In dieser Verfassung nicht bundesligatauglich
Ideenlos, passiv, punktlos: Sport-Union Neckarsulm verliert auch ihr "Vier-Punkte-Spiel" gegen den BSV Sachsen Zwickau. Das 24:31 (13:14) ist bereits die neunte Saisonniederlage.

"Heute jedenfalls nicht." So lautete die Antwort auf die Frage der Zeit, beantwortet am Samstagabend von 14 Spielerinnen der Sport-Union Neckarsulm und ihrer Trainerin. Norman Rentsch, Chef-Trainer des BSV Sachsen Zwickau hatte die Zeit-Frage vor dem Spiel gegen die Sport-Union in den Raum geworfen: "Wir lassen uns von der Tabellensituation nicht täuschen", hatte er angesichts des Duells des Zwölften (Zwickau) gegen den 13. (Neckarsulm) gesagt. "Neckarsulm hat einen Kader für den Europapokal. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie punkten werden."
Nach 60 wenig erquicklichen Handball-Minuten blieb zu konstatieren: Spielt die Sport-Union Neckarsulm genauso weiter wie in Zwickau, dann dürfte es noch eine ganze Weile dauern, bis die von Rentsch attestierten Europapokal-Qualitäten erstmals das Tageslicht erblicken werden, geschweige denn, bis diese Mannschaft in ihrer derzeitigen Konstellation wieder punkten wird. Das 24:31 (13:14) im Duell der Audi-Städte reihte sich aus Neckarsulmer Sicht nahtlos ein in die bescheidenen Auftritte der vergangenen Wochen. Es war, es ist, es bleibt: einfach nicht gut genug.
Gelungenes Lütke-Comeback
Schnelle Ballverluste, schlechte Chancenverwertung, zaghaftes Verteidigen − die Mängelliste war wieder einmal lang. Spätestens nach der Halbzeit wurde sie dann zu lang, um gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf zu punkten. Zwickau distanzierte die Sport-Union durch den Erfolg in der Tabelle auf drei Punkte. "Meine Mädels haben es in der ersten Hälfte probiert und drei Tore aufgeholt, aber es ist momentan schwer zu sagen, [woran es liegt]", bemerkte Trainerin Tanja Logvin nach dem Spiel. Dass es in der Bundesliga einfach nicht genügt, wenn ein Team 30 Minuten lang irgendetwas "probiert", wurde in Sachsen wieder einmal deutlich.
Zwar standen Olga Gorshenina und Sophie Lütke ihrer Trainerin wieder zur Verfügung, doch dafür musste die Österreicherin auf die erkrankte Carmen Moser sowie Laila Ihlefeldt und Svenja Mann verzichten. Letztgenannte waren − dank ihres kürzlich erteilten Zweitspielrechts − erstmals mit den Kurpfalz Bären Ketsch in der 2. Bundesliga im Einsatz − beim 28:25 gegen den FSV Mainz 05 feierten Mann (4 Tore) und Ihelfeldt (6/1) einen gelungenen Einstand. Während Lütkes Comeback mit drei Toren beinahe der einzige Lichtblick des Abends war, kam Gorshenina nur in den Schlussminuten zu Kurz-Auftritten in der Defensive.
Neckarsulm macht zu wenig aus ihren Freiheiten
Daphne Gautschi, die sich gemeinsam mit Munia Smits noch als eine der besseren Neckarsulmerinnen fühlen konnte, hatte nach einer klugen Kreuzung im Rückraum schnell das 1:0 erzielt, was die erste und zugleich auch letzte Führung der Gäste gewesen sein sollte. Zu Beginn fielen auf beiden Seiten viele einfache Tore, Gegenwehr aus den Abwehrreihen beider Mannschaften gab es in der Anfangsviertelstunde kaum. Gautschi und Nina Engel genossen im Rückraum viele Freiheiten, machten allerdings zu wenig daraus.
Ebenfalls wenig ertragreich war Logvins Idee, Torhüterin Sarah Wachter bei Ballbesitz aus dem Tor zu nehmen und mit Munia Smits eine siebte Feldspielerin auf die Platte der Zwickauer Neuplanitz-Sporthalle zu schicken. Angesichts der erneut hohen Zahl an technischen Fehlern war dieser Schachzug eine mindestens mutige Entscheidung. Als die Gastgeberinnen rund sechs Minuten ohne eigenes Tor blieben, konnte die Sport-Union einen Drei-Tore-Rückstand zum 10:10 zwar wieder aufholen (20.), hatte danach allerdings selbst eine ähnlich lange Durststrecke zu überstehen. Was Zwickau spielte, war solide, jedoch bei Weitem nicht hochklassig. Einzig Nele Kurzke im Tor ließ sich eine wirkliche Top-Leistung attestieren. Im Neckarsulmer Spiel war vieles Stückwerk, obwohl − so schien es von außen − eigentlich mehr möglich gewesen wäre.
Mannschaft zerfällt in alle Einzelteile
Nach der Halbzeit brach die Mannschaft dann erneut in alle Einzelteile auseinander. Zwei Fehlwürfe von Nina Engel nutzte Zwickau gnadenlos aus, um kurz nach Wiederanpfiff davonzuziehen. Waren die Verteidigungsreihen vor der Pause noch auf beiden Seiten löchrig gewesen, hatte jene der Neckarsulmerinnen die Bezeichnung "Abwehr" nach der Halbzeit nicht mehr verdient. Denn abgewehrt wurde nur noch relativ wenig. Das Defensiv-Verhalten war unter dem Strich einfach nicht griffig, nicht unangenehm, nicht ekelig genug. Nach zehn Minuten führten die Gastgeberinnen 20:15 und es ging dahin mit den Neckarsulmer Hoffnungen auf den dritten Saisonsieg.
Danach kamen dem Spiel viele Zeitstrafen auf beiden Seiten nicht zugute. Mal verkürze die Sport-Union in Überzahl auf einen Drei-Tore-Rückstand, mal wuchs der Rückstand in Unterzahl wieder auf bis zu acht Tore an. Erneut war in dieser Phase aber niemand auf dem Feld zu erkennen, der das Heft des Handelns in die Hand genommen hätte oder wenigstens einmal akustisch in Erscheinung getreten wäre. Das Team einmal nachhaltig wachzurütteln gelang auch Tanja Logvin nicht (mehr). Schon weit vor der Schlusssirene glaubte in den orangenen Auswärtstrikots niemand mehr daran, etwas Zählbares aus dem Freistaat entführen zu können. Die eigene Angst war stärker als das Spiel des Gegners.
Durchhalteparolen der Trainerin
So blieb auch der Trainerin nichts anderes übrig, als sich nach der neunten Niederlage der Saison in Durchhalteparolen zu üben: "Wir werden weiter kämpfen. Wir hatten zuletzt viel Unruhe, aber ich bin mir sicher, die Mädels geben alles." Man mochte eigentlich nicht glauben, dass das, was man in Zwickau zu sehen bekam, alles ist, was Logvins Spielerinnen zu leisten im Stande sind. Die vergangenen Partien lieferten jedoch wenig Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme.
Als nächstes wartet auf die Sport-Union in anderthalb Wochen das Nachholspiel bei Spitzenreiter SG BBM Bietigheim. Es dürften dann in der Sporthalle am Viadukt 60 lange, ganz, ganz lange Minuten werden. Und auch danach lautet die Antwort auf die Frage, wann die Sport-Union (wieder einmal) punktet, wohl: "Heute jedenfalls nicht."
Sport-Union Neckarsulm: Wachter (6 Paraden); Salamakha (1 Parade), Polácková − Gomilar Zickero (2), Engel (5), Nooitmeer (1), Kücükyildiz (3), Gautschi (5), Johannsen; Verbraeken, Gorshenina, Bruggeman (2), Lütke (3), Smits (3).
Erfolgreichste Werferinnen BSV Sachsen Zwickau: Ema Hrvatin (10/1), Hannele Nilsson (5/3).
Schiedsrichter: Marcus Hurst/Mirko Krag.
Siebenmeter: BSV Sachsen Zwickau: 5/5; Sport-Union Neckarsulm: 0/1.
Zeitstrafen: 4/4.
Zuschauer: 788.