Audi lässt weit in die Zukunft blicken: Erste Ausfahrt mit neuem Sportwagen aus Heilbronn
Noch ist der Audi Concept C eine Studie. Aber schon in knapp zwei Jahren soll der Elektro-Sportwagen in Serie gehen. Wir durften mit dem millionenteuren Einzelstück ein paar Testrunden drehen.
Wolkenverhangen ist der Himmel an diesem kalten Morgen in Neuburg an der Donau, unweit von Ingolstadt. Auf der anderen Seite der Teststrecke entwickeln und testen Ingenieure im Verborgenen gerade unter Hochdruck die Antriebseinheit für den Einstieg von Audi in die Formel 1 im nächsten Jahr. Neben dem kleineren, öffentlich zugängigen Gebäude steht ein Wagen, der die Zukunft von Audi abseits der Rennstrecke einläutet.
Noch ist der Concept C eine Studie, aber schon 2027 soll der Elektro-Sportwagen in Serie gehen. Gebaut wird er dann am Standort Böllinger Höfe in Heilbronn. Das Highlight des Zweisitzers ist aus der Sicht von Audi-CEO Gernot Döllner das Gesamtkonzept: „Das kann so nur von Audi kommen.“
Audi Concept C: Die Optik der Studie entspricht zu 90 Prozent dem Serienmodell
Immer wieder blinzelt die Sonne durch die dichten Wolken und lässt die Konturen 4,52 Meter langen, aber nur 1,29 Meter hohen Zweisitzers besser zur Geltung kommen. Der Concept C zeigt, wie sich Audi die künftige Formensprache vorstellt. „In einer Welt, in der teilweise vieles schriller und extremer wird, setzen wir auf radikale Einfachheit“, sagt Designer Wolf Seebers.

Der Concept C komme mit wenigen Linien und teils großen Flächen aus, erklärt Seebers. „Man muss nicht laut sein, um gehört zu werden. Man braucht keine Übertreibung, um Eindruck zu machen“, so der Designer. „Man braucht Klarheit.“ Das sei der Kern der neuen Designphilosophie. Zentrales Element aller neuen Modelle wird der sogenannte Vertical Frame sein, ein vertikal ausgerichteter Rahmen in der Fahrzeugmitte, der „zur Bühne für die vier Ringe wird“.
Die Front sei selbstbewusst, so Seebers, die Schulterpartie und die großen, herausgezogenen Radkästen, in denen 21-Zöller montiert sind, würden dem Wagen Kraft verleihen. Dazu jeweils vier schmale Lichtelemente auf jeder Seite vorne und hinten. „Mehr Reduktion geht nicht, das Auto wirkt aus jedem Blickwinkel“, so der Designer. Wie nah die Studie an der Serie ist? „Um die 90 Prozent werden wir so 2027 auf der Straße sehen“, erklärt Seebers.
Audi Concept C: Prototyp mit Straßenzulassung und Heckantrieb
Bevor es auf die Teststrecke geht, gibt es eine Einweisung und eine Unterschrift auf einer kurzen Liste. Ganz oben steht, wie soll es anders sein: Gernot Döllner. Der Audi-Chef hat den Concept C Mitte Oktober auf der Audi-Teststrecke in Neustadt an der Donau bewegt. Der Autor der Heilbronner Stimme ist erst der Sechste, der unterschreibt, um das millionenteure Einzelstück auf ein paar erste Testrunden auszuführen.
„Das Auto hat sogar eine Straßenzulassung“, erzählt Christoph Zitzelsberger aus dem Prototypen-Team von Audi. Und nach den ersten paar Kilometern spürt man hinter dem Lenkrad: Der Zweisitzer fühlt sich nicht nur leicht an, er ist es auch. Dank Aluminiumkarosserie und Karbonteilen bringt er nur 1690 Kilogramm auf die Waage. Der Prototyp fährt mit Heckantrieb. Die Batterie sitzt direkt hinter dem Fahrer und vor der Hinterachse – wie der Motor bei einem Mittelmotor-Sportwagen. Das senkt den Schwerpunkt und verspricht Agilität.
Die lässt sich auf dem kurvenreichen Testgelände in Neuburg an der Donau erleben, wenngleich man hinter dem Lenkrad des Einzelstücks behutsam um den Kurs gleitet. Auf der langen Geraden ermutigt Zitzelsberger, der als Beifahrer dabei ist, mal zum richtig Gas- beziehungsweise Stromgeben. Rechtes Pedal volldurchdrücken, der Concept C beschleunigt vehement nach vorn auf 120 km/h. Mehr geht bei dem Showcar noch nicht. Soll auch nicht sein, denn das Unikat ist vornehmlich zum Anschauen im Stabd gedacht. Unterdessen werden schon die ersten Prototypen für die Erprobung der Serienmodelle aufgebaut. Viel Zeit bleibt nicht bis zum Serienstart 2027.

Einzelstück wurde in nur vier Monaten in Handarbeit aufgebaut
Apropos Zeit: Nur vier Monate hatten Christoph Zitzelsberger und seine Kollegen, um den Concept C aufzubauen bis zur Weltpremiere Anfang September. „Das war eines der ambitioniertesten Projekte, an dem ich bislang beteiligt war“, erzählt Zitzelsberger, ein Mann mit viel Erfahrung in Sachen Showcars. „Für so ein Auto gibt es nichts, alles sind Einzelanfertigungen.“ Für den Zweisitzer habe man fast alles direkt im Unternehmen entwickelt, berechnet und aufgebaut, standortübergreifend in Ingolstadt und in Neckarsulm.
Eine besondere Herausforderung für das Team sei das Verdeck gewesen, eine komplette Neuentwicklung, so Zitzelsberger. Bisher hatten Cabrios und Roadster von Audi immer ein Stoffverdeck, nun also erstmals ein elektrisches Hardtop, das sich in nur 15 Sekunden hinter den Sitzen zusammenfaltet. „Ich wollte, dass wir mit diesem Auto zeigen, was wir können“, sagt Audi-Boss Döllner.
Zur Technik im Audi Concept C schweigt man bislang eisern im Unternehmen
Zum Serienmodell und der Technik hält man sich bei Audi bedeckt. Ein offenes Geheimnis ist indes, dass sich der noch namenlose Wagen (intern: C-Sport) die Plattform mit dem künftigen Porsche 718 teilt. Als wahrscheinlich gilt, dass Audi den Elektro-Sportwagen in verschiedenen Leistungsstufen anbieten wird. Grundstruktur ist wohl eine weiterentwickelte Version der Premium Platform Electric (PPE), die bei Audi zum Beispiel beim Q6 E-Tron zum Einsatz kommt.

Über Preise lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nur spekulieren, sie dürften aber deutlich jenseits der 100.000 Euro starten. Die Mannschaft in den Böllinger Höfe in Heilbronn wartet jedenfalls sehnsüchtig auf das Auto, nachdem vor mehr als einem Jahr die Produktion des R8 eingestellt wurde.
Innenraum mit edlen Materialien, die wieder Standard werden sollen
Nach einigen Runden auf der Teststrecke zurück am Ausgangspunkt. Der Blick schweift über das Cockpit und bleibt am Lenkrad hängen. Natürlich auch ein Einzelstück, „aus Dutzenden Teilen“, wie Zitzelsberger erzählt. Ob Fensterheber oder andere Schalter - alles wirkt edel und fühlt sich auch so an, weil alles aus echtem Aluminium gefertigt ist. Alles nur Show im Showcar? „Nein“, sagt Audi-Chef Döllner. „Das Interieur des Concept C zeigt, wo wir mit Audi wieder hinwollen.“
Audi habe Maßstäbe gesetzt, was Qualität und die Anmutung des Innenraums angehe, so der 56-Jährige. „Wir sind immer noch sehr gut. Aber wir wollen wieder Benchmark sein“, betont Döllner. Auch in diesem Punkt weist der Concept C also den Weg in die Zukunft. Designer Seebers und Showcar-Spezialist Zitzelsberger haben ihren Job gemacht. Nun sind die Entwickler dran, um den Wagen vom handgefertigten Einzelstück zur Serienreife zu bringen. Wenn Audis Zukunft 2027 startet.
Audi Concept C von 20. bis 22. November im Audi-Forum Neckarsulm zu sehen
An diesem Dienstag (18. November) sehen die Audi-Beschäftigten in Neckarsulm die Studie Concept C erstmals aus der Nähe. Der Wagen dreht im Werk einige Demorunden. Auf dem Beifahrersitz sind auch zwei Leser der Heilbronner Stimme dabei: Gerd Bär aus Löwenstein und Günter Hirsch haben die Mitfahrt bei einer Verlosung gewonnen. Mehr zu der Aktion im Audi-Werk Neckarsulm gibt es am Donnerstag, 20. November, ab 12 in der Videokolumne 360 Grad von Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer zu sehen.
Vom 20. bis zum 22. November ist das Konzeptfahrzeug im Audi-Forum Neckarsulm zu sehen. Zum ersten Mal seit seiner Vorstellung auf der Messe IAA Mobility in München im September ist der Concept C damit für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Audi-Forum ist an diesen Tagen von 8 bis 16 Uhr, am Samstag von 8 bis 13 Uhr geöffnet.


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