Bosch-Werk in Waiblingen vor dem Aus: Hunderte beteiligen sich an Protest-Marsch
Rund 1000 Teilnehmer schließen sich einem Demozug durch Waiblingen an. Bei einer anschließenden Kundgebung vor dem Werkstor finden die Redner klare Worte für die Konzernchefs von Bosch.
Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns das Bosch-Werk klaut“, „Schließung stoppen, Zukunft sichern“ oder „Unsere Zukunft, unsere Arbeit“, diese und weitere Parolen waren am Montag in Waiblingen zu hören. Angestimmt wurden die Sprechchöre von Bosch-Mitarbeitern, Angehörigen und sich solidarisierenden Menschen bei einer großen Demonstration durch die Stadt zum Werkstor von Bosch am Standort an der alten Bundesstraße.
Das Werk steht vor dem Aus. Bosch will die Produktion für Verbindungstechnik an dem Standort bis Ende 2028 komplett einstellen. Betroffen sind davon rund 560 Jobs in Waiblingen.
Demo bei Bosch in Waiblingen: Große Solidarität trotz anhaltenden Regens
Dem rund 1,7 Kilometer langen Demozug, dessen Geräuschkulisse neben den Sprechchören von Trillerpfeifen, Tröten und dem Lufthorn des vorausfahrenden Unimogs beherrscht wurde, hatten sich laut Auskunft des zuständigen Polizeipräsidiums Aalen schätzungsweise 1000 Menschen angeschlossen.
Trotz anhaltenden Regens waren Mitarbeiter von anderen Bosch-Standorten wie Feuerbach, Schwieberdingen, Leonberg, Nürnberg oder Hildesheim, aber auch Kollegen von Mercedes, zum Beispiel aus Sindelfingen, mit Bussen in den Rems-Murr-Kreis gereist, um sich dem Zug durch Waiblingen anzuschließen.
Kundgebung gegen Bosch-Pläne in Waiblingen: Auch Mitarbeiter aus Abstatt vor Ort
Auch ein Banner des Betriebsrats von Bosch in Abstatt war im Demonstrationszug wiederzufinden. Die Bosch-Mitarbeiter vom Standort im Landkreis Heilbronn sind angereist, um sich zu solidarisieren.
Die ganze Stadt war von dem Kampfgeist eingenommen. Von einem Wohnblock auf der Demostrecke wurde ein Banner mit der Aufschrift „Wer braucht schon Kapitalisten?“ aufgehängt. Ein Graffiti an einer Kreuzung, an der der Demozug vorbeiführte, ruft auf: „Klassenkampf – Hilft gegen Werksschließung!“
Betriebsratsmitglied Holger Mindt sagte vor Ort gegenüber der Stimme: „Wir sind hier aus Abstatt hergekommen, um für den Erhalt der Arbeitsplätze auch in Waiblingen zu demonstrieren. Wir lassen uns das nicht bieten, dass immer mehr Deindustrialisierung vorangetrieben wird. Das muss jetzt endlich aufhören und hier haben wir den Grundstein gelegt für das Ganze. Und wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“, so Mindt.
Bosch-Mitarbeiter in Waiblingen wehren sich gegen drohendes Werks-Aus
Bei der Kundgebung danach waren laut Polizeiangaben etwa 1200 Menschen vor Ort. Aufgerufen zur Demonstration hatte die Gewerkschaft IG Metall. Deren Geschäftsführerin für Ludwigsburg und Waiblingen, Susanne Thomas, sprach vor dem Werkstor zu den Demonstrationsteilnehmern: „Es geht um die Zukunft in Baden-Württemberg, es geht darum, dass wir rund um die großen Städte nicht zum nächsten Detroit werden.“
Mit ohrenbetäubendem Jubel wurde ihr recht gegeben. „Ich fordere, dass Bosch Verantwortung übernimmt, für diese Region, für die Bosch-Beschäftigen und für die Zukunft hier im Ländle“, führte Susanne Thomas weiter aus.
Bosch-Betriebsrat mit Versprechen bei Kundgebung in Waiblingen
Der Betriebsratsvorsitzende bei Bosch in Waiblingen, Stefano Mazzei, sagte: „Egal was wir vorschlagen, sie sagen ,nein’. Die gehen da nicht mit. Die wollen das Ding zumachen“. Er versprach, wenn es darauf ankomme, rund um die Uhr nach Draußen zu gehen und „den Laden dichtzumachen“.
Auch Waiblingens Oberbürgermeister Sebastian Wolf solidarisierte sich in einem Redebeitrag mit den Boschlern: „Ich kenne Waiblingen nur mit Bosch“, sagte er.
Die Redner machten deutlich, dass das Standort-Aus in Waiblingen nur eine Ausprägung des größeren Problems ist – der Strategie des Bosch-Konzerns. In Stuttgart-Feuerbach steht der Abbau von 3500 Jobs bis 2030 an, bei der Bosch-Tochter BSH soll der Produktionsstandort von Neff in Bretten geschlossen werden.
Mögliche Werksschließung bei Bosch in Waiblingen: Mitarbeiter machen Ärger Luft
Gegen die Pläne von Bosch machten sich die Menschen vor Ort Luft: „Unsere Jobs sind wichtiger als eure Profite“, steht auf einem Demo-Schild, „Bosch Family is over“ auf einem anderen.
Mit zur Demo aufgerufen hatten auch ehemalige Betriebsräte des Standorts. Sie schrieben schon Anfang des Monats in einem offenen Brief: „Was hier geschieht, ist ein Schlag ins Gesicht aller, die über Jahrzehnte mit Herzblut, Schweiß und Verstand das Werk aufgebaut haben.“
Von der Teilnehmermenge zeigten sich die Betroffenen vor Ort beeindruckt. Betriebsratsmitglied Peter Müller sagte „Niemand von uns Bosch-Kolleginnen und -Kollegen aus Waiblingen hätte mit dieser riesigen Solidarität gerechnet, die ihr uns heute entgegenbringt.“
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