Wasserwerfer und Maschinenpistolen beim VfB-Spiel – erste Stellungnahmen
Das Spiel des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund war sportlich ein Erfolg. Doch die Geschehnisse rund um das Stadion sorgen für einen großen Aufschrei. Warum war die Polizei derart präsent?

Die Fußball-Bundesliga zieht Woche für Woche tausende Menschen in die Stadien Deutschlands. Die Spiele sollen ein Erlebnis für die ganze Familie sein, der Verband skandiert immer wieder mit Gleichberechtigungs- und Fairplay-Kampagnen. In Stuttgart reicht es nun einem wichtigen Teil der Fanszene! Der Grund: Das Spiel des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund – oder vielmehr die Vorkommnisse rund um das Spiel.
Sportlich gesehen haben die VfB-Fans derzeit wenig auszusetzen. Platz drei in der Liga, acht Siege in elf Partien und zuletzt auch Top-Team Borussia Dortmund nahezu vorgeführt. Doch gerade die organisierte Fanszene stößt zuletzt immer heftiger mit der Polizei zusammen. Der Schuldige wird noch gesucht, die Vorwürfe gehen von beiden Seiten jeweils in die Richtung des "Feindes". Feind, in Zeiten, in denen in einigen Teilen der Welt Krieg herrscht, ein schwerwiegendes Wort. Die gegenseitigen Beschuldigungen sowie die Polizeipräsenz mit Wasserwerfern und Maschinenpistolen am Samstag rund um die MHP-Arena geben der Bezeichnung eine Daseinsberechtigung. Doch was ist eigentlich passiert?
Skandal in Bad Cannstatt: Ärger zwischen Polizei und VfB-Ultras im Rahmen des BVB-Spiels
Vor dem Spiel des VfB Stuttgart gegen den BVB am Samstag (11. November) war die Polizei rund um das Stadion mit einem Großaufgebot im Einsatz – Wasserwerfer und Maschinenpistolen inklusive. An sich nicht ganz unüblich im Rahmen eines Hochrisikospiels, zu dem die Partie ernannt wurde. Ungewöhnlich ist hingegen die starke Polizeipräsenz am Treffpunkt der organisierten Fanszene der Stuttgarter am Carl-Benz-Center. Wie schon bei dem DFB-Pokal-Spiel gegen Union Berlin, das die Schwaben 1:0 gewannen, zeigte sich eine Vielzahl an Beamten vor Ort. Für die VfB-Ultras eine reine Provokation. Dann teilen sich die Meinungen, was denn passiert ist, oder vielmehr: Welche Seite nun "Fehler" gemacht hätte.

Letztlich teilt die Polizei Stuttgart am Samstagabend mit, dass elf Personen sich einem Platzverweis widersetzt hätten, 19 weitere sich den Maßnahmen sogar entzogen haben. Die elf VfB-Fans wurden in Gewahrsam genommen. Die Fankurve des VfB Stuttgart schwieg infolgedessen zu Spielbeginn aus Protest fünf Minuten lang. Gleichzeitig gab es in mehreren Stadien eine Plakataktion gegen Stadionverbote, die koordiniert und von langer Hand geplant war, mit dem Vorfall also nicht in Verbindung stand, aber passender nicht hätte sein können. Und was sagen die Beteiligten?
VfB Stuttgart: Polizeimitteilung und Stellungnahme der Fanszene
Die Polizei Stuttgart hatte sich zunächst am Samstag in der für Polizeieinsätze üblichen Pressemitteilung geäußert und darin von "Nötigung gegen Polizeibeamte" geschrieben. Auch die "polizeilichen Maßnahmen" in Form von Platzverweisen und letztlich der Gewahrsamnahme wurden genannt. Demnach sollten 30 Personen des Platzes verwiesen werden, elf konnten von den Beamten umzingelt werden und wurden letzten Endes auf das Revier gebracht. 19 weitere Personen entzogen sich der Polizei, sind aber weiterhin "Bestandteil des polizeilichen Ermittlungsverfahrens wegen Nötigung". Eine Anfrage der Heilbronner Stimme wird wohl am Mittwoch beantwortet.
Die organisierte Fanszene, die VfB-Ultras, haben sich zusammengeschlossen und am Dienstag eine Stellungnahme verfasst. Darin heißt es: "Bei unserem Heimspiel gegen Borussia Dortmund legte es die Polizei von Anfang an auf eine Eskalation an." Nicht nur die "enorme Polizeipräsenz inklusive Wasserwerfern in ganz Bad Cannstatt", die ein "massives Bedrohungsszenario" darstellt, sondern auch die bereits angesprochene Polizeieinheit am Treffpunkt der organisierten Fanszene sorgt für Aufregung. "Es ist davon auszugehen, dass dies rein der Provokation der Fanszene diente und keine einsatztaktischen Gründe dahinterstanden, befinden sich doch üblicherweise an dieser Stelle keine Polizeieinheiten", erklären die VfB-Ultras in der Stellungnahme.
Dann werden die Vorwürfe heftiger: "Noch während die Maßnahme lief, verbreitete die Polizei, auch um die Deutungshoheit über die Situation zu haben, über den Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter), die glatte Lüge, dass die betreffenden Personen einem ausgesprochenen Platzverweis nicht nachkommen wollen würden und nahmen diese daher für mehrere Stunden in Gewahrsam." Besonders pikant daran war, dass die Betroffenen aufgrund der Einkesselung wohl keinem Platzverweis nachkommen hätten können.
Persönliche Vendetta? VfB-Ultras sehen hochrangigen Polizeibeamten in der Schuld
Die Vermutung der organisierten Fanszene des VfB Stuttgart: "Offensichtlich fahren in Stuttgart einige Personen, allen voran der Einsatzleiter und stellvertretende Polizeipräsident Carsten Höfler, ihre private Vendetta gegen Fußballfans." Einen Seitenhieb mit Vergangenheit lassen die VfB-Ultras direkt folgen: "Übrigens derselbe Einsatzleiter, der zuletzt hunderte Fans des 1. FC Köln auf der Anreise nach Stuttgart durchsuchen lassen wollte und dadurch am Stadionbesuch hinderte." Seit Carsten Höfler im Amt ist, sei es auch in Stuttgart vermehrt zu Einsätzen der Polizei gekommen, die "jegliches Maß vermissen lassen und lediglich der Gängelei und Provokation von Fußballfans, ob Heim- oder Gästefans, dienen", heißt es weiter.
Der VfB Stuttgart hält sich öffentlich zunächst zurück. Es geht um Deeskalation, denn im Restprogramm des Bundesligisten wartet noch eine Woche mit gleich drei Heimspielen in einer Woche. Anfang Dezember steht eines der regelmäßigen Treffen zwischen Verein und Polizei an, in denen verschiedene Themen besprochen werden. Sicher wird es dann auch um die Vorfälle vom Samstag gehen. Da die Fanbetreuung vor Ort war, dürften die Informationswege innerhalb des Vereins recht kurz sein. Nach Informationen der Heilbronner Stimme ist der VfB Stuttgart zudem eher auf Seiten der Darstellung der Ultras.
Ob der Schein wirklich trügt, wie die Fanszene in der Stellungnahme schreibt, und das Verhältnis zwischen VfB Stuttgart und Polizei doch nicht so gut sei, wird sich zeigen. Der Konflikt zwischen Ultras und Polizei könnte Insidern zufolge auch durch die wiederkehrenden Hinweise auf das Thema "Renner" kommen. Der ehemalige Polizeiinspektor stand im Verdacht der sexuellen Nötigung, wurde im Sommer von einem Gericht freigesprochen. Die VfB-Kurve hatte immer wieder Banner gezeigt, für die Polizei möglicherweise ebenfalls eine Provokation. Bleibt zu hoffen, dass sich die beiden Parteien vor der Heimspielwoche im Dezember zusammenraufen, vielleicht schafft es der VfB Stuttgart als Verein im Gespräch mit den beteiligten Lagern, das Feindbild abzuschaffen, und in Zeiten des sportlichen Erfolgs eben diesen in den Vordergrund zu rücken.

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