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Kochendorfer Doppelmord-Prozess: Angeklagter zeigt auch beim Urteil keine Regung

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Nach vier Monaten endete am Mittwoch der Prozess vor dem Heilbronner Landgericht mit mehr als 120 Zeugen mit der Höchststrafe für den 53 Jahren alten Angeklagten. Die Verteidiger haben Revision nach dem Urteil angekündigt.


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Im Kochendorfer Doppelmord-Prozess hat das Landgericht Heilbronn den 53 Jahre alten Angeklagten am Mittwoch zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Angeklagte habe sich unter anderem des zweifachen Mordes, des zweifachen Mordversuchs sowie der schweren und gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht.

Die Richter stellten dabei die besondere Schwere der Schuld fest. Demnach wird die Freiheitsstrafe nach 15 Jahren nicht zur Bewährung ausgesetzt. Damit endet ein rund vier Monate dauernder Prozess mit 18 Verhandlungstagen, in denen die Schwurgerichtskammer mehr als 120 Zeugen gehört hat.

Lebenslange Haft nach tödlichen Schüssen in Kochendorf: Urteil noch nicht rechtskräftig

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Verteidiger erklärten unmittelbar nach dem Richterspruch, sie würden Rechtsmittel einlegen und anschließend entscheiden, ob sie die Revision begründen oder wieder zurücknehmen. Für die Einlegung von Rechtsmitteln hat der Verurteilte eine Woche Zeit. Für die Sichtung und Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung wollten sich die Anwälte aber ausreichend Zeit nehmen, um anschließend über das weitere Vorgehen zu entscheiden.


Für die Schwurgerichtskammer stand zweifelsfrei fest, dass der Angeklagte am 7. Januar um 17.43 Uhr zwei seiner Kollegen im Pausenraum der Zahnradfabrik Hänel erschossen und einen weiteren schwer verletzt hat. Er verlor dabei ein Auge und bleibt auf dem anderen wohl blind. Einen vierten Mitarbeiter gelang die Flucht in die Fertigungshalle des Unternehmens. Er blieb zwar körperlich unverletzt, seelisch habe er aber schwer zu tragen, sagte der Vorsitzende Richter Martin Liebisch.

23 Schüsse in 75 Sekunden habe der Angeklagte abgegeben. Das erste Magazin mit 15 Patronen schoss er innerhalb von 31 Sekunden leer. Nach dem Wechsel des Magazins gab er weitere acht Schüsse ab. In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwältin von einer Hinrichtung gesprochen, Polizeibeamte im Zeugenstand von einem „Overkill“.

Urteil am Heilbronner Landgericht – Zuschauerplätze schon vor Verhandlungsbeginn besetzt

Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Verhandlung waren die Zuschauerplätze nahezu vollständig belegt – darunter Verwandte, Familienangehörige und Bekannte der Nebenkläger, also der Witwen sowie des Mannes, der aus dem Pausenraum fliehen und die anderen Kollegen warnen konnte. Wie bereits beim Prozessauftakt Ende Juli war auch das Medieninteresse beim Urteilsspruch groß.

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Wie während des gesamten Prozesses zeigte der Angeklagte auch bei der Urteilsverkündung keine Regung. Er wirkte empathielos und blickte beinahe die gesamte Zeit teilnahmslos auf den Tisch vor sich. Gelegentlich flüsterte er seinen Verteidigern etwas zu, ehe er den Blick wieder senkte.

Die fehlende Reue und der empathielose Eindruck des Angeklagten hätten den Nebenklägern, sowohl den Witwen als auch ihrem Mandanten, während des gesamten Prozesses sehr zugesetzt, sagte Elisabeth Unger-Schnell, die Vertreterin des überlebenden Nebenklägers. Sie hatte ebenfalls eine lebenslange Freiheitsstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. „Das ist ein gerechtes Urteil und entspricht auch dem, was sich mein Mandant vorgestellt hat“, sagte sie. Das Urteil sei tat- und schuldangemessen.

Doppelmord-Prozess in Heilbronn: Mit einem Freispruch hätte Überlebender kaum umgehen können

Mit einem Freispruch, wie ihn die Verteidiger beantragt hatten, hätte ihr Mandant kaum umgehen können, sagte Unger-Schnell. Wie lange der Verurteilte in Haft bleiben wird, hänge davon ab, ob er Therapieangebote annehme, die Tat aufarbeite und wie er sich im Vollzug verhalte, erklärte Unger-Schnell weiter. Mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld trifft den Verurteilten die höchstmögliche Strafe, die eine unbestimmte Dauer hat.

Prozessende am Heilbronner Landgericht: Angeklagter wird nicht nur wegen Doppelmord verurteilt

Neben des zweifachen Mordes, des zweifachen versuchten Mordes, der schweren und der gefährlichen Körperverletzung verurteilte das Landgericht Heilbronn den 53 Jahre alten Angeklagten auch noch wegen einfacher Körperverletzung.

Dabei ging es um einen Angriff des Angeklagten auf einen Mitarbeiter der Friedrichshaller Zahnradfabrik Monate vor den tödlichen Schüssen im Pausenraum. Weil der Geschädigte den Angeklagten bei der Begrüßung dessen Namen auf englisch aussprach, habe der Angeklagte den Kollegen in den Bauch geschlagen und mit dem Finger ins Auge gepickt. 

Entsetzen Die tödlichen Schüsse hatten nicht nur in Bad Friedrichshall für Entsetzen gesorgt. „Er hat Leid über viele Personen gebracht und große Betroffenheit verbreitet“, sagte Liebisch. Nach dem Urteil blieben Angehörige und Zuschauer vor dem Saal und sprachen miteinander, bevor sie das Gebäude verließen. Vier intensive und belastende Monate liegen hinter ihnen.

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