Sport-Union Neckarsulm möchte während der EM-Pause den verlorenen Faden wiederfinden
Der Neckarsulmer Handball-Bundesligist geht mit gedämpfter Stimmung, aber auch voller Tatendrang in die spielfreien Wochen. Wo es noch hakt, wie es weiter geht und woran im Hintergrund gearbeitet wird.

Eine volle Halle, eine erfolgreich spielende Mannschaft, die das Momentum auf ihre Seite zu ziehen weiß, auf einem Playoff-Platz in die EM-Pause geht und dabei sogar noch ein Spiel in der Hinterhand hat – im November 2024 wären die Bundesliga-Handballerinnen der Sport-Union Neckarsulm gerne in der Rolle des BSV Sachsen Zwickau.
Doch anders als der Gegner vom vergangenen Samstag (24:28), verbringt die Sport-Union die spielfreie Zeit mit 4:10 Punkten auf Playdown-Platz zehn und muss sich ärgern, im ersten Saisondrittel zu wenig aus ihren Möglichkeiten gemacht zu haben. Eine Bestandsaufnahme.
Warum ist die Stimmung nach dem ersten Saisondrittel gedrückt?
Weil Ansprüche und Erwartungen andere waren. Anders als etwa Bayer Leverkusens Trainer Michael Biegler, der die reguläre Liga-Runde bereits vor der Saison quasi abgehakt hatte und sie stattdessen zum Einspielen für die Playdowns nutzen möchte, hat die Sport-Union den Anspruch – und auch die Qualität – die Playdowns und damit potenziell nervenaufreibende K.o.-Duelle gegen den Abstieg zu vermeiden. Der aktuell zehnte Platz wäre dafür zu wenig.
Warum steht die Sport-Union in der Bundesliga nicht besser da?
Weil die Mannschaft viele Chancen verpasst hat. Mit Ausnahme des Heimspiels gegen die HSG Blomberg-Lippe hätte die Sport-Union in jedem ihrer sieben bisherigen Bundesliga-Spiele punkten können, wenn nicht sogar – wie am vergangenen Wochenende in Zwickau – punkten müssen. Ihr fehlen vor allem Souveränität und Konstanz. „Der Umgang in und mit Stresssituationen ist unser Hauptthema“, sagt Trainer Thomas Zeitz. „Zu viele Spielerinnen verlieren dann noch zu oft ihren Faden.“
Wie bewertet der Trainer die sportliche Situation?
„Handballerisch ist es absolut in Ordnung, aber wir haben zu wenige Punkte“, gibt Zeitz zu. Die zwei Zähler aus Zwickau fehlen ihm ebenso wie ein bis zwei Zähler aus den vorangegangenen Spielen. „Wir hätten uns damit eine super Ausgangsposition schaffen können, jetzt sind wir hinten dran und müssen uns die Punkte woanders wiederholen; das ist sehr, sehr ärgerlich.“
Recht hat Zeitz aber, wenn er sagt, dass „die Situation jetzt null mit der der Vorsaison zu vergleichen“ ist. Seine Mannschaft ist in diesem Jahr deutlich konkurrenzfähiger und nicht nur aufgrund ihrer vier bisherigen Punkte weit vom 0:20-Punkte-Start der vergangenen Runde entfernt.
Was geschieht bei der Sport-Union während der Spielbetrieb aufgrund der EM ruht?
Bis auf die vier EM-Teilnehmerinnen haben alle Spielerinnen bis einschließlich 28. November Urlaub. Danach beginnt eine kleine Winter-Vorbereitung mit Athletik-Fokus, bevor das Neckarsulmer Trainerteam der Mannschaft im weiteren Verlauf neue „Sicherheitsgriffe“ vermitteln möchte, „um in hektischen Spielphasen Optionen zu haben“.
Geplant ist Mitte Dezember auch ein gemeinsames Training mit der HSG Bensheim/Auerbach und möglicherweise ein Trainingsspiel gegen Ligakonkurrent Frisch Auf Göppingen. Die EM-Fahrerinnen kehren spätestens am 17. Dezember zurück, im Falle eines Vorrunden-Ausscheidens sechs Tage früher.
Was hält die Hinrunde noch für die Sport-Union Neckarsulm bereit?
Vier Spiele stehen noch im Neckarsulmer Kalender. Drei, besser sogar vier Punkte müssten aus den Partien bei Schlusslicht Bayer Leverkusen (22. Dezember) und der strauchelnden TuS Metzingen (29. Dezember) sowie gegen Borussia Dortmund (27. Dezember) und die HB Ludwigsburg (5. Januar) herausspringen. „In Leverkusen müssen wir gewinnen und uns dann in den drei restlichen Partien die Zwickau-Punkte wiederholen“, sagt Zeitz.
Gibt es schon Planungen für die Saison 2025/2026?
Ja. Die Verantwortlichen um Vereinschef Rolf Härdtner, Geschäftsführer Hannes Diller und Thomas Zeitz befinden sich bereits in Gesprächen. Sechs Spielerinnen-Verträge laufen am Saisonende aus, bei fünf weiteren bestehen für den Sommer 2025 beidseitige Ausstiegsoptionen. Thomas Zeitz möchte den Kader weitgehend zusammenhalten und nur punktuell verändern. Erste Rückmeldungen aus der Mannschaft stimmen ihn positiv, dass das gelingen kann. „Qualität und Verbesserungspotenzial sind da“, sagt der Trainer.
Der dünn besetzte rechte Rückraum ist darüber hinaus ebenso ein Thema wie eventuell die linke Außenbahn und das Tor, falls Alessia Riner und/oder Lena Ivancok bei der EM auftrumpfen und dadurch das Interesse anderer Vereine wecken sollten. Auch Zeitz selbst, dessen Vertrag bis Sommer 2025 mit der Option auf ein weiteres Jahr datiert ist, könnte sein Arbeitspapier angesichts des langfristigen Projektes vorzeitig verlängern. Im Verein ist man dem Vernehmen nach mit der Arbeit des 50-Jährigen zufrieden.
Neckarsulmer Quartett fährt zur Europameisterschaft
Mit Veronika Andrysková (Tschechien), Lena Ivancok und Stefanie Kaiser (beide Österreich) sowie Alessia Riner (Schweiz) ist allen vier Spielerinnen der Sport-Union Neckarsulm, die den vorläufigen Kadern ihrer Länder angehörten, auch der Sprung in den jeweiligen finalen Kader für die Europameisterschaft geglückt.
Zu direkten Duellen kommt es in der Vorrunde allerdings nicht, da alle drei Nationen an unterschiedlichen Austragungsorten spielen werden. Andrysková ist zunächst in der Főnix Aréna in Debrecen (Ungarn) im Einsatz, für Ivancok und Kaiser beginnt ihr Heim-Turnier in Innsbruck (Olympiahalle) und Riner bestreitet die Vorrunde in der Basler St. Jakobshalle ebenfalls auf heimischem Boden.