"Jagd auf Polizisten" – Verteidigung hat im Boxberger "Reichsbürger"-Prozess das Wort
Ein mutmaßlicher sogenannter Reichsbürger wehrt sich gegen die Durchsuchung seiner Wohnung in Boxberg-Bobstadt durch die Polizei und Einsatzkräfte des Spezialeinsatzkommandos. Die Polizisten finden sich in einem Kugelhagel wieder. Am Montag schildert die Verteidigung ihre Sicht auf die Geschehnisse.

Für Schüsse auf ein Spezialeinsatzkommando in Boxberg-Bobstadt (Main-Tauber-Kreis) sollte ein mutmaßlicher sogenannter Reichsbürger aus Sicht der Staatsanwaltschaft zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden. Die Beamten hatten seine Wohnung durchsuchen wollen, um ihm eine Pistole abzunehmen, für die er keine Erlaubnis mehr besaß. Sie fanden sich allerdings im Kugelhagel wieder, ein Beamter wurde schwer verletzt.
Die Bundesanwaltschaft hatte dem Angeklagten in ihrem Plädoyer vorgeworfen, er habe "Jagd auf Polizeibeamte" gemacht. Ihm wird vierfacher versuchter Mord vorgeworfen. Am Montag wird die Verteidigung ihre Sicht formulieren. Ein Termin für ein Urteil nach fast 30 Verhandlungstagen steht noch nicht fest.
Reichsbürger in Boxberg soll auf Polizeibeamten geschossen haben
Neben der lebenslangen Freiheitsstrafe beantragte die Staatsanwaltschaft Mitte Oktober Sicherungsverwahrung für den heute 56-jährigen Angeklagten. Der Mann soll im April vergangenen Jahres im Main-Tauber-Kreis mit einem Schnellfeuergewehr auf die Polizeibeamten geschossen haben. Ein Beamter wurde von mehreren Geschossen ins Bein getroffen. Im Haus des Schützen fanden die Ermittler ein begehbares Waffenlager mit Gewehren und Maschinenpistolen, Tausenden Schuss Munition und Zubehör.
Laut Darstellung der Bundesanwaltschaft wollte der Angeklagte verhindern, dass seine Waffen gefunden und sichergestellt werden – und die Polizei von seinem Grundstück fernhalten. Sie spricht von einer "massiven Gewaltbereitschaft".
Angeklagter spricht von "Filmriss"
Im Prozess hatte der Mann zwar zugegeben, geschossen zu haben. Ihm sei aber nicht bewusst gewesen, wer draußen vor der Tür stehe. Ihn hätten Explosionen, Schüsse und Schreie geweckt, er habe nur seinen kranken Sohn schützen wollen. Dann habe er einen Filmriss gehabt.
"Reichsbürger" und sogenannte Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 23.000 Anhängerinnen und Anhänger zu – Tendenz steigend. Auch in der Region Heilbronn und Hohenlohe sind sogenannte Reichsbürger in der Vergangenheit auffällig geworden.