Pop-up-Ausstellung „A Closer Look“ in der experimenta zeigt kritische Perspektiven auf KI
In der Ausstellung „A Closer Look“ blicken verschiedene Künstler kritisch und humorvoll auf Künstliche Intelligenz und ihren Einsatz in unserem Alltag. Der Eintritt ist frei, die Ausstellung läuft noch bis zum 1. März 2026.

Kann ein Papst im Balenciaga-Mantel uns etwas über die Zukunft der Künstlichen Intelligenz verraten? Die neue Pop-up-Ausstellung „A Closer Look“ in der experimenta Heilbronn lädt dazu ein, genau hinzusehen. Laut Kuratorin Sarah Donderer richte sich die Ausstellung gerade auch an ein junges Publikum. Vieles erschließe sich intuitiv und sei bewusst kurz und verständlich gehalten. „Wer tiefer eintauchen möchte, sollte etwas Zeit mitbringen - etwa eine halbe bis ganze Stunde."
Seit Anfang Dezember und noch bis 1. März 2026 ist die Ausstellung im Erdgeschoss des historischen Hagenbucher-Speichers (e2) zu sehen. „Ich habe für die Ausstellung vor allem Kunstwerke gesucht, die sich kritisch mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen", erklärt Sarah Donderer. „Die drei ausstellenden Künstler bringen unterschiedliche Perspektiven auf die neue Technologie mit."

Grenze zwischen Wahrheit und Täuschung: Künstlerische Auseinandersetzung mit KI in der experimenta
Das Fake-Bild von Papst Franziskus im Daunenmantel des Luxuslabels Balenciaga sorgte 2023 für großes Aufsehen und verbreitete sich rasant in den sozialen Medien. In ihrem Werk „AI Hyperrealism“ untersucht die in Berlin lebende polnische Digitalkünstlerin und Forscherin Martyna Marciniak das KI-generierte Foto.
Marciniak analysiert die zugrundeliegenden Daten und zeigt damit auf, wie sich die sogenannten „Nicht-Fakten“ ins Bild schleichen. Ein 18-minütiges Video erklärt, wie solche Bilder entstehen, welche Rolle eine journalistische Bildsprache dabei spielt und wie digitale Doppelgänger unsere Wahrnehmung verändern. „Martyna Marciniak zeichnet sich durch eine sehr forensische, analytische Vorgehensweise in ihrer künstlerischen Praxis aus", sagt Kuratorin Sarah Donderer.
„Wir leben in einer Zeit, in der wir täglich mit massenhaft KI-generierten Bildern konfrontiert sind", so Donderer. Marciniaks Arbeit stelle sich die Frage, wie wir überhaupt noch unterscheiden können, was Fakt und was Fiktion ist - und was das mit unserer Realität mache.
Wenn KI sich selbst interpretiert: Installation von Jake Elwes wird zur Endlosschleife
Humorvoll, aber nicht weniger kritisch sind zwei außergewöhnliche Installationen des britischen Künstlers Jake Elwes. In seinem 25-minütigen Video „A.I. Interprets A.I. Interpreting ‘Against Interpretation’ (Sontag 1966)“ schickt er Susan Sontags berühmtes Essay durch ein KI-System. „Der Text erzeugt Bilder, die wiederum von der KI interpretiert und in Sprache übersetzt werden", erklärt Donderer. „Das Ergebnis ist absurd, manchmal sinnlos - und genau darin liegt die Stärke der Arbeit. Sie zeigt sehr deutlich, dass KI-Systeme nicht verstehen, sondern statisch reproduzieren."
In seinem zweiten Werk namens „Terms & Conditions Opera: a Legalese Libretto“ verwandelt Elwes die Nutzungsbedingungen großer KI-Plattformen in eine vierstündige Oper. Gesungen in wechselnden Musikstilen wird das Kleingedruckte plötzlich hörbar – und seine Absurdität entlarvt. „Wir akzeptieren täglich Bedingungen, die kaum jemand liest", sagt Donderer. „Elwes führt das ad absurdum und macht sichtbar, wie sehr Macht, Ökonomie und Technologie hier miteinander verknüpft sind."

Kunstwerk zeigt Verbindung zwischen alltäglicher Technologie und militärischen KI-Systemen auf
Unter dem Titel „AI War Cloud Database“ spürt Sarah Ciston aus den USA die verborgene Verbindung zwischen alltäglicher Technologie und militärischen KI-Systemen auf. Die Ergebnisse der Recherche sind auszugsweise auf großformatigen Infografiken sowie als weit verzweigtes Netzwerk in einer interaktiven Karte dargestellt. „Die Arbeit zeigt sehr konkret, dass Technologien nicht neutral sind", sagt Sarah Donderer. „Sie macht deutlich, dass wir als Nutzer Teil dieser Systeme sind - ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht."
Die Ausstellung macht deutlich: KI ist längst nicht mehr nur ein technisches Werkzeug, sondern ein kulturelles und gesellschaftliches Thema, dem man sich nicht entziehen kann. Wie Sarah Donderer betont, sei KI heute so allgegenwärtig, dass auch Kunstwerke „nicht mehr ohne KI funktionieren". Besonders spannend sei dabei der Austausch mit der Wissenschaft. „Kunst kann ganz neue Perspektiven auf die KI eröffnen. Viele Künstler sind heutzutage selbst Forscher und leisten einen wesentlichen Beitrag, technologische Entwicklungen kritisch zu reflektieren und gesellschaftlich einzuordnen."
Öffnungszeiten von experimenta und Ausstellung "A Closer Look"
Die experimenta hat montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt zur Ausstellung im Forum, im Gebäude gegenüber des Haupteingangs der experimenta, ist frei. Übrigens: Parallel läuft in der experimenta derzeit die Ausstellung „KI - was geht?". An über 50 Mitmachstationen erfahren Besucher hier, wie KI unterschiedlichste Lebensbereiche verändert. Alle Infos zur Sonderausstellung gibt es hier.
Von Sina Alonso Garcia



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