gegeben.

Der Prozess vor dem Heilbronner Landgericht gegen sieben Angeklagte, die mehr als ein Jahr lang Handel mit Betäubungsmitteln in der Heilbronner Justizvollzugsanstalt (JVA) getrieben haben sollen, könnte schneller als geplant ein Ende finden.
Während des dritten Verhandlungstages hat die erste Große Strafkammer am Montag mit den Anwälten und den Vertretern der Staatsanwaltschaft den Rahmen für Verständigungsgespräche abgesteckt. Im Parallelverfahren hat der Justizvollzugsbeamte, der für die Beschuldigten unter anderem Betäubungsmittel in die JVA eingeschleust haben soll, am Freitag ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dabei hat er auch alle ihm bekannten Namen der mutmaßlichen Bande genannt.
Drogen-Prozess könnte schnell gehen
24 Verhandlungstage hat die Kammer angesetzt. 65 Zeugen und ein Sachverständiger sollten gehört werden. Ohne Geständnisse der Angeklagten wäre vor Mitte Dezember wohl nicht mit einem Urteil zu rechnen. Aber bereits am zweiten Verhandlungstag kündigte sich nach einem Erörterungsgespräch der Verfahrensbeteiligten eine Verkürzung des Prozesses an. Am Montag verdichteten sich die Hinweise, dass das Verfahren rascher als erwartet über die Bühne gehen könnte.
"Wir haben Interesse an einer Verständigung. Aber wir haben keinen Druck", sagte der Erste Staatsanwalt Joachim Müller-Kapteina. Für einzelne Angeklagte stellte er Strafmaße in Aussicht, die er bei Geständnissen beantragten würde. Dem stellte er Strafrahmen gegenüber, sollte die Kammer umfassend in die Beweisaufnahme einsteigen müssen.
Diese Strafe erwartet die Angeklagten
Für einen der mutmaßlichen Drahtzieher hieße das ein Strafmaß von sechs bis sieben Jahren Gefängnis im Falle eines Geständnisses. Andernfalls stünden acht bis neun Jahre Haft in Aussicht. Für die einzige weibliche Angeklagte in diesem Prozess stellte der Anklagevertreter zweieinhalb Jahre Gefängnis in Aussicht. Sie soll dem Justizvollzugsbeamten unter anderem Betäubungsmittel auf einem Parkplatz übergeben haben, die dieser dann in die Anstalt schmuggelte und gegen Bezahlung an Gefangene weitergab.
Sie ist in dieser Verhandlung bisher die einzige Beschuldigte, die die Vorwürfe eingeräumt hat. Auf eine Bewährungsstrafe für die Angeklagte ließ sich der Staatsanwalt aber nicht herunterhandeln. Auch der Vorsitzende Richter Martin Liebisch betonte, die Kammer sehe keinen Bewährungsspielraum.
Beschuldigte kündigen Erklärungen an
Die weiteren in Aussicht gestellten Strafmaße für die anderen mutmaßlichen Bandenmitglieder bewegen sich zwischen denen des Drahtziehers und der Botin außerhalb der Gefängnismauern. "Das ist die absolute Untergrenze", sagte Müller-Kapteina.
Auch für den nächsten Verhandlungstag am Freitag, 21. Juli, sind keine Zeugen vorgesehen. Eine Reihe von Beschuldigten haben angekündigt, dass sie am vierten Prozesstag eine Erklärung abgeben werden. Je nach Inhalt entscheide sich dann, welche Zeugen gehört werden müssen, so Liebisch.
Als Kinder mit Drogen in Kontakt
Was ihren Drogenkonsum betrifft, haben am Montag drei Angeklagte ausgesagt. Sie seien als Kinder mit Gras und Haschisch in Berührung gekommen. Später seien Alkohol und weitere Drogen dazugekommen. Unter anderem Kokain und Heroin. Alle drei betonten, sie wollten eine Therapie machen.
Einer der mutmaßlichen Drahtzieher sitzt seit 2008 im Gefängnis. Ihm droht jetzt eine weitere Strafe zwischen fünfeinhalb und acht Jahren. Er sei motiviert, eine Therapie im Maßregelvollzug zu machen. Alleine würde er es aber nicht schaffen.
Gericht fällt erstes Urteil in abgetrenntem Fall
Bei einem der sieben Angeklagten hat die Kammer den Prozess abgetrennt und ihn noch am Montag zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Dies jedoch nicht wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Die Verurteilung erfolgte wegen Handeltreibens mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Dieser Vorwurf stehe nicht im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen gegen die anderen Angeklagten.
Im Prozess gegen die sieben Angeklagten vor dem Heilbronner Landgericht spielt ein Parallelverfahren gegen einen Justizvollzugsbeamten eine Rolle. Ihm wird vorgeworfen, er habe sich bestechen lassen und Betäubungsmittel, Handys und SIM-Karten ins Gefängnis geschmuggelt. Der 32-Jährige hat am Freitag gestanden. Er ist als Zeuge für den Prozess gegen die mutmaßliche Bande vorgesehen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor, die Drogenhandel im Gefängnis betrieben habe.




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