Immer weniger Azubis in der Kinderpflege: "Abbrecher-Quote ist katastrophal hoch"
Die Pflegeausbildung wurde überarbeitet. In Baden-Württemberg brechen 47 Prozent der Auszubildenden diese ab. Auch die SLK-Kliniken im Raum Heilbronn verzeichnen steigende Zahlen.

Die Situation in der Kinder- und Jugendmedizin ist zunehmend angespannt: Im ambulanten Bereich haben viele Eltern Schwierigkeiten, einen Kinderarzt zu finden. In Krankenhäusern wie den SLK-Kliniken kann die volle Betten-Kapazität nicht ausgeschöpft werden, weil geeignetes Personal fehlt. Ursächlich für diese Entwicklung sehen Vereine wie die Gesellschaft für Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen Deutschland die 2020 eingeführte generalisierte Pflegeausbildung.
"Es fehlen die, die nachrücken. Und für diejenigen, die da sind, wird die Situation immer mehr zur Belastung", erklärt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Gemeinsam mit Politik und Gesellschaft wolle man als Landesärztekammer für bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen sorgen. Die aktuelle Entwicklung wird auch in Berlin mit großer Sorge betrachtet. "Das Problem ist, dass in vielen Bundesländern eine Spezialisierung gar nicht angeboten wird. Es fehlt an Möglichkeiten wie Schulen und Lehrkräften zur Vertiefung", weiß Bernhard Hoch von der Gesellschaft für Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland (GKind). Hoch betont, der Verein sei nicht grundsätzlich gegen die generalisierte Ausbildung. Doch aus Sicht von GKind reiche sie allein nicht aus, um beispielsweise in der Kinderpflege zu arbeiten. "Hierfür braucht es die Spezialisierung, doch die Angebote dafür sind im Land rar."
Nach Änderung der Pflegeausbildung: Viele Azubis brechen ab
Hoch berichtet, dass die Quote derjenigen, die die generalisierte Ausbildung abbrechen, mit 47 Prozent "katastrophal hoch" sei. Das liege daran, dass in der Ausbildung die drei bislang voneinander getrennten Berufszweige der Kranken-, Alten-, und Kinderkrankenpflege zusammengeführt wurden. "Wenn jemand sagt, ich möchte Kinderkrankenschwester werden, dann möchte die Person in diesem Bereich lernen und nicht in der Altenpflege."
Für 2025 plane die Politik, die Resultate der neuen Pflegeausbildung zu überprüfen. Bernhard Hoch ist sich jedoch sicher, dass dies nur auf quantitativer und nicht auf qualitativer Ebene geschehe. "Dann kann abgelesen werden: Wir haben x Personen ausgebildet, Ziel erreicht oder eben nicht." Doch man werde so nicht erkennen, wie viele Personen abgebrochen haben und aus welchen Gründen. "Das will man schlichtweg auch nicht wissen", vermutet der GKind-Geschäftsführer.
Problem der Kinderpflege auch in den SLK-Kliniken im Raum Heilbronn: Abbruchzahlen der Ausbildung steigen
Bei den SLK-Kliniken wird die Vertiefungsrichtung Pädiatrie in der Praxis angeboten. "Die Interessenten bewerben sich bereits vor der Ausbildung auf die entsprechende Ausschreibung", erklärt Anne Hekel von der Unternehmenskommunikation. Für diejenigen, die sich für die Vertiefung Pädiatrie entschieden haben, finde bereits der erste Orientierungseinsatz in der Pflegeausbildung im Bereich der Pädiatrie statt, um später umfassend im praktischen Teil der Kinderkrankenpflege ausgebildet werden zu können.
Seit 2020 haben sich 80 Auszubildende für diese Vertiefung entschieden, teilt die SLK mit. Damit sei seit der Einführung der generalistischen Ausbildung ein deutlicher Rückgang an Bewerbern für die Vertiefungsrichtung Pädiatrie, im Vergleich zur vorher eigenständigen Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeausbildung, zu verzeichnen. "Dies führen wir auf mehrere Faktoren wie die zeitgleiche Corona-Pandemie, aber auch das mangelnde Wissen innerhalb der Bevölkerung über die neue Ausbildungsform und Berufsbezeichnung zurück", so Hekel. Auch die Quote der Ausbildungsabbrüche steige zunehmend an, auch wenn man mit dieser als SLK noch unterhalb des landesweiten Schnittes liege.
SLK-Projekt "Fit für Pädiatrie"
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat der SLK-Verbund in Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Partner, der Stiftung, „Große Hilfe für kleine Helden“ ein Weiterbildungskonzept unter dem Namen „Fit für Pädiatrie – Exzellente Pflege für kleine Helden“ für den Bereich der Kinderkrankenpflege entwickelt, welches von der Stiftung finanziell gefördert wird. Das Konzept ermöglicht es Auszubildenden der generalistischen Pflegeausbildung sich im Fachbereich Pädiatrie bei SLK weiter zu qualifizieren.
Das Weiterbildungsprogramm geht erstmalig 2024 an den Start und richtet sich speziell an generalistisch ausgebildete Berufsanfänger, aber auch Berufswiedereinsteiger und -rückkehrer in der Kinderkrankenpflege. Ein weiterer Teil des Programms richtet sich gezielt an Pflegefachkräfte im besonders anspruchsvollen Bereich der Kinderintensivstation. Mit dem Programm wird vor allem das Ziel verfolgt, dass qualitative Niveau im Bereich der Kinderkrankenpflege bei SLK, trotz Wegfall der eigenständigen Kinderkrankenpflegeausbildung, aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig soll das Programm den Bereich der Kinderkrankenpflege bei SLK wieder attraktiver machen und auch bereits erfahrenen Pflegefachkräften den Wiedereinstieg erleichtern.