Rückkehr der Neckarsulmer Rekordspielerin
Erstmals seit ihrem Wechsel 2022 wird Selina Kalmbach am Mittwochabend als Gegnerin in der Ballei auflaufen. Ihre schönen Erinnerungen an acht Sport-Union-Jahre ruhen dann für 60 Minuten.

Den 21. Mai 2022 hat Selina Kalmbach nicht vergessen. Jenen Samstag, an dem das Kapitel Sport-Union Neckarsulm für sie nach acht Jahren tränenreich zu Ende gegangen war. Die Emotionen, die Erinnerungen und auch der Stolz über die Wertschätzung des Vereins, der ihr Trikot mit der Nummer zwei unter die Hallendecke der Ballei zog – all das hatte die damals 24-Jährige sehr bewegt. „Ich sage ganz bewusst nicht ‚Tschüss‘, sondern ‚Bis bald‘“, verabschiedete sie sich in Richtung Göppingen. Ihr „Bis bald“ ist jetzt. Am Mittwochabend.
Fast drei Jahre nach jenem Mai-Samstag ist Selina Kalmbach, inzwischen sportlich wie privat in Metzingen zu Hause, erstmals als sportliche Gegnerin zurück in der Ballei, die zwischen 2014 und 2022 ihr Wohnzimmer war. Es waren in Neckarsulm die Jahre des Bundesliga-Aufstiegs, der vollen Halle, der Europapokal-Träume. Nun geht es im Kampf um den Klassenerhalt um jeden Punkt, während die TuS Metzingen um eine möglichst gute Ausgangslage für die Playoffs kämpft.
134 Bundesliga-Einsätze für die Sport-Union sind unerreicht
„Das war ein sehr besonderer Abend“, sagt Selina Kalmbach heute über ihren Abschied von damals und freut sich zugleich auf das, was sie am Mittwoch erwartet: „Spätestens beim Warm-up oder beim Einlaufen vor dem Spiel wird man sich noch einmal an ein paar schöne Momente erinnern, die man in der Ballei erlebt hat. Dann werde ich sicher ein Lächeln im Gesicht haben.“
Die inzwischen 27-Jährige ist mit 134 Einsätzen (205 Tore) Bundesliga-Rekordspielerin der Sport-Union, war jedoch immer weit mehr als eine Linksaußen-Konstante. Die gebürtige Heilbronnerin war stets das, was der Mannschaft dieser Tage fehlt: Eine hart arbeitende Identifikationsfigur aus der Region, ein Publikumsliebling, der es aus der Jugend der heutigen SG Schozach-Bottwartal bis ganz nach oben geschafft hat und obendrein nicht auf den Mund gefallen ist.
Aushängeschild der Neckarsulmer Handball-Abteilung
Kalmbach ist eine von nur zwei Spielerinnen, denen es gelungen ist, im Trikot der Sport-Union Neckarsulm zu einer deutschen Nationalspielerin zu werden. 2021 bestritt sie (zwei Jahre nach Nele Reimer) ihr erstes von drei Länderspielen. Auf der Neckarsulmer Geschäftsstelle kümmerte sie sich nach ihrem erfolgreichen BWL-Studium auch noch um die Finanzbuchhaltung des Hauptvereins. Niemand außer Vereinschef Rolf Härdtner war vor und nach ihr mehr Aushängeschild der Neckarsulmer Handball-Abteilung als Selina Kalmbach.
„Ich versuche, mich auf das Spiel zu konzentrieren – danach können wir die alten Zeiten ein bisschen aufleben lassen.“
Selina Kalmbach
„Aber am Mittwoch versuche ich, mich auf das Spiel zu konzentrieren – danach können wir dann alle wieder Freunde sein und die alten Zeiten ein bisschen aufleben lassen“, sagt sie und lacht. „Ich freue mich, jetzt mal wieder zurückzukehren – und dann gleich in einer so entscheidenden Saisonphase kurz vor den Playoffs, in der es auch für Neckarsulm um viel geht.“
Viele schöne Erinnerungen an die Neckarsulmer Fans
Die drei Jahre seit ihrem Abschied machen der Rechtshänderin ihre Rückkehr ein wenig leichter; ehemalige Mitspielerinnen gibt es in Neckarsulm schließlich nicht mehr. „Das nimmt ein bisschen die Emotionalität heraus. Aber das Gefühl, wenn man in die Halle kommt, das kennt man natürlich noch genauso wie die Zuschauer.“
Überhaupt die Fans. Wer mit Selina Kalmbach spricht, merkt schnell, dass sie die fortwährende Unterstützung des Neckarsulmer Anhangs noch immer zu schätzen weiß. „Es wird schön, die Fans wiederzusehen, die uns so viele Jahre auch zu den Auswärtsspielen begleitet haben. In all den Jahren hat man wirklich eine Beziehung zueinander aufgebaut.“ Auch dass ihr 2022 ihr Abschied zum damaligen Zweitligisten Frisch Auf Göppingen nicht übel genommen wurde, hat Kalmbach den Fans nicht vergessen.

Frisch Auf Göppingen als Sprungbrett in den Europapokal
„Der Wechsel nach Göppingen hat mir die Möglichkeit gegeben, enorm viel Spielzeiten zu bekommen und mich als Führungsspielerin entwickeln zu können. Erst dadurch gab es dann die Chance, hier in Metzingen noch einmal eine Stufe nach oben zu klettern, international zu spielen und auch in anderen Tabellenregionen dabei zu sein.“
Regionen, in denen die Sport-Union mittelfristig ebenfalls wieder mitmischen möchte. Eine sorgenfreie Saison, Platz fünf, sechs oder sieben – in Selina Kalmbachs letzten Sport-Union-Jahren war das auch in Neckarsulm noch möglich.
Kalmbach reist mit Vorfreude und Siegeswillen an
Obwohl die sichere Siebenmeter-Schützin inzwischen bei einer Unternehmensberatung in Neckarsulm arbeitet, ist der Kontakt zu ihrem Ex-Verein etwas eingeschlafen. (Zu) viel hat sich seit Mai 2022 auf beiden Seiten verändert – auf wie neben der Platte. Kalmbach ist inzwischen eine normale Beobachterin des Neckarsulmer Geschehens – wenn auch in den Tagen vor dem direkten Aufeinandertreffen selbstredend ein wenig intensiver als zuvor.

Die Vorfreude auf die Rückkehr wird durch die Distanz aber ebenso wenig getrübt wie die Motivation: „Wir möchten die zwei Punkte am Mittwoch definitiv mit nach Hause nehmen. Der Bezug zum Verein gibt einem natürlich noch einmal eine extra Motivation“, sagt die 27-Jährige fest entschlossen.
Ihr Trikot mit der Nummer zwei hängt inzwischen nicht mehr über Block D der Foyer-Tribüne. Doch spätestens am Mittwochabend dürfte sich Selina Kalmbach in der Ballei wieder in Erinnerung rufen.
In Metzingen weht dank Trainerin Miriam Hirsch frischer Wind
Nach dem Drittrunden-Aus in der European League und einem schwachen Saisonstart hatte sich die TuS Metzingen während der EM-Pause im Dezember von Trainer Peter Woth getrennt. „Seitdem hat sich einiges geändert. Ich habe das Gefühl, wir treten ganz anders auf“, sagt Selina Kalmbach.
Bemerkbar habe sich schnell der frische Wind gemacht, den Miriam Hirsch (33) als junge Trainerin mit einer Menge Kreativität und intensiven Videoanalysen in die Mannschaft gebracht habe. Auch menschlich habe es zwischen Team und Trainerin sofort gepasst. Mit Erfolgen in Bensheim (34:24) und Oldenburg (26:24) sowie einem Remis beim Thüringer HC arbeiteten sich die „TuSsies“ dann zu Jahresbeginn aus ihrem Leistungstief.



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