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Werkzeugbauer Schweikert übernimmt Prototools-Standort in Neuenstadt

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Gaukel und Prototools kämpften seit Jahren ums Überleben. Jetzt gehen Halle und Maschinen an den Werkzeugbauer Schweikert. Nicht für jeden Mitarbeiter geht es nach der Übernahme weiter.

Aus dem Werkzeugbauer Gaukel in Neuenstadt ging vor elf Jahren Prototools hervor. Jetzt wird sich das Logo an der Halle wieder ändern.
Aus dem Werkzeugbauer Gaukel in Neuenstadt ging vor elf Jahren Prototools hervor. Jetzt wird sich das Logo an der Halle wieder ändern.  Foto: Gleichauf, Christian

Für die rund 30 Mitarbeiter der Prototools GmbH in Neuenstadt war der vergangene Dienstag ein Tiefpunkt. Der Hersteller von Werkzeugen für die großen hydraulischen Pressen, von denen zwei auch in der eigenen Halle stehen, wird den Betrieb zum 31. Juni einstellen. Die Hallen und Maschinen gehen an den Lehrensteinsfelder Werkzeugbauer Schweikert. Der möchte zumindest einige der Prototools-Mitarbeiter einstellen – immerhin ein Hoffnungsschimmer.

Schweikert: Komplette Übernahme von Prototools-Mitarbeitern nicht möglich

"Die Enttäuschung war groß, das war zu spüren", erzählt Geschäftsführer Timo Schweikert. Aber manches Gesicht habe sich dann nach und nach wieder aufgehellt. "Maximal fünf bis zehn Leute können wir noch beschäftigen. Die Mitarbeiter müssen sich deshalb auch bewerben", sagt sein Bruder und Prokurist Mike Schweikert. Vor allem die jüngeren Prototools-Mitarbeiter werden hier wohl gute Chancen haben. Eine Übernahme des kompletten Betriebs sei allerdings nicht möglich gewesen.

Verstärken möchte sich Schweikert mit der Halle und den Maschinen. Damit werden auch die eigenen Aktivitäten neu sortiert. Denn der bisherige Lager-Standort Willsbach könne so aufgegeben und nach Neuenstadt verlegt werden. Auch die Härterei mit ihren zwei Maschinen, bisher in den Böllinger Höfen in Heilbronn, passt gut nach Neuenstadt.

"Wir haben in Heilbronn nur einen Zehn-Tonnen-Kran, in Neuenstadt sind es 32 Tonnen, das gibt uns neue Möglichkeiten", sagt Mike Schweikert. Die zwei mächtigen Pressen, die in der Halle stehen, können die Bleche mit 1600 Tonnen umformen - "so große haben wir bisher nicht", so der 29-Jährige.

Übernahme des Standorts in Neuenstadt: Prototools äußert sich nicht

Dass Schweikert das Risiko in der derzeit doch recht unsicheren Lage eingeht, hat auch mit ihrem größten Kunden zu tun: Mit Porsche wuchs in den vergangenen Jahren auch Schweikert. Doch zuletzt waren die Warnsignale aus der Automobilindustrie nicht mehr zu überhören.

Inwieweit das auch eine Rolle bei Prototools spielte, das Geschäft aufzugeben, darüber möchten die Schweikert-Brüder nicht spekulieren. Prototools-Geschäftsführer Diedrich Diedrichsen äußerte sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht. Viele der betroffenen Mitarbeiter sind schon 30 Jahre und mehr in Neuenstadt beschäftigt. Sie mussten in den vergangenen Jahren einiges mitmachen.

Insolvenz folgt auf Insolvenz

Prototools war 2013 aus dem insolventen Automobilzulieferer Gaukel hervorgegangen. Damals konnten 30 von 50 Arbeitsplätzen erhalten werden, Daimler war Großkunde. Der Kleinserien- und Prototypen-Spezialist kam 2017 jedoch wieder in Schieflage.

Die Investorengruppe KDW aus dem niedersächsischen Bad Essen übernahm Prototools aus der Insolvenz, rettete mehr als 40 Arbeitsplätze. Jetzt ist der Betrieb doch am Ende.

Timo (links) und Mike Schweikert vor einer großen 1600-Tonnen-Presse: Das Familienunternehmen Schweikert übernimmt Standort und Maschinen von Prototools.
Timo (links) und Mike Schweikert vor einer großen 1600-Tonnen-Presse: Das Familienunternehmen Schweikert übernimmt Standort und Maschinen von Prototools.  Foto: Gleichauf, Christian

Einen mittleren einstelligen Millionenbetrag setzt Schweikert, um Hallen und Maschinen zu übernehmen. Genaue Zahlen möchte das Unternehmen nicht nennen. "Wir haben derzeit sogar etwas zu viel Fläche in Neuenstadt und werden versuchen, einen Hallenteil und die Büros zu vermieten", sagt Timo Schweikert. Im Idealfall finde man einen Mieter, mit dem es Synergieeffekte gebe.

Als Automobilzulieferer steht auch Schweikert vor größeren Veränderungen

Insgesamt befindet sich auch Schweikert – wie viele Automobilzulieferer – in der Transformation. Zum Glück sei die Karosserie vom Wechsel der Antriebstechnik nicht stark betroffen. "Aber wir sind trotzdem dabei, uns wegzudenken vom Automobil", sagt Mike Schweikert. Sein Bruder bleibt dennoch vorsichtig: "Das geht aber nicht von heute auf morgen."


Das ist der Werkzeugbauer Schweikert

Schweikert ist im Raum Heilbronn der letzte größere Hersteller von Werkzeugen. Werkzeuge, das sind in diesem Fall oft zig Tonnen schwere Formen, die mit hydraulischen Pressen beispielsweise Bleche in die gewünschte Form bringen. Häufig werden Karosserieteile für die Automobilindustrie gefertigt. Die Schweikert-Gruppe beschäftigt insgesamt 230 Mitarbeiter, derzeit gleichmäßig aufgeteilt auf die Standorte Lehrensteinsfeld und Heilbronn.

Das Unternehmen machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 60 Millionen Euro. "In diesem Jahr wird es voraussichtlich nicht viel mehr werden", sagt Timo Schweikert, der das Unternehmen seit fünf Jahren gemeinsam mit seinem Vater Rainer Schweikert führt. Die Marge liege bei rund fünf bis sechs Prozent, erzählt Timo Schweikert. Eine gute Marge sei wichtig angesichts der großen Investitionen, die bei diesem Geschäft regelmäßig anstünden, betont der 32-Jährige.

 
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