Moment des Schweigens: Hunderte erinnern still an Rouven Laur in Neckarbischofsheim
Neckarbischofsheim gedenkt des getöteten Polizisten Rouven Laur. Dabei richtet der Bürgermeister seines Heimatsorts Neckarbischofsheim deutliche Worte in Richtung Politik.

Neckarbischofsheim rückt zusammen. Eine Woche, nachdem in Mannheim ein mutmaßlich islamistischer Attentäter den Polizisten Rouven Laur getötet hat, kommen Hunderte Menschen im Schlosspark zusammen. Viele bringen Kerzen mit, Blumen haben sie dabei. Die Trauernden legen alles still ab vor dem historischen Gebäude.
Es sind sehr stille Momente. Nur das Zwitschern von Vögeln ist zu hören, das Knirschen des Kies bei jedem Schritt, dann noch das Klacken der Feuerzeuge, wenn wieder ein Trauernder eine Kerze anzündet. Ansonsten herrscht überall Stille. Innenminister Thomas Strobl gehört genauso zu den Trauergästen wie Marion Gentges, Ministerin der Justiz und für Migration. Viele Mitglieder der Feuerwehr sind dabei, auch Angehörige von Polizei, Justiz und Zoll reihen sich in die Kondolenzliste ein. Die meisten Anwesenden stammen aus Neckarbischofsheim.
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Eltern mit kleinen Kindern kommen, Jugendliche, Ältere: Alle Generationen erweisen Rouven Laur die letzte Ehre. "Es ist nicht in Ordnung, was geschehen ist", sagt Mubar Mirza. Für die Inhaberin eines Geschäfts im Ort ist es selbstverständlich, zum Gedenken zu kommen. "Wir wollen zeigen, dass er uns wichtig war, und seiner Familie unser Mitgefühl ausdrücken." Dass der Heimatort eine Gedenkfeier ausrichtet, ist für sie ein sehr gutes Zeichen. "Das ist das Mindeste, was seine Heimat machen kann", sagt sie. "Hier kannte ihn jeder." Eine junge Mutter hat einen Säuglinge auf dem Schoß und sitzt unter einem Baum. Sie schüttelt nur den Kopf und sagt: "Jung gestorben."
"Rouven kannte jeder", sagt eine Frau. Dass sie mit einer Bekannten kommt, gehört für sie dazu. Das mache hier den Zusammenhalt und die Gemeinschaft aus. "Das hätte nicht passieren dürfen", sagt sie. Ihre Bekannte hofft, dass der Tod Rouvens zum Zeichen an die Politik wird: Die Polizei brauche mehr Befugnisse.
Bürgermeister von Neckarbischofsheim über Rouven Laur: "Er war einer von hier"
Für die Freiwillige Feuerwehr ist es ein emotionaler Abend. Die Mitglieder sind vor Ort, sollte etwas passieren. Und natürlich gedenken sie einem Neckarbischofsheimer, einem Polizisten, einem von ihnen. "Es ist ein Schock für die Blaulichtfamilie", sagt Kommandant Alexander Wieder. "Wir haben keine Worte, was passiert ist." Das spüre man auch in Neckarbischofsheim. "Man merkt eine betrübte Stimmung im Ort", sagt er. Das Schöne sei aber, dass die Menschen in der Blaulichtfamilie in dieser schweren Zeit zusammenstünden.
Neckarbischofsheims Bürgermeister Thomas Seidelmann hält eine sehr persönliche Trauerrede. Der Rathauschef spricht über seine Tränen und erinnert an den Tat-Freitag, als innerhalb von Stunden der "feige Mord an uns herangerückt ist". Er kannte Rouven Laur sehr gut, eine seiner Töchter war sehr eng mit ihm befreundet. Thomas Seidelmann spricht noch oft mit der Familie. "Er war einer von hier", sagt er über Rouven Laur und erinnert an dessen Zeit im Kindergarten, in der Grundschule und im örtlichen Gymnasium. Er erinnert an die Hinterbliebenen, die man stärken, auffangen und halten müsse. Das aber gehe nicht mit reißerischen Medien, kritisiert er.
Nach Messerattacke in Mannheim: Bürgermeister aus Neckarbischofsheim richtet sich an Politik
Ebenfalls betont Thomas Seidelmann, dass Rouven Laur nicht zu einem Martyrer werden wolle für eine Partei, die für den Bürgermeister nicht zur "demokratischen Mitte" gehört. Applaus gibt es, als Thomas Seidelmann die AfD kritisiert, auch einzelne Buh-Rufe sind dabei. "Rouven hat sich immer gegen Spaltung ausgesprochen", sagt er. "Er war der Inbegriff eines guten Menschen."
Der Bürgermeister erinnert an die Professionalität und Hingabe, die Rouven Laur ausgezeichnet hätten. Er betont dessen Menschlichkeit, Mut und Einfühlungsvermögen. Er habe sogar Arabisch gelernt, um sich mit den Menschen im Umfeld unterhalten zu können - auf Augenhöhe. Der Verstorbene bekannte sich zum Grundgesetz. "Er wollte immer ausgleichen, wollte integrieren, statt spalten."
Deutliche Worte, mit Applaus vom Publikum unterstützt, richtet Thomas Seidelmann an die Politik. Er fordert mehr Wertschätzung für die Polizei und eine bessere Ausstattung. "Familie Laur will nicht mehr, als dass der Verlust des Sohnes etwas verändert." Thomas Seidelmann, der auch den Umgangston in sozialen Medien kritisiert, verspricht, nicht aufzugeben, bis es zu Verbesserungen kommt. "Rouven, Ruhe in Frieden, du wundervoller Mensch." Damit schließt er seine Rede, bittet um eine Minute des Schweigens - und dann um Applaus, den er mit dem Handy aufnimmt und an Familie Laur schickt. Den gibt es. In Erinnerung an Rouven Laur.