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Sicherheitstraining: Wieso die Polizei einen Abend für Frauen zum Thema Gewalt anbietet

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Daniel Rost ist Polizist im Heilbronner Präsidium. Er meint, der Ton auf der Straße sei rauer geworden. Deshalb gibt es einen Abend für Frauen rund ums Thema Sicherheit im öffentlichen Raum. Warum es keinen Kurs für diejenigen Männer gibt, die sich falsch verhalten, erklärt er im Interview.

Wo und in welchen Situationen fühlen Frauen sich unsicher? Ein Präventionsabend der Polizei geht dieser und weiteren Fragen nach.
Foto: Photographee.eu/stock.adobe.com
Wo und in welchen Situationen fühlen Frauen sich unsicher? Ein Präventionsabend der Polizei geht dieser und weiteren Fragen nach. Foto: Photographee.eu/stock.adobe.com  Foto: Photographee.eu/stock.adobe.com

Frauen haben in Heilbronn "ein ungutes Gefühl", sagt Polizeihauptkommissar Daniel Rost (46) vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums. Für sie gibt es deshalb in einer Woche einen Sicherheitskurs. Aber warum werden nicht die Männer geschult, die sich übergriffig verhalten? Rost bezieht Stellung.

 

Wieso bietet die Polizei einen Abend speziell für Frauen zum Thema Gewalt an?

Daniel Rost: Die Kampagne gibt es schon seit 2019. Der Grund, sie jetzt in Heilbronn anzubieten, ist unter anderem ein Ergebnis der Sicherheitsbefragung der Stadt Heilbronn im vergangenen Jahr.

 


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Viele Befragte befürchten, in Heilbronn Opfer von Kriminellen zu werden.

Rost: Wir haben festgestellt, dass die Angst vor Kriminalität in Heilbronn im Durchschnitt höher ist im Vergleich zu anderen Städten wie Karlsruhe oder Mannheim. Obwohl wir kriminalstatistisch gesehen eine gute Sicherheitslage haben. Ein Ergebnis der Befragung war, dass gerade junge Frauen insbesondere auch mit Migrationshintergrund äußerten, sie haben Angst, Opfer von Telefontrickbetrug zu werden. Dabei sind junge Frauen vom Telefontrickbetrug gar nicht betroffen.

 

Haben Sie herausgefunden, was es mit dieser Aussage auf sich hat?

Rost: Die Frage ist, wie definieren die Frauen Telefontrickbetrug. Wir haben stichprobenartig im Haus des Jugendrechts junge Frauen gefragt. Es kam heraus, dass sie darunter verstehen, wenn ihr Partner am Handy mit anderen Frauen chattet, sie also betrügt. Wir wissen nicht, ob es bei der Frage ein Sprachproblem gab. Dennoch bleibt ein Ergebnis der Befragung, dass insbesondere Frauen ein ungutes Gefühl in einzelnen Bereichen der Stadt haben. Dazu gehören die Innenstadt, Bahnhofsvorstadt, die Kernstadt, aber auch Neckargartach.

 

Wieso sollen Frauen sich nun Tipps von der Polizei holen?

Rost: Ich habe den Eindruck, dass seit der Corona-Zeit viele sich in Massen nicht mehr wohlfühlen. Auch meine ich, dass der Ton auf der Straße rauer geworden ist. Das macht etwas mit Frauen.

 


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Jetzt sollen Frauen lernen, ihr Verhalten anzupassen, statt einigen Männern zu sagen, was an ihrem Verhalten falsch ist. Ist das tatsächlich der richtige Ansatz?

Rost: Wir haben viele Präventionsprogramme. Dieses richtet sich nun an Frauen. Es ist einfach und kurzfristig umzusetzen. Die entsprechende Klientel an Männern zu erreichen, ist ein langwieriger Prozess. Die Frage ist, ob die Polizei dafür richtig ist. Hier sind auch andere Akteure gefordert, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Wichtig ist für uns an dem Abend, mit den Frauen ins Gespräch zu kommen. Wo und in welchen Situationen fühlen sie sich unsicher? Welche Bedürfnisse haben sie in puncto Sicherheit?

 

Gibt es ein Programm, mit dem die Polizei gezielt diejenigen jungen Männer erreicht, die sich falsch verhalten und Frauen sexuell belästigen oder Gewalt antun?

Rost: So eines gibt es nicht. Wir haben zum Beispiel "Respekt ist ein Bumerang", darin geht es vor allem um das angemessene Verhalten gegenüber Polizisten. Im Zusammenhang mit dem Zivilcourage-Programm "Aktion tu was" sprechen wir mit ihnen auch über Gewalt im öffentlichen Raum.

 

Kriminalhauptkommissar Daniel Rost (46) vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums.
Kriminalhauptkommissar Daniel Rost (46) vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums.  Foto: Kinkopf, Heike

Was soll den Teilnehmerinnen bei "Sicher unterwegs" vermittelt werden?

Rost: Ein Schwerpunkt soll auf dem Selbstbewusstsein liegen. Es ist erwiesen, dass selbstbewusstes Auftreten davor schützt, Opfer zu werden. Wir raten außerdem, auf Provokationen wie Pfiffe oder Beleidigungen eher nicht zu reagieren.

 

Warum?

Rost: Junge Männer sitzen in einer Gruppe zusammen und sie wollen Applaus von ihren Kumpels. Den bekommen sie, wenn eine Frau auf den Provokateur reagiert. Bei körperlichen Attacken hingegen sollte man sich laut wehren. Sein Gegenüber siezen, damit das Umfeld weiß, es handelt sich nicht um einen privaten Streit. Eine Person im Umfeld gezielt ansprechen und um Hilfe bitten: "Sie in der blauen Jacke, bitte helfen Sie mir." Außerdem vermitteln wir rechtliche Aspekte wie Notwehr und Nothilfe und gehen auf Messer und Pfefferspray als Mittel zur Verteidigung ein. Von beidem raten wir ab.

 


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Kurs für junge Frauen

"Sicher. Unterwegs - Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum" lautet das Thema am Donnerstag, 13. Juli, ab 18 Uhr im Polizeipräsidium Heilbronn. Das Angebot richtet sich an Frauen im Alter von 16 bis etwa 30 Jahren. Wie lassen sich Gefahren im Vorfeld reduzieren? Welche Verhaltensweisen helfen im Ernstfall? Die Veranstaltung bietet laut Polizei viel Raum für Fragen und Diskussionen rund ums Thema. Mit dem Angebot will die Polizei die Bekämpfung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung intensivieren. Weitere Infos und Anmeldung unter der Telefonnummer 07131 104 1042.

 
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