Einzelhändler fordern harten Lockdown
Das Weihnachtsgeschäft ist tot, aber die Läden bleiben offen. Unternehmer in der Region können das nicht nachvollziehen. Die Situation sei schizophren: "Einerseits sagt man: Einkauf ja. Andererseits heißt es: Bleibt zu Hause." Sie fordern deshalb konsequente Maßnahmen.

"Grundsätzlich ändert sich in Heilbronn nichts", sagt Steffen Schoch, Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH (HMG), über die neuen Verordnungen. Die Landesregierung hat heute Ausgangsbeschränkungen für das ganze Land angekündigt, um angesichts steigender Infektionszahlen Kontakte zu beschränken. Für Oberbürgermeister Harry Mergel ist das "ein Schritt in die richtige Richtung". Ob man auf diesem Weg zeitnah zum Ziel komme, das Infektionsgeschehen drastisch zu senken, werde sich zeigen, so der OB.
In Heilbronn gilt bereits eine nächtliche Ausgangssperre. Auch Veranstaltungen seien längst abgesagt, sagt Steffen Schoch. Für die HMG habe Corona den Anstoß zu einem Paradigmenwechsel gegeben. Ihre ursprüngliche Aufgabe, Menschen in die Innenstadt zu bringen, sei weggefallen. Jetzt schaffe man Plattformen und starte Aktionen, um Menschen zusammenzubringen. Weg von der Veranstaltungsorganisation und hin zu klassischen Marketingaufgaben: "Wir haben Aktionen für Einzelhändler gestartet", sagt Schoch, unter anderem gibt es ein virtuelles Portal für lokales Shopping. Ob das ausreicht, um Insolvenzen abzuwenden, kann niemand sagen. Gerade im Handel, der volle Lager hat, sei die Situation dramatisch. "Da wird es den einen oder anderen treffen", bedauert Schoch.
Kosten stehen in keinem Verhältnis
Auch Unternehmer Thomas Gauß sagt, die Kostenstruktur stehe derzeit in keinem Verhältnis zum Umsatz. "Schließen wäre besser gewesen", meint der Vorsitzende der Heilbronner Stadtinitiative und Geschäftsführer des Sporthauses Saemann. Die Situation sei schizophren: "Einerseits sagt man: Einkauf ja. Andererseits heißt es: Bleibt zu Hause." Das sei weder schlüssig noch nachvollziehbar. Zumal das Weihnachtsgeschäft längst kaputt sei: "Wir haben so gut wie keine Umsätze, keine Novemberhilfe, aber alle Kosten." Eine Schließung hält Gauß für alternativlos. Axel Palm, Geschäftsführer des gleichnamigen Heilbronner Modehauses, sagt, es gebe durchaus im Handel auch Firmen wie Schreibwaren- oder Buchläden, die sehr gute Umsätze erzielen. Er selbst überlege aber, sofort in den Lockdown zu gehen, sagt Palm.
Senior-Geschäftsführer Wolfgang Palm betont: "Rückblickend wäre ein harter Lockdown schon Anfang November besser gewesen." Seiner Ansicht nach reichen Appelle der Politiker nicht mehr aus, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Ohne Kontrollen geht es nicht
Gleichzeitig müssten Auflagen strenger kontrolliert werden: "Anstatt neue Verordnungen zu erlassen, sollte man Verstöße konsequent ahnden." Für Geschäftsleute sei die Situation schwierig. Der Onlinehandel sei durch die Krise noch stärker geworden, das Kapital schmelze, das Weihnachtgeschäft sei gelaufen: "Vielleicht war Corona der letzte Sargnagel für den stationären Einzelhandel", fürchtet er.
Strengere Regeln in Pforzheim
Oliver Spiess hat angesichts der hohen Infektionszahlen Verständnis für die Ausgangsbeschränkungen. Dass die Läden offen bleiben dürfen, werde es nicht rausreißen, meint der Eppinger Modehändler: "Man hätte gleich ganz zumachen können." Spiess hat auch ein Geschäft in Pforzheim, ebenfalls ein Corona-Hotspot, in dem es bereits seit heute verschärfte Ausgangsbeschränkungen gibt. Seine Beobachtung, schon aus den vergangenen Tagen: "Die Leute kaufen nur das Nötigste, bleiben ansonsten zu Hause." Der komplette Lockdown stehe ohnehin bevor, erwartet Spiess, ob vor oder nach Weihnachten: "Der Tag wird kommen."



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