Tabellenende ade: Glanzvolle Sport-Union zerpflückt HSG Blomberg-Lippe
Die HBF hat ihre erste Riesenüberraschung der Saison: Angeführt von Torhüterin Lena Ivancok deklassiert die Sport-Union Neckarsulm den Tabellenvierten aus Blomberg und gibt die Rote Laterne ab.

Die Handball Bundesliga Frauen (HBF) hat am frühen Sonntagabend ihre erste dicke Überraschung der Saison erlebt. Und mittendrin: die Sport-Union Neckarsulm. In der Ballei, die zeitweise eher einem Tollhaus als einer Sporthalle glich, zerlegte die Mannschaft von Trainer Thomas Zeitz den Tabellenvierten HSG Blomberg-Lippe nach fast allen Regeln der Kunst und verließ dank eines verdienten 28:16 (16:11)-Erfolgs das Tabellenende.
"Wir haben heute mit einer solchen Leidenschaft gespielt, das war Wahnsinn", sagte ein ebenso erleichterter wie hochzufriedener Thomas Zeitz. "Auch wenn wir uns in den letzten Wochen immer weiter gesteigert haben, hätte ich ein solches Ergebnis im Leben nicht für möglich gehalten."
Frühe Kontrolle im ungewohnten Sonntagsspiel
Garant für den Erfolg war Torhüterin Lena Ivancok, dank der das Tabellenschlusslicht bereits in der noch umkämpften Anfangsphase des ungewohnten Sonntagsspiels die Kontrolle behielt. Doch nach einer Viertelstunde stand es 8:5 und Gäste-Trainer Steffen Birkner war nicht nur zu seiner ersten Auszeit gezwungen, sondern lief an der Seitenlinie bereits früher als üblich unter Hochspannung hadernd auf und ab. Ein gutes Zeichen für den Außenseiter aus dem Unterland.
Der überraschte mit Konsequenz hinten wie vorne. In der Abwehr verschob die 6:0-Formation äußerst diszipliniert und ließ sich auch von Blombergs Tempogegenstößen nicht überrumpeln. Im Angriff riss die Sport-Union im engmaschigen HSG-Abwehrverbund immer wieder Lücken auf und fand zu Beginn mit über 70 Prozent aller Würfe den Weg ins Tor. Es war genau die Kombination dieser Zutaten, die die Mannschaft von Thomas Zeitz benötigte, um dem trostlosen Tabellenende den Rücken zu kehren.
Mehrfach führten die Gastgeberinnen mit vier, zur Halbzeit dann sogar mit fünf Treffern. Es war eine rundum gelungene erste Hälfte, an deren Ende die Sport-Union das Tabellenende bereits virtuell verlassen hatten. Und es lag etwas in der Luft, das spürten auch die Fans in der Ballei, die ihren Teil zum fast perfekten Gesamtauftritt beitrugen.
Zeitz sorgt für noch mehr offensiven Druck
Während Zeitz nach rund 20 Minuten Munia Smits für Annefleur Bruggeman ins Spiel brachte und damit offensiv für noch mehr Druck sorgte, sah sich sein Gegenüber Steffen Birkner aufgrund des Spielstandes dazu gezwungen, seine gesundheitlich zuletzt angeschlagene Spielmacherin Malina Marie Michalczik länger als es ihm lieb gewesen sein dürfte auf die blaue Neckarsulmer Platte zu schicken. Allein, es half wenig.
Auch nach der Pause machte die Sport-Union unbekümmert weiter. Die seit Wochen bestens aufgelegte Amber Verbraeken gehörte auf Rechtsaußen ebenso zu den Aktivposten wie Nina Engel, die im ersten Spiel nach ihrer Wechsel-Bekanntgabe keine Zweifel darüber aufkommen lassen wollte, dass sie bis zum Ende der Runde noch alles für die Sport-Union hineinwerfen würde.
Sport-Union spielt sich in einen Rausch
Nach 40 Minuten stand es 21:11, weil es an Lena Ivancok an diesem Nachmittag einfach kein Vorbeikommen gab und weil ihre Vorderleute auf die sonst meist folgenschwere Schwächephase verzichteten. Dass die HSG nach der Pause fast 15 Minuten für ihr erstes Tor benötigte und in den zweiten 30 Minuten überhaupt nur fünf Treffer erzielen konnte, war den Neckarsulmerinnen vor der WM-Pause nicht einmal im Ansatz zuzutrauen gewesen. "Aber irgendwann spielst du dich dann natürlich auch in einen Rausch", sagte Thomas Zeitz über ein Spiel, das auch er erst einmal in Ruhe verarbeiten musste.
Es war - gerade angesichts des ambitionierten Gegners - schlicht das beste Spiel der Sport-Union seit geraumer Zeit, mit dem sie sich vor dem letzten Hinrundenspiel am Donnerstagabend beim HSV Solingen-Gräfrath zudem in eine unerwartet gute Ausgangsposition gebracht hat.
Sport-Union Neckarsulm: Ivancok (14 Paraden); Salamakha (1 Parade), Polácková - Verbraeken (6/2), Hoitzing (3), Engel (8), Nooitmeer (2), Bruggeman (4), Pollakowski (2); Özdemir, Riner (1), Smits (1), Hinkelmann (1).
Erfolgreichste Werferinnen HSG Blomberg-Lippe: Nieke Kühne (5), Leni Ruwe (3).
Schiedsrichter: Jan Lier/Manuel Lier.
Siebenmeter: Sport-Union Neckarsulm: 2/3; HSG Blomberg-Lippe: 1/4.
Zeitstrafen: 1/4.
Zuschauer: 856.