Todesschüsse in Bad Friedrichshaller Firma Hänel: Zeuge im Doppelmord-Prozess schildert Flucht
Im Bad Friedrichshaller Doppelmord-Prozess sagten am Donnerstag Mitarbeiter der Firma Hänel aus. Ein Zeuge schilderte, wie er aus dem Pausenraum floh, in dem der Angeklagte zwei Menschen erschossen und einen schwer verletzt haben soll.
Wie sich die Türe im Pausenraum gegen 17.43 Uhr geöffnet hat, habe der 49 Jahre alte Mitarbeiter nur aus dem Augenwinkel mitbekommen. Als er dann aufblickte, habe er einen schwarz gekleideten Mann mit Sturmmaske und einer Kapuze auf dem Kopf schon etwa einen Meter im Raum stehen sehen.
Bad Friedrichshaller Doppelmord-Prozess: Mitarbeiter schildert Flucht
Beide Arme habe der Mann ausgestreckt. In den Händen habe er eine Pistole gehalten. Der Lauf der Waffe soll zu diesem Zeitpunkt bereits direkt auf den Kopf eines der drei Kollegen gezielt haben, die sich mit dem Zeugen gemeinsam im Pausenraum der Fabrik aufgehalten haben.
„In diesem Moment habe ich gedacht, jetzt ist das Leben zu Ende“, sagte der 49-Jährige im Zeugenstand. Instinktiv habe er sich sofort unter dem Tisch versteckt, während sein „Kollege und Freund“ offenbar in die Mündung der Pistole blickte. „Ach du Scheiße“, soll er noch gesagt haben. Zu diesem Zeitpunkt sei der Zeuge bereits zum Ausgang Richtung Umkleideräume geflüchtet. „Es ging alles in Sekundenschnelle“, sagte der Zeuge. Wenige Augenblicke später habe er Schüsse gehört.
Prozess in Heilbronn: Geflüchteter hatte Angeklagten sofort unter Verdacht
23 Schüsse in 75 Sekunden soll der Angeklagte auf drei Mitarbeiter abgegeben haben. Zwei Brüder starben. Der dritte wurde schwer verletzt. Er verlor ein Auge. Wer der Täter sein würde, sei dem Flüchtenden sofort klar gewesen. Obwohl der Schütze nicht zu erkennen gewesen sei. „Ich habe nicht einmal seine Augen gesehen“, sagte der Zeuge.

Größe und Statur hätten ihn aber an den Angeklagten erinnert. Und offenbar hält der Zeuge es für möglich, dass der Beschuldigte die Tat begangen haben könnte. Der 53-jährige Beschuldigte B. arbeitete damals noch selbst in der Zahnradfabrik. Am Tag der Tat hatte er frei. Wann die Kollegen im Pausenraum sein würden, soll er aber genau gewusst haben. Und den Weg durch die Fabrik zum Pausenraum müsse er auch gekannt haben.
Auf seiner Flucht vom Tatort blickte der Zeuge kein einziges Mal zurück. Stattdessen habe er auf dem Weg durch die Produktionshalle hinaus zur Rampe geschrien: „Alarm, alle raus.“ Ob er zu diesem Zeitpunkt bereits den Namen des Angeklagten geschrien habe, könne er heute nicht mehr sagen. Zusammen mit einem Kollegen sei er dann in ein benachbartes Haus gerannt und habe die Polizei gerufen.
Angeklagter soll Mitarbeiter geschlagen und ins Auge gestochen haben
Als ruhig und in sich gekehrt beschrieben weitere Mitarbeiter der Firma den Angeklagten. Geredet habe er nicht viel. Mit der Zeit sei er aber immer seltsamer geworden. Einem Kollegen habe er im September 2024 in den Bauch geboxt und mit einem Finger ins Auge gestochen. „Ich habe für Sekunden nichts mehr gesehen“, sagte der 36 Jahre alte Geschädigte, der inzwischen nicht mehr bei der Bad Friedrichshaller Firma arbeitet.
Der Grund für den körperlichen Übergriff sei gewesen, dass er seinen Nachnamen bei der Begrüßung englisch ausgesprochen hat. „Ich habe ihm gesagt, dass er das künftig nicht mehr machen soll“, sagte der Zeuge. Entschuldigt habe sich B. zu keinem Zeitpunkt. Eine Anzeige habe er nicht erstattet. Den Vorfall habe er auch nicht beim Meister gemeldet. „Das war wohl die richtige Entscheidung“, sagte er. Sonst hätte der Angeklagte womöglich Rachegefühle entwickelt. „Und ich wäre heute nicht mehr hier.“
Gezielte Sachbeschädigungen auf Hänel-Firmenparkplatz in Bad Friedrichshall?
Dem älteren der beiden getöteten Brüder wurde bereits Mitte November 2024 auf dem Firmenparkplatz das Auto an mehreren Stellen zerkratzt. Zwei Wochen später hat offenbar jemand angespitzte Bolzen in dessen Reifen geschlagen. Dass diese Sachbeschädigungen gezielt gegen den älteren der Brüder gerichtet gewesen sein muss, war den Zeugen bereits zum damaligen Zeitpunkt klar.
Verdächtigt hatten sie bereits damals den Angeklagten. „Wir konnten es aber nicht beweisen“, sagten mehrere Mitarbeiter am Donnerstag vor der Schwurgerichtskammer. „Wir sagten, dass wir das weiter beobachten sollten“, sagte einer der Zeugen.
Prozess in Heilbronn: Staatsanwältin wirft Beschuldigtem unter anderem zweifachen Mord vor
Die Staatsanwältin wirft dem Angeklagten unter anderem zweifachen Mord und versuchten Mord vor. Konkreter Anlass für die Bluttat am 7. Januar soll laut Staatsanwältin gewesen sein, dass der Beschuldigte imSeptember 2024 seinen Arbeitsplatz an einer Maschine gegen seinen Willen für eines der späteren Todesopfer räumen musste. Dabei handelte es sich um den jüngeren der beiden getöteten Brüder.
Ab diesem Zeitpunkt habe sich der Angeklagte immer seltsamer benommen, sagten die Mitarbeiter übereinstimmend. Unter anderem habe B. behauptet, jemand habe Maschine verstellt, an der er in der Fabrik gearbeitet hatte. Die beiden getöteten Brüder wurden von den Mitarbeitern im Zeugenstand als immer freundlich und hilfsbereit beschrieben.