Abzüge gibt es für die Sport-Union Neckarsulm nur in der B-Note
Die Sport-Union Neckarsulm feiert gegen den Buxtehuder SV ihren ersten Bundesliga-Erfolg der Saison. Eine kurze Schwächephase nach der Halbzeit könnte noch einen nachhaltigen Lerneffekt mit sich bringen.

Der Knoten ist geplatzt, der Bock wurde umgestoßen, der Bann am dritten Spieltag gebrochen: Ein über weite Strecken überzeugender 31:24 (19:9)-Erfolg gegen den Buxtehuder SV hat Handball-Erstligist Sport-Union Neckarsulm am Samstagabend den ersten Sieg der noch jungen Bundesliga-Saison beschert und die Mannschaft von Trainer Thomas Zeitz als Tabellen-Achter in die bevorstehende Nationalmannschaftspause gehen lassen.
„Für uns war es nicht nur gut und wichtig, dass wir heute zwei Punkte geholt haben, sondern auch, dass wir in der ersten Halbzeit eben genau so eine Halbzeit hatten. Dass all das, was wir uns vorgenommen haben, auch funktioniert hat“, sagte Thomas Zeitz.
Neckarsulmer Zehn-Tore-Führung nach 23 Spielminuten
Dass seine Mannschaft auf die guten Ansätze aus den vorangegangenen Spielen gegen die HSG Bensheim/Auerbach und den VfL Oldenburg aufbauen und sie gegen den Buxtehuder SV zu einem insgesamt guten Spiel ausweiten konnte, freute den Trainer besonders: „Die Mädels haben es in der ersten Halbzeit vorne wie hinten top umgesetzt.“
„Die Mädels haben es in der ersten Halbzeit vorne wie hinten top umgesetzt.“Thomas Zeitz
Gemeint war damit die kompakte, aggressive Deckung und die Tatsache, dass die Sport-Union vorne die sich ihr bietenden Lücken konsequent angriff und diese Angriffe in Tore umzumünzen wusste. In der ersten Hälfte machten die Gastgeberinnen kaum etwas falsch. Eine Zehn-Tore-Führung nach 23 Minuten (16:6) hatte die Ballei lange nicht mehr erlebt.
Spielführerin Munia Smits ging mit insgesamt zehn Toren voran, Torhüterin Lena Ivancok stand zwischenzeitlich bei einer Paradenquote von fast 54 Prozent und Stefanie Kaiser bestritt im Innenblock eine starke Partie. Ein 7:1-Lauf der Sport-Union zog dem BSV Mitte der ersten Hälfte den Zahn.
Zeitz wird laut: Sport-Union kommt zu passiv aus der Kabine
„Die erste Hälfte war eine der besseren, die ich hier in Neckarsulm miterlebt habe“, sagte Thomas Zeitz fast etwas tiefstapelnd, und schob hinterher: „Die zweite hat uns gezeigt, was wir noch tun müssen.“ Was dem 50-Jährigen nicht gefiel, war die fehlende Spannung, mit der seine Spielerinnen nach dem 19:9 zur Pause aus der Kabine gekommen waren und die Buxtehuder Gäste damit zu einfachen Toren eingeladen hatte.
„So, sind wir jetzt angekommen?“, fragte Zeitz seine Spielerinnen nach einem 2:5-Lauf in einer Auszeit (38.) sarkastisch. „Das ist hinten scheiße und das ist vorne scheiße! Das ist zu wenig! Ich hab’s euch gesagt: Es funktioniert nicht mit Ausruhen auf zehn Toren zur Halbzeit! Kommt zurück!“
Verletzung von Sinah Hagen als Wehrmutstropfen
Der Weckruf kam zur rechten Zeit. Fortan war die Konzentration zurück und von der Bank konnte Zeitz ohne Leistungsdellen wechseln. Größter Wehrmutstropfen war daher nicht die kurzzeitige Leistungsdelle, sondern die kurz vor Schluss erlittene Verletzung von Sinah Hagen.
Die Spielmacherin war unglücklich auf den Hinterkopf gefallen und mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung vorsichtshalber ins Klinikum gebracht worden. Die Nationalmannschaftspause kommt der 27-Jährigen daher entgegen.
Zuschauer-Negativrekord seit Ende der Pandemie
Trotz des Erfolgs lag am Samstag aber eine ungewöhnliche Schwere in der Ballei. Die Freude wirkte ein wenig verhalten. Jubel, Umarmungen und das obligatorische Siegerfoto, ja. Aber minutenlange Ekstase und große Jubel-Arien? Nein. Stattdessen gab es einen Mannschaftskreis, in dem vor allem den Worten des Trainers gelauscht wurde. Im Hintergrund der Szenerie hatte sich die mit nur 708 Zuschauern besuchte Ballei bereits fast geleert. Weniger Zuschauer waren seit dem Ende der Covid19-Pandemie bei keinem Bundesliga-Spiel in Neckarsulm gewesen.
„Wir haben noch zu arbeiten – und das ist gut“, resümierte Thomas Zeitz und schien dabei im Angesicht des Sieges sogar über die zwischenzeitliche Schwächephase gar nicht allzu traurig, hielt sie seiner Mannschaft zu einem frühen Zeitpunkt der Saison doch immerhin noch vor Augen, dass es mit Halbgas-Handball in dieser speziellen Spielzeit nicht funktionieren wird.
Sport-Union Neckarsulm: Ivancok (13 Paraden, 1 Tor); Fossum, Orowicz (1 Parade) – Gkatziou (5/3), Holste, Hagen (3), Hinkelmann, Smits (10/3), Riner (3); Gudmestad (2), Bruggeman (2), Holtman, van der Linden, Pollakowski (1), Kaiser (3), Andrysková.
Erfolgreichste Werferin Buxtehuder SV: Maj Rika Nielsen (5/5).
Schiedsrichterinnen: Katharina Heinz/Sonja Lenhardt.
Siebenmeter: Sport-Union Neckarsulm: 6/7; Buxtehuder SV: 5/6.
Zeitstrafen: 4/5.
Zuschauer: 708.
Sextett ist auf Nationalmannschaftsreisen
Insgesamt sechs Spielerinnen der Sport-Union Neckarsulm sind in den nächsten Tagen bei ihren Nationalmannschaften. Lena Ivancok und Stefanie Kaiser spielen mit Österreich in Bregenz zwei Freundschaftspartien gegen Nordmazedonien. Vasiliki Gkatziou weilt bei einem Lehrgang der Nationalmannschaft Griechenlands; Munia Smits hat eine Einladung des Belgischen Handball-Verbandes erhalten.
Veronika Andrysková spielt am Freitag und Samstag mit der Tschechischen Republik in Eger ein Mini-Turnier mit Polen und Island. Alessia Riner macht mit der Schweizer Nati auf dem Weg zur im November/Dezember stattfindenden Heim-EM Station in Metzingen. Nach Trainingseinheiten in Gümligen (Bern) und Schaffhausen wird vier Tage in der Outlet-Stadt trainiert und auch mindestens einmal gegen Neckarsulms Bundesliga-Konkurrenten getestet.