Klage gegen Lidl wegen Rabattaktion: Handelsexperten überrascht der Zeitpunkt
Die Ankündigung des Discounters Lidl, 500 Artikel im Preis zu senken, hat für Diskussionen gesorgt. Die Verbraucherzentrale Hamburg klagt nun gegen die Kampagne – zwei Monate später. Experten grübeln über den Zeitpunkt.
Die Klage der Verbraucherzentrale Hamburg gegen den Discounter Lidl wegen seiner umstrittenen Rabattaktion überrascht Handelsexperten inhaltlich nicht. Der Zeitpunkt dagegen schon. „Die Aktion ist schon eine Weile her“, sagt Carsten Kortum, Studiengangsleiter BWL-Handel an der DHBW Heilbronn. Der Discounter hatte bereits Ende Mai angekündigt, mehr als 500 Einzelartikel im Sortiment dauerhaft im Preis zu senken.
Inzwischen ist Ende Juli – der Handelsexperte Kortum fragt sich, was die Verbraucherzentrale mit der Klage jetzt noch erreichen will. „Der große Schwung in der Kommunikation ist durch, die Wettbewerber haben nachgezogen“, sagt er mit Blick auf die inzwischen erfolgten Preisanpassungen der anderen Handelsketten. Trotz der Diskussion, die infolge der Bekanntgabe der Rabattaktion entstand, war die Sache für Kortum „jetzt eigentlich vom Tisch“.
Lidl-Werbung irreführend? Heilbronner Professor hat nur etwa 300 reduzierte Artikel gefunden
Zu den Kritikern der Werbekampagne gehört auch Handelsexperte Stephan Rüschen. Der Professor der Dualen Hochschule Heilbronn nennt die Lidl-Werbung „unglücklich“. Er hatte in einer Filiale in Düsseldorf nachgezählt – und war dabei auf etwa 300 reduzierte Artikel gekommen. Der Spareffekt sei deutlich geringer als Verbraucher annahmen, wenn sie die Werbebotschaft hören, sagte Rüschen.
Lidl konterte die Vorwürfe und erklärte, die Zahl 500 beziehe sich auf die Anzahl der in Deutschland reduzierten Einzelartikel. Die Aktion umfasse sowohl bundesweite als auch regionale Preisanpassungen. Dass diese Angaben aber lediglich in einer Fußnote zu finden sei, monieren die Verbraucherschützer. Und auch Rüschen sagt: „Wenn ich die Botschaft nur verstehe, wenn ich im Kleingedruckten lese, ist das nicht transparent.“
Lidl-Konkurrent Aldi hatte reduzierte Artikel auf der Homepage aufgelistet
Besser wäre gewesen, der Discounter mit Sitz in Bad Wimpfen (Landkreis Heilbronn) hätte alle reduzierten Produkte in einer Liste veröffentlicht. „Aldi hat das beispielsweise gemacht“, sagt Rüschens Kollege Carsten Kortum. Der Lidl-Konkurrent habe insgesamt 100 Artikel reduziert und diese auf seiner Homepage inklusive des entsprechenden Rabatts aufgelistet. Eine derartige Liste suche man bei Lidl bisher jedoch vergeblich.
Den Hinweis des Lebensmittelhändlers auf regionale Preisanpassungen kann Kortum aber nachvollziehen. „Das Lidl-Sortiment ist inzwischen sehr regional ausgeprägt“, sagt er. Der Studiengangsleiter geht auch davon aus, dass der Discounter die versprochenen 500 reduzierten Artikel offenlegen kann. „Ich gehe davon aus, dass diese Zahl stimmt“, sagt Carsten Kortum.
Handelsexperte: Urteil könnte Klarheit für die Zukunft bringen
Insofern hätte die Klage vielleicht zur Folge, dass Lidl „bei der nächsten Kampagne von Anfang an transparenter ist“. Auch Rüschen sieht den Vorteil darin, dass mit einem Gerichtsurteil Klarheit darüber besteht, „was in Zukunft gemacht werden darf – und was nicht“.