Lieferprobleme und weniger Gewinn: Porsche kämpft mit zahlreichen Herausforderungen
Die VW-Tochter Porsche vermeldet für das erste Halbjahr weniger Absatz und weniger Gewinn. Nun stehen demnächst wohl die Bänder still. Auch bei der Elektro-Strategie muss der Autobauer zurückrudern.
Porsche ist neben Audi die wichtigste Ertragsperle im VW-Konzern. Nun aber stottert auch bei dem Sportwagenhersteller der Motor. Im ersten Halbjahr hat Porsche rund 156.000 Fahrzeuge ausgeliefert, ein Minus von sieben Prozent. Besonders schwach entwickelte sich der größte Einzelmarkt China, dort brach der Absatz um ein Drittel ein. Darum tauscht der Autobauer im Herbst seinen China-Chef aus.
Der rückläufige Absatz drückt auch auf das Ergebnis. Von Januar bis Juni ging der Umsatz um knapp fünf Prozent auf 19,5 Milliarden Euro zurück. Im ersten Halbjahr sei ein operatives Ergebnis von 3,1 Milliarden Euro erzielt worden und damit ungefähr ein Fünftel weniger als vor Jahresfrist.
Probleme bei Porsche: Modellausläufe kosten Stuttgarter Autobauer viel Geld
Finanzchef Lutz Meschke sagte, Porsche sei finanziell robust aufgestellt, die Absatzstruktur sei ausbalanciert. „Dadurch sind wir in der Lage, Schwankungen in einzelnen Märkten weitgehend abzufangen.“ Porsche hat in den vergangenen Monaten überarbeitete Versionen der Modelle Panamera, Taycan und 911 auf den Markt gebracht, dazu kommt der elektrische Macan. Das treibt die Kosten für Entwicklung und Vertrieb in die Höhe.
Zum Problem wird in der Tat immer mehr eine für Porsche eher ungewöhnliche Konstellation. Denn 2024 erneuert der Autobauer gleich vier Baureihen. Alte Modelle gehen aus dem Markt, neue kommen rein. Das geht bei keinem Hersteller geräuschlos. In der Übergangszeit könne es gut sein, dass zu wenig Porsche-Modelle verfügbar sind. „Wir werden um jedes Auto kämpfen“, gibt sich Porsche-Chef Oliver Blume kämpferisch.
Elektroauto-Strategie von Porsche: Autobauer ändert eigenes Ziel zur Elektromobilität
Intern wird derzeit Kritik laut, dass der immens wichtige Macan in Europa nur noch als Elektro-Version angeboten wird, in Übersee hingegen auch als Verbrenner. „Das wird uns in Europa einiges an Volumen kosten“, sagt ein Manager aus dem Vertrieb gegenüber unserer Zeitung. Offizielle Zahlen zum Bestelleingang für den Elektro-Macan nennt der Autobauer nicht. Der Macan ist seit mehr als zehn Jahren das meistverkaufte Modell der Marke.
Wie die meisten anderen Hersteller kämpft auch Porsche damit, dass die Elektromobilität nicht so schnell an Fahrt aufnimmt wie zunächst erwartet. Ursprünglich war das Ziel, bis 2030 mehr als 80 Prozent der Fahrzeuge als vollelektrische Modelle auszuliefern. Inzwischen nutzt man dafür in Zuffenhausen den Konjunktiv. „Unsere Produktstrategie ist so ausgerichtet, dass wir in 2030 mehr als 80 Prozent unserer Neufahrzeuge ausliefern könnten“, heißt es aus dem Unternehmen.
Porsche rudert bei Elektro-Strategie zurück
Die Anpassung der Strategie ist eine Reaktion auf den langsameren Hochlauf der Elektromobilität. „Der Wechsel zum E-Auto dauert länger, als wir das vor fünf Jahren unterstellt haben“, erklärt Porsche. Ein Beispiel dafür ist die verlängerte Produktionsdauer der aktuellen Generation des großen SUVs Cayenne als Verbrenner und Hybrid. Parallel arbeitet man in Zuffenhausen an der vollelektrischen Nachfolgegeneration, aber eben ohne den Verbrenner schon abzuschaffen.

Zu allen Problemen kommt nun noch eines bei einem Lieferanten hinzu. Wie Porsche mitgeteilt hat, hat die Überschwemmung einer Produktionsstätte eines wichtigen europäischen Zulieferers zu erheblichen Engpässen bei speziellen Aluminiumlegierungen geführt. Porsche rechne daher mit Produktionsbeeinträchtigungen über mehrere Wochen, die zum Stillstand einzelner oder mehrerer Baureihen führen können, hieß es in der Pflichtmitteilung weiter.
Mögliche Produktionsprobleme und Lieferverzögerungen: Porsche leitet Maßnahmen ein
Trotz eingeleiteter Gegenmaßnahmen geht das Stuttgarter Unternehmen davon aus, dass die Produktions- und Lieferverzögerungen im laufenden Geschäftsjahr nicht vollständig kompensiert werden können. Angesichts der drohenden Stillstände in der Produktion musste der Autobauer seine Ziele für das Gesamtjahr anpassen. Die operative Umsatzrendite werde nun zwischen 14 und 15 Prozent erwartet, statt der zuvor prognostizierten 15 bis 17 Prozent. Der Umsatz soll zwischen 39 und 40 Milliarden Euro liegen, anstatt der bisher anvisierten 40 bis 42 Milliarden Euro.
Kopfschmerzen bereitet den Verantwortlichen in der Konzernzentrale in Wolfsburg aber nicht nur Porsche, sondern auch Audi. Die Marke mit den vier Ringen steckt ebenfalls in einem Übergangsjahr, weil viele Modelle wie der Q6 E-Tron oder der A5 aus Neckarsulm nach und nach hochlaufen. Weitere Modelle wie der A7 und der Q5 folgen erst im Herbst. Die Neuheiten werden sich daher wohl erst im nächsten Jahr beim Absatz bemerkbar machen. Der ist bei Audi im ersten Halbjahr um 8,2 Prozent auf 833.000 Fahrzeuge gesunken. Ihre Finanzzahlen geben die Ingolstädter am Donnerstag bekannt. Umsatz und Gewinn dürften ebenfalls deutlich zurückgegangen sein.


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