Verkraftet der VfB Stuttgart die bittere Niederlage gegen Bayer Leverkusen?
Die 3:4-Niederlage gegen Bayer 04 Leverkusen war bitter für den VfB Stuttgart. Wieder geführt, wieder kein Sieg. Doch wie geht der VfB damit um? Unsere Redakteure sind unterschiedlicher Meinung.
Der VfB Stuttgart verliert am Sonntagabend ein spektakuläres Bundesliga-Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen. Dabei führten die Schwaben 2:0 und 3:1. Bis zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit stand es 3:2 für den VfB, dann setzte der Deutsche Meister zum Schlussspurt an und gewann 4:3. Eine Niederlage mehr nach einer Führung für die Schwaben.
Und die 3:4-Pleite kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn ein Befreiungsschlag aus der Mini-Krise des VfB Stuttgart haben sich viele Fans erhofft. Besonders bitter sind die erneut verspielte Führung, dann auch noch im Heimspiel und wieder in den letzten Minuten sowie mal wieder gegen Bayer 04 Leverkusen. Doch wie schlimm ist die Niederlage für den VfB hinsichtlich der restlichen Saison? Unsere Redakteure Florian Huber und Tobias Becker sind unterschiedlicher Meinung, ob die Schwaben den bitteren Abend verkraften oder nicht...
Verkraftet der VfB Stuttgart die Leverkusen-Pleite? Das spricht dagegen
Von Florian Huber
Wäre der VfB Stuttgart ein Boxer, dann würde er jetzt regungslos auf dem Boden liegen. Die Wucht des späten Leverkusener 4:3-Siegs am Sonntagabend war zu heftig, als dass der VfB schnell wieder aufsteht. Körperlich ist der erneute Tiefschlag vielleicht zu verdauen, mental sicherlich nicht.
Trainer Sebastian Hoeneß hat nun keine direkte Möglichkeit das späte Schockerlebnis aufzuarbeiten, der Großteil des Teams ist in den nächsten zwei Wochen länderspielbedingt nicht da. Das macht es noch schwieriger aus dem mentalen Loch herauszukommen, schließlich entscheiden die nächsten zwei Spiele in Frankfurt (Bundesliga) und gegen Leipzig (Pokal-Halbfinale) über das Wohl und Weh der ganzen Saison.
Fünf Mal nacheinander haben die Schwaben nun ein 1:0 nicht in einen Sieg verwandelt, gegen Leverkusen reichte sogar ein 3:1 nicht. So wie im Vorjahr im positiven Sinn vieles Kopfsache auf dem Weg zu Rang zwei war, so ist es das nun im negativen Sinn. Seit dem 1:4 gegen Paris und dem Champions-League-Aus läuft es nicht mehr, erst recht nicht gegen die nationalen Top-Teams und die direkte Europa-Konkurrenz. Dafür ist man zu heimschwach, die Defensive viel zu wacklig (zuletzt neun Gegentore in drei Partien), das Plus an Trainingszeit ohne Europa-Zusatzbelastung in den vergangenen Wochen bleibt auf dem Spielfeld ohne positiven Effekt.
Vieles erinnert beim VfB Stuttgart gerade an das Hoeneß-Spätwerk vor drei Jahren bei der TSG Hoffenheim. Auch da wurden reihenweise Führungen verspielt und viel zu viele meist späte Gegentore kassiert, um sich für Europa zu qualifizieren. Hoffenheim landete am Ende der Saison 2022/23 im Niemandsland der Bundesliga-Tabelle. Mit Blick auf die Vor-Hoeneß-Zeit wäre ein Mittelfeldplatz des VfB Stuttgart in diesem Mai ein Erfolg, mit Blick auf das Potenzial des Kaders und die schwächelnde Konkurrenz aber ganz sicher eine herbe Enttäuschung.
Verkraftet der VfB Stuttgart die Leverkusen-Pleite? Das spricht dafür
Von Tobias Becker
Der VfB Stuttgart wankt dem grauen Mittelfeld entgegen. Angeschlagen, nach vielen Rückschlägen zuletzt beinahe ausgeknockt, aber: Ein Lucky Punch kann reichen, um einen kompletten Boxkampf zu ändern. Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit sind dafür nötig. Standfest muss eine Mannschaft bleiben und ihren Weg weiter verfolgen. Dinge, die beim VfB durchaus sichtbar sind, ohne die nötigen Anpassung zu vergessen.
Bislang haben die Verantwortlichen, Trainer, Sportvorstand und Spieler, immer wieder an den Weg erinnert. Die Entwicklung steht im Vordergrund, die Nachhaltigkeit sei wichtig. Spätestens nach dem Kiel-Spiel wurde die Gangart rauer, die Worte weniger schönend. Das zeigte Wirkung. Ein Maximilian Mittelstädt warf sich bei der fast schon dramatischen Pleite gegen Bayer 04 Leverkusen jedem Gegenspieler in den Weg. Leidenschaftlich, kampfbetont und sinnbildlich für die Leistung des Teams am Sonntag.
Dass eine solche Niederlage wie am Sonntagabend auch in den Köpfen der Spieler bleibt, kann auch ein Profi nur schwer vermeiden. Doch auch wenn der Frust und die Enttäuschung nach Abpfiff sichtbar waren, muss immer auch der Gegner erwähnt werden. Bayer 04 Leverkusen ist weiterhin ein deutsches Top-Team. Nach der niederlagenfreien Meistersaison hat die Werkself auch in der aktuellen Spielzeit erst zwei Niederlagen auf dem Konto. Eine bittere Niederlage, aber kein Beinbruch, vor allem mit Blick auf die Restsaison.
Die Länderspielpause kommt zur richtigen Zeit. Auszeit vom Bundesliga-Alltag, ab zur Nationalmannschaft. Für alle Undavs im VfB-Kader eine willkommene Abwechslung, die sogar einen Anschub mit sich bringen könnte. Gegen Eintracht Frankfurt kann es dann schon den Lucky Punch geben. Es folgt das "einfache" Restprogramm in der Liga, denn bis auf RB Leipzig hatte der VfB alle Mannschaften "von oben" schon bespielt. Und dann ist da ja noch die Pokal-Chance. Sollte es zu einem Finale gegen Bayer 04 Leverkusen kommen, muss es keine "Wir-können-nicht-gewinnen"-Einstellung sein. Vielleicht gewinnt der VfB Stuttgart ja genau im richtigen Moment erstmals gegen die Elf von Xabi Alonso. Dann, wenn es richtig wehtut. Im Sport ist es ja nicht selten so, dass das Momentum dann wechselt, wenn man es am wenigsten erwartet. Das hat auch der VfB schon mehrfach erlebt in dieser Saison – im Guten (in Unterzahl in Kiel) sowie im Schlechten (gegen Leverkusen).