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Drogenprozess in Heilbronn
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Ehemaliger Gefängniswärter macht im Landgericht reinen Tisch

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Ein ehemaliger Justizvollzugsbeamter gibt zu, Drogen und Handys für Häftlinge ins Heilbronner Gefängnis geschmuggelt zu haben. Im Gerichtssaal erklärte er, wie es dazu kam.

Am zweiten Verhandlungstag legte der ehemalige Heilbronner Justizvollzugsbeamte ein umfassendes Geständnis ab. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Drogenschmuggel ins Gefängnis vor.
Am zweiten Verhandlungstag legte der ehemalige Heilbronner Justizvollzugsbeamte ein umfassendes Geständnis ab. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Drogenschmuggel ins Gefängnis vor.  Foto: Berger, Mario

Mehr als ein Jahr lang soll ein Justizvollzugsbeamter unter anderem Drogen, Dopingpräparate und Handys ins Heilbronner Gefängnis geschmuggelt und für Botengeld an Häftlinge übergeben haben. Seit Mitte Juni muss sich der 32-Jährige deswegen vor dem Heilbronner Landgericht verantworten. Am Mittwoch legte der Angeklagte vor der achten Strafkammer ein umfassendes Geständnis ab. "Ich entschuldige mich bei allen, die ich enttäuscht habe. Ich wünschte, ich hätte damit gar nicht angefangen", sagte der Beschuldigte am zweiten Verhandlungstag.

Einmal tief durchatmen und dann reinen Tisch machen. Das hatte der Angeklagte offenbar im Vorfeld mit seinem Würzburger Anwalt Peter Möckesch besprochen. Der 32-Jährige räumt die Vorwürfe des Staatsanwalts umfassend ein. Und er nannte die Beteiligten allesamt beim Namen, sofern sie ihm bekannt waren.

 


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Justizvollzugsbeamter erklärt, wie es zu den Taten kam

Ein menschlicher Beamter mit einem offenen Ohr für Gefangene wollte er sein, so der Angeklagte. "Ich arbeite gerne mit Menschen und bin sozial eingestellt." Das sei der Grund gewesen, warum er diesen Beruf ergriffen habe, so der gelernte Anlagenmechaniker, der 2016 in Heilbronn eine Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten absolvierte. "Es gibt auch andere, für die Häftlinge Abschaum sind."

Unter den Gefangenen habe sich das wohl herumgesprochen, mutmaßte der Angeklagte. So habe ihn eines Tages ein Häftling gebeten, ihm Tabletten ins Gefängnis zu bringen, weil er starke Schmerzen habe. Zunächst habe er abgelehnt. Aber der Gefangene sei mit diesem Anliegen immer wieder zu ihm gekommen. "Es erschien mir glaubhaft. Er hatte Tränen in den Augen. Da bin ich schwach geworden." Dass ihn die Zahlung von 1000 Euro zusätzlich "getriggert hat" gab der Angeklagte unumwunden zu.

Handy und weiße Tabletten an Häftling überreicht

Die Tabletten habe er dann in einer Mappe von einer Frau auf einem Parkplatz erhalten. Dass es sich dabei um Subutex handelte, habe er nicht geahnt. "Ich wusste damals ja nicht einmal, was das ist." Neben in Klebebändern eingewickelten weißen Tabletten habe sich auch ein Handy in der Mappe befunden. Das habe ihn zwar geärgert. Weitergegeben hat er es trotzdem.

Eine einmalige Sache sollte es sein, darin seien sich Wärter und Häftling einig gewesen. Doch dabei blieb es nicht.

 


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Gefangener soll Drohungen ausgesprochen haben

Wochen später habe er den gleichen Häftling mit einem blauen Auge und humpelnd aus dem Duschraum kommen sehen. Der Gefangene habe ihm erklärt, er habe Mist gebaut und eine Schuld zu begleichen. "Darauf fragte er mich, ob ich wieder etwas reinbringen könnte", sagte der Angeklagte. "Ich wollte zuerst nicht." Aber dann habe ihm der Häftling gedroht. Es sei einfach herauszufinden, wo er wohne. Und man wisse auch, dass er eine kleine, blonde Freundin habe.

Diese Drohung habe gesessen. Dass Häftlinge über die privaten Umstände von Wärtern Bescheid wissen können, erschien dem Beschuldigten glaubhaft.

Auftraggeber und Kontaktpersonen wechselten

Mit jedem neuen Mal sei ihm die Sache dann immer noch mehr über den Kopf gewachsen. Seine Auftraggeber innerhalb des Gefängnisses und die Kontaktperson außerhalb der Mauern wechselten im Laufe der Monate. Aus angeblichen Schmerztabletten waren Subutex, Testosteron, Marihuana, Handys und SIM-Karten geworden.

Dem Angeklagten war inzwischen klar, dass er erpressbar geworden ist. Er habe Angst vor jedem Arbeitstag gehabt. Nach einem vierwöchigen Urlaub ließ er sich für zwei weitere Wochen krankschreiben. Er habe Marihuana geraucht, um auf andere Gedanken zu kommen, und er wollte sich eine neue Arbeit suchen. Im September 2022 wurde er verhaftet.

 


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Angeklagter spricht vom Nasenprinzip im Gefängnis

Warum er den Häftling bei dessen erster Anfrage wegen angeblicher Schmerzen nicht an den Gefängnisarzt verwiesen habe, wollte Richter Frank Haberzettl wissen. "Ich will keine Interna ausplaudern, aber in der JVA herrscht das Nasenprinzip", so der Angeklagte. Wessen Nase einem nicht passe, der werde ganz schnell abgewiesen, so der Beschuldigte.

 


Parallelprozess

Das Geständnis des ehemaligen Heilbronner Justizvollzugsbeamten ist das Ergebnis eines Erörterungsgesprächs, das die achte Strafkammer des Landgerichts am ersten Verhandlungstag mit der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung geführt hat. Danach stellte Richter Frank Haberzettl dem Angeklagten im Falle eines Geständnisses eine positive Würdigung im Urteil in Aussicht. Das Geständnis hat auch Auswirkungen auf den Prozess, den die erste Große Strafkammer parallel gegen die Häftlinge und deren damalige Helfer außerhalb der Gefängnismauern führt. Dort wird der Angeklagte als Zeuge aussagen.

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