Neckarsulmer Pokal-Sehnsucht bleibt unerfüllt
Eine chaotische Anfangsphase überschattet das Pokal-Aus der Sport-Union Neckarsulm bei Borussia Dortmund. Mit dem letzten Drittel des Spiels macht sich die Mannschaft jedoch selbst Hoffnung.

Für den Ausgang der Partie war es am Samstagabend egal, dass auf eine schlechte Leistung zu Beginn im letzten Spieldrittel doch noch ein recht gutes Aufbäumen gefolgt war. Für das Neckarsulmer Selbstwertgefühl war es hingegen Gold wert, dass sich Gutes an Schlechtes und nicht Schlechtes an Gutes gereiht hatte. Denn statt des ganz großen Frustes nahmen die Sport-Union-Handballerinnen zumindest eine kleine Dosis Erbauliches aus dem Ruhrgebiet mit auf die nächtliche Fahrt zurück ins Unterland.
Chaotischer Beginn kostet Trainer Thomas Zeitz Nerven
Nach der 31:36 (14:19)-Niederlage bei Borussia Dortmund war das zwar nur ein kleiner Strohhalm, an den man sich im Neckarsulmer Lager klammerte, aber immerhin gab es nach dem chaotisch-konfusen Spielbeginn überhaupt noch etwas, das nach dem Achtelfinale im DHB-Pokal als Mutmacher herhalten konnte.
„Wir werfen 31 Tore in Dortmund und das Spiel bestärkt uns in dem, was wir gemacht haben und was wir noch machen wollen“, sagte Trainer Thomas Zeitz nach einer Partie, die auch den 50-Jährigen an der Seitenlinie Nerven gekostet hatte. Doch die mit 17:17 ausgeglichene zweite Spielhälfte – und dabei die letzten 20 Minuten im Speziellen –, waren das, worauf der Übungsleiter seine Bilanz stützte.
Acht-Tore-Rückstand schrumpft, bleibt jedoch zu groß
Für ihn und seine Mannschaft war das zumindest der sicherste Weg, um zu einem frühen Zeitpunkt der Saison die Ruhe zu bewahren. Was ihm Recht gab: Das Schlussdrittel der Sport-Union in der Sporthalle Wellinghofen war gut. Thomas Zeitz’ Schachzug, die BVB-Abwehr durch eine siebte Feldspielerin ins Schwimmen zu bringen, funktionierte bestens.
Kreisanspiele auf Kim Hinkelmann und Stefanie Kaiser erwiesen sich als ebenso vielversprechend wie ruhig und konzentriert ausgespielte Angriffe, die von Rabea Pollakowski oder Vasiliki Gkatziou über die Außen vollendet wurden. Und weil auch Torhüterin Lena Ivancok noch spät zu ihrer Form fand, minimierte die Sport-Union ihren zwischenzeitlichen Acht-Tore-Rückstand in den letzten fünf Spielminuten zwei Mal auf zwei Treffer und hatte beim Stand von 29:31 schließlich sogar die Chance, ihn wieder auf ein Tor zu verkürzen.
Die Sport-Union der letzten 20 Minuten war die Sport-Union der ersten Saisonwochen, die, auch wenn sie am Ende als Verlierer vom Feld gegangen war, sich doch zumindest als ebenbürtiger Gegner erwiesen hatte.
Bruggeman erkennt (zu) schwache Abwehrleistung
In den ersten 20 Minuten war in Dortmund hingegen eine Neckarsulmer Mannschaft aufgetreten, die mit unerklärlichen Aussetzern und einfachsten technischen Fehlern beinahe planlos durch die Anfangsphase geschlittert war.
„In der ersten Halbzeit waren wir ohne eine Deckung zu schwach. Wir waren nicht aggressiv genug und haben einfache Tore aus dem Rückraum kassiert“, sagte Annefleur Bruggeman, die ihre Achillessehnenprobleme auskuriert und von Anfang an als Spielmacherin im Zentrum die Rolle von Sinah Hagen ausgefüllt hatte. Der Sommer-Neuzugang saß zwar auf der Bank, wurde angesichts seiner Gehirnerschütterung jedoch geschont und blieb ohne Einsatz.
Wechselfehler verkomplizieren die Neckarsulmer Anfangsphase
„Wir hatten eine chaotische Anfangsphase“, resümierte auch Thomas Zeitz treffend und beschönigte nichts: „Die zwei Wechselfehler haben viel Unruhe in unser Spiel gebracht.“ Gemeint waren die Szenen nach sieben und zehn Minuten, als die Gäste bereits in einfacher Unterzahl und mit einem Fünf-Tore-Rückstand im Nacken, im Umschalten zwischen Angriff und Abwehr falsch wechselten und sich damit zusätzliche Zeitstrafen einhandelten.
„Es geht keiner mehr rein, der nicht reingeschickt wird“, stellte Zeitz als Folge in seiner ersten Auszeit bestimmt klar. Weil in dieser Phase auch die Lücken in der Abwehr riesengroß gewesen und Ivancok und Johanna Fossum in Hälfte eins auf lediglich drei Paraden gekommen waren, hatten die Gastgeberinnen des BVB wenig Mühe, sich frühzeitig und komfortabel abzusetzen.
Nach Zeitz’ Halbzeitansprache war der finale Wachmacher in der 40. Minute seine Umstellung auf das Sieben-gegen-Sechs, das sogar schon früher eine Option gewesen wäre. Doch der Trainer war nach dem Wechsel-Chaos zu Beginn zunächst auf Stabilität und Sicherheit bedacht gewesen. Somit geht das Warten weiter: Die Sehnsucht nach der ersten Final-Four-Teilnahme der Neckarsulmer Vereinsgeschichte bleibt für mindestens ein weiteres Jahr unerfüllt.
SU Neckarsulm: Ivancok (8 Paraden); Fossum (2 Paraden), Orowicz – Gkatziou (5/1), Holste (4), Hinkelmann (2), Kaiser (4), Smits (5/1), Riner (3); Hagen, Bruggeman (3), Holtman (1), van der Linden, Pollakowski (3), Andrysková, Gudmestad (1).
Erfolgreichste Werferinnen BVB: Alieke van Maurik (6), Carmen Campos Costa (6/1).
Schiedsrichter: Leon Bärmann/Nico Bärmann.
Siebenmeter: BVB: 1/2; Sport-Union: 2/2.
Zeitstrafen: 3/5.
Zuschauer: 510.
Das Viertelfinale bleibt im DHB-Pokal das Höchste der Gefühle
Auch bei ihrer dreizehnten Teilnahme am DHB-Pokal ist der Sport-Union Neckarsulm nicht der insgeheim erhoffte Sprung unter die besten Vier und damit ins Final Four in die Stuttgarter Porsche-Arena (1./2. März 2025) gelungen. Somit bleibt es dabei: das dreimalige Erreichen des Viertelfinals (2015/2016, 2018/2019, 2019/2020) bedeutet vorerst das beste Abschneiden im deutschen Vereinspokal.
Seit 2020/2021 schieden die Neckarsulmerinnen jeweils im Achtelfinale aus, ebenso wie 2013/14 und 2016/17. In der Saison 2014/15 war bereits in der ersten Runde Schluss, bei der Pokal-Premiere in der Spielzeit 2011/12 sowie sechs Jahre später, 2017/18, kam das Aus dann jeweils im darauffolgenden Sechzehntelfinale.