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Audi-Chef Döllner: „Neckarsulm ist einer unserer Schlüssel-Standorte“

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Gernot Döllner ist seit zwei Jahren CEO von Audi. Im Interview spricht der 56-Jährige über die Autoproduktion in der Region, den künftigen Sportwagen für Heilbronn, Elektromobilität und die Wachstumsmärkte China und die USA. 


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Herr Döllner, Sie sind jetzt genau zwei Jahre Vorstandsvorsitzender von Audi. Sie sind angetreten, um Audi zu reformieren und wieder erfolgreicher zu machen. Wie weit sind Sie auf diesem Weg?

Döllner: Wir haben als Audi-Team einiges zusammen erreicht. An erster Stelle unsere Modelloffensive. Wir haben seit Frühjahr 2024 sehr viele neue Modelle an den Start gebracht. Ich bin stolz auf das gesamte Team. Wir werden bis Ende des Jahres das jüngste Modellportfolio im direkten Wettbewerb haben. Das war und ist immer noch ein Kraftakt für alle bei Audi. Aber wir müssen uns als Unternehmen weiter verändern, daran führt kein Weg vorbei. Wir können die Autos von morgen nicht in den Strukturen von gestern entwickeln. Wie wir das Design unserer Fahrzeuge gestalten, so werden wir auch unser Unternehmen gestalten – mit dem Fokus aufs Wesentliche. Klarheit ist eine Haltung und der Kompass, der Audi durch diese nicht gerade einfache Zeit führt. Das verkörpert der Concept C eindrucksvoll, wie ich finde.

 

Das Serienmodell ist zwar noch zwei Jahre weg, aber die Sportwagenstudie ist also ein ganz besonderes Auto für Sie?

Döllner: Definitiv. Die Weltpremiere des Concept C ist ein großer Meilenstein und für mich persönlich ein Moment des Aufbruchs. Wir zeigen damit unsere mutige neue Designsprache, die mit der Serienversion des Zweisitzers in ungefähr zwei Jahren zum ersten Mal auf der Straße zu sehen sein wird. Und für das Team in den Böllinger Höfen in Heilbronn und am gesamten Standort Neckarsulm ist es eine positive Nachricht, dass so ein emotionales E-Auto in Zukunft dort gefertigt wird.

Am künftigen Elektro-Sportwagen aus Heilbronn: Audi-Chef Gernot Döllner im Gespräch mit Alexander Schnell aus der Stimme-Chefredaktion.
Am künftigen Elektro-Sportwagen aus Heilbronn: Audi-Chef Gernot Döllner im Gespräch mit Alexander Schnell aus der Stimme-Chefredaktion.  Foto: Audi

Was ist Ihr persönliches Highlight beim Concept C?

Döllner: Ganz klar das Gesamtkonzept. Das kann so nur von Audi kommen. Das beeindruckt mich am meisten. So war es einst beim ersten TT. Das war revolutionär, das hat die Marke geprägt und verändert. Ich glaube, das erleben wir jetzt wieder.

 

Zuletzt gab es immer wieder mal Kritik an der Qualität Ihrer neuen Modelle. Im Innenraum der Studie Concept C ist viel echtes Aluminium verbaut, Schalter klacken hörbar, die Haptik ist so, wie man das von Audi aus den Modellen vor einigen Jahren gewohnt war. Ist das nun auch der Aufbruch zurück zur altbekannten Qualität?

Döllner: Audi hat Maßstäbe gesetzt, was Qualität und die Anmutung des Innenraums angeht. Wir sind immer noch sehr gut. Aber wir wollen wieder Benchmark sein. Und da ist der Concept C sicher ein guter Ausblick darauf, was die Kunden von künftigen Audi-Modellen erwarten dürfen.

Zur Person

Gernot Döllner studierte in Braunschweig Maschinenbau, Konstruktions- und Fahrzeugtechnik und kam 1993 zur Volkswagen AG. 1998 wechselte er zur Porsche AG. Von 2001 bis 2010 war Döllner beim Sportwagenbauer Abteilungsleiter Fahrzeugkonzepte und Package.

Von 2011 bis 2018 hatte der heute 56-Jährige die Leitung der Porsche-Baureihe Panamera inne. Von Mai 2021 an war er Leiter Konzernstrategie, Konzernstrategie Produkt und des Generalsekretariats der Volkswagen AG.

Seit 1. September 2023 ist Gernot Döllner Vorstandsvorsitzender der Audi AG und Mitglied des Konzernvorstands der Volkswagen AG. 

Audi-Chef Döllner: „Wir denken intensiv über einen Nachfolger des A8 nach“

Die Modelle A5 und A6 sind erfolgreich gestartet, das Werk in Neckarsulm ist aktuell gut ausgelastet. Welche zusätzlichen Modelle wollen Sie in den nächsten Jahren an den Standort bringen, damit die Beschäftigung auch mittel- und langfristig gesichert wird?

Döllner: Neckarsulm ist zusammen mit den Böllinger Höfen in Heilbronn einer unserer Schlüssel-Standorte. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was das Team bei den Anläufen von A5, A6 und der Produktaufwertung des E-Tron GT geleistet hat. Wenn dann noch die Serienversion des Concept C startet, ist der Standort erst einmal gut aufgestellt. Wir arbeiten systematisch daran, im Rahmen der nächsten Planungsrunden festzulegen, welche Fahrzeuge in Zukunft in Neckarsulm gefertigt werden. Dabei werden wir genau festschreiben, wie die Transformation des Standorts in Richtung Elektromobilität aussehen wird.

 

 Elektromobilität ist ein gutes Stichwort. Audis Flaggschiff, der Verbrenner-A8, biegt auf die Zielgerade ein und sollte eigentlich 2027 von zwei Elektromodellen abgelöst werden. Nun sieht es aber so aus, als ob sich der Zeitplan nach hinten verschiebt.

Döllner: Wenn wir auf die Märkte weltweit schauen, dann sehen wir, dass die Elektromobilität im D-Segment, also in der Oberklasse, in der der A8 positioniert ist, sich deutlich langsamer entwickelt, als man das noch vor einiger Zeit angenommen hat. Daher denken wir intensiv darüber nach, wann wir den Nachfolger des A8 bringen und welche Antriebstechnik die richtige ist. Wir wollen dazu noch im Herbst eine Entscheidung treffen.

 

 Wenn sich mögliche E-Autos für die Oberklasse nach hinten schieben, wäre es dann denkbar, den aktuellen A8 mit Verbrennungsmotoren länger laufen zu lassen?

Döllner: Der aktuelle A8 hat angesichts regulatorischer Rahmenbedingungen, insbesondere von Abgasnormen in den verschiedenen Märkten, ein klares Auslaufdatum. Daher arbeiten wir daran, neue attraktive Oberklasse-Modelle möglichst schnell an den Start zu bringen.

 

 Eine zweite Produktaufwertung ist also keine Option?

Döllner: Nein, definitiv nicht.

"Wir können die Autos von morgen nicht in den Strukturen von gestern entwickeln", sagt Audi-Chef Gernot Döllner (links).
"Wir können die Autos von morgen nicht in den Strukturen von gestern entwickeln", sagt Audi-Chef Gernot Döllner (links).  Foto: Audi

Audi-Chef Döllner: „Elektromobilität setzt sich perspektivisch weltweit durch“

Sie haben es schon erwähnt: Die Elektromobilität entwickelt sich langsamer als erwartet. Bleibt es aber in Ihren Augen dennoch der Antrieb der Zukunft?

Döllner: Ich bin fest davon überzeugt, dass Elektromobilität sich perspektivisch weltweit durchsetzt. Schauen Sie sich nur mal die Innovationsgeschwindigkeit im Bereich des Elektroautos an. Da bewegt sich in kurzer Zeit unglaublich viel. Wir sind mit dem Dreiklang aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, Plug-in-Hybriden und vollelektrischen Fahrzeugen gut aufgestellt und können flexibel auf die Anforderungen der Märkte reagieren. Diesen Dreiklang wird es noch mindestens zehn Jahre so geben.

 

 Elektroautos sind vor allem aufgrund der Batterien teurer als Verbrenner. Wann wird sich das ändern?

Döllner: Die Preise haben sich in den vergangenen Jahren bereits angenähert. Als Hersteller steht für uns eher die Marge im Fokus. Und in diesem Punkt sehen wir bis zum Ende des Jahrzehnts eine Parität zwischen Verbrenner und Elektroauto.


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Audi hat ambitionierte Wachstumspläne und trifft wichtige Entscheidungen


 

 Porsche hat unlängst die Fertigung von Batteriezellen bei seiner Tochter Cellforce gestoppt. Northvolt hat Insolvenz angemeldet, andere Projekte liegen ebenfalls auf Eis. Die Asiaten scheinen uns hier abgehängt zu haben. Wird es nicht gelingen, auch in Deutschland Batteriezellen erfolgreich zu fertigen?

Döllner: Der VW-Konzern zeigt aus meiner Sicht an den Standorten Salzgitter und Valencia, dass es durchaus möglich ist, eine Batteriezellfertigung in Europa aufzubauen. Das zweite Thema ist das Batteriesystem. Da haben wir uns bei Audi eine sehr hohe Kompetenz erarbeitet und eine entsprechende Fertigung in Ingolstadt aufgebaut.

 

 Wird eine ähnliche Fertigung auch bei uns in der Region aufgebaut? Die Böllinger Höfe waren ja hier immer wieder im Gespräch.

Döllner: Für unsere Standorte, wie auch Neckarsulm, prüfen wir aktuell verschiedene Szenarien. Im Zuge der Planungen für künftige vollelektrische Produkte müssen wir zeitnah eine Entscheidung treffen, ob wir die Batteriesysteme selbst herstellen oder sie zukaufen. Da spielt eine Rolle, wie viele Schwesterfahrzeuge es im Konzern gibt, von welchen Stückzahlen wir sprechen und wo im Konzern eventuell bereits Kapazitäten aufgebaut sind. Wenn sich zum Beispiel Audi und Porsche, wie bei der PPE, eine Plattform teilen, macht es auf jeden Fall Sinn, auf eine gemeinsame Lösung zu setzen.

Bleibt Deutschland Autoland? "Das steht für uns bei Audi außer Frage", sagt Audi-CEO Döllner. "Wir planen bis 2029 Investitionen von rund acht Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte."
Bleibt Deutschland Autoland? "Das steht für uns bei Audi außer Frage", sagt Audi-CEO Döllner. "Wir planen bis 2029 Investitionen von rund acht Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte."  Foto: Audi

Audi-Chef Döllner: „Wir stellen die deutschen Standorte zukunftssicher auf“

Wenn wir mal vom Antrieb weggehen und nur auf die Fahrzeugsegmente blicken. Wo sehen Sie noch Lücken im Modellprogramm?

Döllner: Von Lücken würde ich nicht sprechen. Wir haben sehr gute Ideen, was wir noch machen könnten. Unsere Modelloffensive läuft weiter. Wir haben erst in der vergangenen Woche den neuen Q3 Sportback gezeigt. 2026 folgen neue Performance-Modelle von Audi Sport und unser vollelektrisches Einstiegsmodell, das wir an unserem Stammsitz in Ingolstadt produzieren werden.

 

Deutschland bleibt also Autoland?

Döllner: Das steht für uns bei Audi außer Frage. Wir planen bis 2029 Investitionen von rund acht Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte und stellen Neckarsulm und Ingolstadt mit den Maßnahmen unserer Zukunftsvereinbarung wettbewerbsfähig und zukunftssicher auf.

 

Ein Dauerbrenner unter den Beschäftigten bleibt das Thema Homeoffice. Audi hat offiziell eine sehr flexible Handhabung, aber in der Praxis wird mehr Anwesenheit gefordert. Braucht es da nicht eine neue Betriebsvereinbarung zwischen Unternehmen und Betriebsrat?

Döllner: Wir haben eine gute, umsetzbare Regelung. Aber vor allem haben wir im Unternehmen gemeinsam mit dem Betriebsrat das Ziel, wieder mehr Anwesenheit im Büro hinzubekommen. Schauen Sie: Der Concept C soll für Aufbruch stehen. Und wir werden alle miteinander erfolgreich aufbrechen, wenn wir die Zukunft im Dialog und im Miteinander gestalten. Das treibt mich bei der Homeoffice-Thematik um: Ich bin der festen Überzeugung, dass in der persönlichen Interaktion bessere Ergebnisse entstehen. Das soll der Mittelpunkt der Diskussion sein. Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung, die wir in den vergangenen Monaten hatten.

Audi-Chef Döllner: „Wir wollen in den USA substanziell wachsen“

Nicht zufrieden können Sie mit der Entwicklung in China sein. Audi hat auf dem größten Einzelmarkt zuletzt weniger Autos verkauft. Nun ist die neue Elektro-Marke AUDI an den Start gegangen. Wie fallen die Reaktionen auf das erste Modell E5 Sportback aus?

Döllner: Das Feedback von Kunden und Presse ist vielversprechend. Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz, aber die wirklichen Messwerte haben wir erst, wenn das Fahrzeug ab Mitte September im Handel steht. Mit der neuen Marke AUDI haben wir bewiesen, dass wir in der Lage sind, uns selbst neu zu erfinden und ein Angebot für deutlich jüngere, besonders tech-affine Zielgruppen zu schaffen. Genauso wichtig ist, dass wir mit den Audi-Modellen mit den vier Ringen in China sehr gut aufgestellt sind. Wir bringen jetzt nach und nach die lokal gefertigten Langversionen von A5 und Q5 als Verbrenner sowie Q6 E-Tron und A6 E-Tron als rein elektrische Fahrzeuge auf den Markt.

 

Wie bewerten Sie die Kooperation mit Ihrem chinesischen Partner SAIC?

Döllner: Das ist ein starkes Bündnis. Wir lernen gegenseitig viel voneinander. Wir haben wertvolle Impulse zum Thema Entwicklungszeit bekommen. Diesen Spirit gilt es nun, ins gesamte Unternehmen zu tragen. Der Concept C ist ein gutes Beispiel dafür. Wir werden das Serienauto sehr schnell entwickeln und unter Beweis stellen, dass wir auch in Deutschland mit einer höheren Geschwindigkeit zukunftsfähige Autos entwickeln und auf den Markt bringen können.

 

Neben China sorgt der nordamerikanische Markt angesichts der Zollpolitik für Unruhe. Wie weit sind Sie mit der Entscheidung, ob Audi ein eigenes Werk in den Staaten errichten wird?

Döllner: Unsere Entscheidung hängt nicht allein vom Zoll-Szenario ab. Es gibt viele Rahmenbedingungen, die in so eine Entscheidung mit einfließen müssen. Dazu gehört für mich auch, dass mögliche Investitionen in den USA Berücksichtigung bei den Zöllen finden. Ungeachtet von der Entscheidung für oder gegen ein Werk vor Ort wollen wir in den USA substanziell wachsen. Klar ist aber auch: Mit einer lokalen Fertigung hat man in den USA auch eine andere Glaubwürdigkeit gegenüber den Kunden. Das ist ein Faktor, den man nicht außer Acht lassen darf bei der Bewertung. Zusätzlich möchte ich festhalten, dass eine mögliche Investition in den USA auch Arbeitsplätze in Ingolstadt und Neckarsulm sichert.

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