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Der Kommentar zu 30 Jahren Deutsche Einheit

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Auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind Ost und West auf der Suche nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Ein Leitartikel von Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer.

Uwe Ralf Heer, Chefredakteur der Heilbronner Stimme/Hohenloher Zeitung/Kraichgau Stimme.
Uwe Ralf Heer, Chefredakteur der Heilbronner Stimme/Hohenloher Zeitung/Kraichgau Stimme.

Wie vereint ist Deutschland nach 30 Jahren? Diese Frage lässt sich ganz einfach beantworten. So lange alle fünf Jahre eine große Analyse nötig ist, wie unterschiedlich Ost- und Westdeutschland noch immer sind, so lange ist die Einheit Deutschlands keine Normalität. Zumal man in den vergangenen Jahren eher den Eindruck gewinnen konnte, dass das Trennende wieder stärker in den Fokus der Menschen rückt - sowohl im Osten als auch im Westen.

Vielleicht ist gerade der 3. Oktober ein Symbol dafür, wie sehr sich Wiedervereinigungsrausch und Einheitserwachen unterscheiden. Der 9. November 1989 steht für den Fall der Mauer, für die neu gewonnene Freiheit der Menschen in der damaligen DDR, für den erfolgreichen Vollzug der friedlichen Revolution. Euphorie und Vorfreude auf das, was kommt. Dagegen ist der 3. Oktober jener Tag, an dem der deutsch-deutsche Einigungsvertrag in Kraft trat. Damit wurde die Auflösung der DDR und ihr Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland vollzogen. Das Grundgesetz aus dem Westen galt nun auch im Osten. Es begann die Veränderung. Und die war in der Folge nicht für jeden ein Freudentag. Genau deshalb ist dieser 3. Oktober, sind diese 30 Jahre Deutsche Einheit, noch immer alles andere als ein ganz normales Datum.

Enttäuschungen über gebrochene Versprechen sitzen tief

Bei aller positiven Entwicklung sind Wunden geblieben. Das mögen manche Menschen im Westen nicht verstehen, es lässt sich aber erklären. Selbst jenen, die als heute 30-Jährige keinen einzigen Tag in der DDR erlebt haben. Denn sie registrieren, wie ihre Eltern mit dem Thema umgehen. Und sie spüren das mitunter Trennende im Alltag. Noch viel mehr trifft es jene, die im neuen Deutschland auch Enttäuschungen erlebt haben. Die vor drei Jahrzehnten durchstarten wollten in ein anderes Leben. Nicht jedem ist das gelungen. Enttäuschungen über gebrochene Versprechen sitzen tief. Der besserwissende Wessi, die Übernahme-Gewinnler, sterbende Industrien. Überlegenheit auf der einen, Unsicherheit auf der anderen Seite. Normalität Fehlanzeige. Auch in Spitzenpositionen von Behörden und Unternehmen, wo selten Ostdeutsche präsent sind.

Natürlich gibt es die Erfolgsstorys. Blühende Städte, neue Branchen, eine gute Infrastruktur. Aber eben auch ausgeblutete Landschaften im Osten, Abwanderung, Frust über mangelnde Perspektiven. Das muss man ernst nehmen.

Friedliche Umwälzung von der Diktatur zur Demokratie

Was jedoch bleibt, ist der Stolz darauf, dass dieses Land eine Umwälzung ohne Tote geschafft hat. Von der Diktatur zur Demokratie. Vielen Menschen auf dieser Erde ist das nicht vergönnt. So etwas ist eben doch ein Feiertag, den man nicht hoch genug wertschätzen kann. Und hoffentlich bald einer, der zur Normalität geworden ist.

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Kommentare

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Peter Henschel am 03.10.2020 19:14 Uhr

Schade, dass Chefredakteur Heer nicht die Gelegenheit genutzt hat, welchen Beitrag die Medien hierzu geleistet haben. Hierzu gibt es auch sicherlich einige Fragen.

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