Neben Kaufland ist auch die DHBW Heilbronn Gegenstand der Wallraff-Recherche geworden. Ein unkenntlich gemachtes Mitglied des Professorenteams erhob in der Sendung den Vorwurf, Studenten von Kaufland würden bei der Notenvergabe bevorzugt und besser benotet, weil es sonst Ärger mit der Schwarz-Stiftung gebe, die einen Großteil der Gebäude und viele Hochschul-Ansiedlungen finanziert hat. DHBW-Rektorin Nicole Graf wies die Vorwürfe zurück: Die Professoren in Heilbronn distanzierten sich von den Vorwürfen. Einer bezeichnete sie als „völligen Blödsinn“.
Kaufland reagiert nach Wallraff-Recherche – Branchenkenner spricht von „Super-Gau“
Nach der Wallraff-Recherche über Hygienemängel reagiert Kaufland mit einer 500-Millionen-Euro-Investition und Schließungen. Ein Branchenkenner spricht von einem „Super-Gau“ für den Konzern und nennt mögliche Ursachen für die Missstände.
Nach den Berichten über Hygienemängel und verschimmelte Ware in mehreren Kaufland-Filialen in Deutschland zieht die Großflächensparte der Schwarz-Gruppe die Notbremse: Kaufland schließt nicht nur vorübergehend die beiden Filialen in Homburg und Bad Tölz, in denen Reporterinnen von Stern und RTL verdeckt arbeiteten und Missstände wie Mäusebefall oder Umetikettieren verdorbener Ware dokumentierten.
Nach Wallfraff-Recherche: Kaufland tauscht veraltete Kühlgeräte aus
Für alle etwa 770 deutschen Kaufland-Standorte sei eine zusätzliche Grundreinigung angeordnet worden, teilte ein Sprecher mit. Außerdem investiere Kaufland dieses Jahr eine halbe Milliarde Euro in den Austausch veralteter Kühlgeräte.
„Ganz viele Dinge werden sich durch diese Maßnahmen erledigen“, verspricht der Sprecher. In Homburg solle die von Mäusen befallene Filiale bis Herbst geschlossen und grundsaniert werden. „Dann wird sich der Schädlingsbefall gelöst haben.“ Kaufland habe auch die anderen von den Reportern aufgesuchten Filialen auf die benannten Missstände überprüft und diese zum größten Teil bereits behoben. „Und wir gehen jetzt in jede einzelne Filiale.“
Wallraff-Recherche über Hygienemängel: Konsequenzen im Kaufland-Management?
Inwiefern die Vorfälle persönliche Konsequenzen im Kaufland-Management haben, könne noch nicht gesagt werden, hieß es. Bislang wurden die Hausleiter von Homburg und Bad Tölz sowie der Geschäftsführer der Region, zu der die Filiale Bad Tölz gehört, abgelöst.
„Es ist uns wichtig, das Zeichen zu setzen, dass die Führungskraft die Verantwortung hat. Wir haben jetzt Leute am Start, die verstehen, worum es geht“, verspricht der Sprecher. „Zum Teil ist das einfach auch ein Führungsthema.“
Trotz Wallraff-Recherche: Kaufland-Betrieb läuft am Freitag normal weiter
Auf den Betrieb in den Kaufland-Filialen hatten die Berichte vom Donnerstag offenbar keinen großen Einfluss. Es gebe keine ungewöhnlichen Ausschläge bei Frequenz und Umsatz, sagte der Sprecher. Das zeigte sich auch bei Besuchen der Stimme-Redaktion in mehreren Filialen in der Region, die wie an einem normalen Freitag besucht waren.
Unterdessen wurde nicht nur die Filiale Homburg geschlossen, auch jene in Bad Tölz ist für eine Woche dicht. Die Mitarbeiter seien bezahlt freigestellt, wird betont. Kaufland nehme die Vorwürfe ernst, heißt es. „Wenn der Kunde kommt, müssen die Kühlmöbel einwandfrei funktionieren“, sagt Jochen Kratz, Deutschland-Vorstand von Kaufland. „Die Kunden erwarten zu Recht Frische und Qualität.“
Branchenkenner über Missstände: Starkes Wachstum von Kaufland mögliche Ursache
Ein Branchenkenner sieht eine der wesentlichen Ursachen für die Missstände in dem starken Wachstum Kauflands in den vergangenen Jahren. Vor allem die Übernahme von mehr als 100 Real-Filialen seit 2021 habe Kraft gekostet. Kaufland habe aber zugreifen müssen – „solch eine Chance gibt es nur einmal“.
Jedoch seien viele der übernommenen Standorte in einem maroden Zustand, oft seien noch alte Kühlgeräte in Betrieb. Allerdings handelt es sich nur bei einem Drittel der 48 von den Reportern beanstandeten Filialen um ehemalige Real-Standorte.
Kritik an Wallraff-Recherche: Nicht nur Kaufland in den Fokus nehmen
Branchenkenner kritisieren unterdessen die Fokussierung der Wallraff-Recherche auf Kaufland. In nahezu allen Handelsketten sehe es in einigen Filialen vor allem gegen Dienstschluss nicht mehr sauber aus. Und auch in anderen Unternehmen herrsche Kostendruck und werde bei der Reinigung gespart.
Dennoch sei die Entwicklung offensichtlich dem Kaufland-Management aus der Hand geglitten, so ein Kenner der Szene. „Dass eine Schadensmeldung acht Wochen ignoriert wird, ist ein Verhaltensfehler. Für Kaufland ist das alles der Super-Gau.“