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Arbeiten am Limit bei den SLK-Kliniken

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Die personellen Lücken irgendwie stopfen: Darum geht es fast täglich bei der Dienstplanung im größten Krankenhausverbund der Region. Was das für Patienten bedeutet, lesen Sie hier.

 Foto: Monkey Business/stock.adobe.com

Kurz vor dem Gespräch am späten Nachmittag an den SLK-Kliniken in Heilbronn: Die stellvertretende Pflegedirektorin Dorothea Vischer bekommt einen Anruf von einer Station: Ein Mitarbeiter hat sich für den Spätdienst krankgemeldet, Ersatz aus dem eigenen Team ist so kurzfristig nicht zu organisieren. "Wenn das Thema zu mir kommt, hat die Stationsleitung selbst schon eine Schleife gedreht", sagt Vischer, der Anruf bei ihr sei die Eskalationsstufe. Sie prüft, welche Möglichkeiten es in anderen Bereichen gibt, Personal "umzuschichten", wie sie sagt: Das kann dann zum Beispiel bedeuten, dass eine Pflegekraft aus dem HNO-Bereich in der Orthopädie eingesetzt wird, um dort die Lücke zu stopfen.

Um die 400 Mitarbeiter sind krank oder in Quarantäne

Die Ausfallquoten bei SLK sind "seit Wochen sehr hoch", heißt es von der Unternehmensleitung, um die 400 Mitarbeiter sind krank oder in Corona-Quarantäne, dazu ist Urlaubszeit. "Wir spüren das jeden Tag", sagt Vischer. Fast täglich müsse man "nachsteuern, damit die Arbeit am Patienten noch gut funktioniert", dazu versuchen, den enormen Druck, der auf den Mitarbeitern lastet, irgendwie abzufangen, sich ihre Sorgen und Probleme anhören, "und dann wollen wir als Führungskräfte ja auch noch gestalten und uns Strategien für die Zukunft überlegen". Sie hat noch Hoffnung, dass es auch wieder andere Zeiten geben wird, in denen Pflegekräfte Zeit haben das zu tun, was eigentlich ein wesentlicher Bestandteil ihres Berufes ist: sich mitfühlend um den Patienten kümmern. Für viele sei das schließlich der ausschlaggebende Grund gewesen, den Beruf zu ergreifen.


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Das System gerät aus den Fugen

"Wenn ein paar Rädchen sich nicht mehr richtig drehen, kommt alles in Dysbalance", sagt Burkard Lippert, Direktor der HNO-Klinik am Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn. Sein Bereich war stark von den Schließungen infolge der Pandemie betroffen, "denn wir haben einen sehr hohen Anteil an elektiven Eingriffen": also planbare Operationen wie solche zur Verbesserung des Hörvermögens, die sich ohne Probleme verschieben lassen. Als 2020 und 2021 immer wieder Bereiche geschlossen wurden, um personelle Kapazitäten für die Versorgung von Covid-Patienten freizumachen, war die HNO vorne dabei. Man habe die Kapazitäten auch nicht voll zurückbekommen, so Lippert: "Denn Corona geht ja weiter." Zudem seien einige Mitarbeiter weggegangen, andere seien erschöpft von der Dauerbelastung. Lippert sagt, es sei doch ganz klar: Das Stopfen einer personellen Lücke durch Doppel- und Zusatzschichten bedeute in der Konsequenz, dass die Mitarbeiter, die einspringen, irgendwann auch ausfallen, weil sie nicht mehr können. "Die Belastung potenziert sich zu einer Abwärtsspirale."


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SLK-Chef zur Personalnot: "Die Lage ist angespannt"


In der Notaufnahme am Gesundbrunnen wurden im Juli so viele Patienten registriert wie noch nie

Die anhaltende Personalnot ist das eine - hinzu kommt in diesem Sommer ein "völlig untypisch hohes Patientenaufkommen", wie Selim Aksoy, Pflegerischer Leiter der Zentralen Notaufnahme (ZNA), sagt. Mehr als 6000 Patienten wurden im Juli in der ZNA registriert, "so viele hatten wir noch nie". Der Grund? "Den können wir nicht so richtig fassen." Wahrscheinlich sei es eine Mischung aus mehreren Faktoren, meint er: Die Menschen seien viel draußen, dann die Hitze, die anhaltende Pandemie. Zudem kämen Patienten aus anderen Kreisen, wenn dortige Kliniken keine Kapazitäten mehr hätten. Für ihn und sein Team bedeutet das jeden Tag: Arbeiten am Anschlag. Was die Lage weiter verschärft: Bei jedem der "in normalen Zeiten" täglich um die 170 Patienten in der Notaufnahme muss bei der Ankunft ein Covid-Test gemacht werden. Das verlängert die Wartezeiten auf Diagnostik und Behandlung nochmals deutlich.


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Kreativ sein, um die Versorgung auch in Zukunft noch stemmen zu können

Trotz dieser Widrigkeiten ist es Aksoy wichtig zu betonen: "Jeder Notfallpatient wird bei uns versorgt." Aber Wartezeiten ließen sich eben nicht vermeiden. Lippert sagt, "wir sind für die Patienten da und kümmern uns um jeden, aber dafür fordern wir auch Verständnis ein, wenn es etwas länger dauert".

Versorgung Wie geht es weiter mit der Versorgung? Lippert: "Für die Patienten da zu sein, ist unsere oberste Aufgabe", von der SLK-Geschäftsführung wünscht er sich dazu "Ressourcen und organisatorische Hilfe". Damit der Arbeitsaufwand in Zukunft zu bewältigen sei, müsse man "andere Wege gehen und kreativ sein", sagt Vischer. Aksoy wünscht sich "mehr Aufklärung" darüber, für welche Fälle eine Notaufnahme da sei - viele Patienten wüssten gar nicht, dass es in Deutschland ein ambulantes Haus- und Facharztsystem gebe, in das sie eigentlich gehörten. "Das müsste besser erklärt werden."


Dieser Artikel wird in unserem Nachrichten-Podcast AbendSTIMME erwähnt - für weitere Nachrichten aus der Region können Sie hier den ganzen Podcast anhören.

Mit dem Podcast AbendSTIMME informieren wir Sie von Montag bis Freitag über die wichtigsten lokalen und regionalen Nachrichten auf stimme.de und überall, wo es Podcasts gibt.

 

 

 
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