Gianmarco Tamberi hat beim Hochsprung-Meeting in Heilbronn ganz viel Lust auf Leistung
Hochsprung-Olympiasieger Gianmarco Tamberi bestreitet auf dem Heilbronner Marktplatz seinen letzten Test vor der Weltmeisterschaft. Dafür hat er einen ganz großen Wunsch.

Lust auf Leistung in Worte gepackt, klingt so: "Körperlich ist alles bestens. Technisch fühlen sich meine Sprünge im Moment sehr gut an - und auch mental bin ich absolut bereit", sagt Gianmarco Tamberi. Auf der Autofahrt vom Flughafen Stuttgart nach Heilbronn sprudelt es am Freitagabend nur so aus dem Italiener heraus. Das Meeting auf dem Marktplatz wird sein letzter Test vor der Weltmeisterschaft in Budapest sein. Auf die Arena in der Innenstadt freut sich der 31-Jährige. "Das ist der beste Platz für uns, unglaublich!"
Regen mag Tamberi gar nicht
Nur eine Furcht umtreibt Gianmarco Tamberi: das Wetter. Sonne wünscht er sich. Zumindest trocken soll es sein, wenn der Olympiasieger am Sonntag (14 Uhr) bei der Premiere von Hochsprung Heilbronn an der Ablaufmarke steht. Nicht etwa, weil er ein Schönwettersportler ist. Seine Sorgen sind tiefergehend. Sie offenbaren eine andere Seite jenes Mannes, den viele nur als den spaßigen Typen kennen, der es liebt mit dem Publikum zu interagieren und seine Emotionen extrovertiert in jedem Wettkampf mit ihnen teilt.
"Keiner kann sich vorstellen, was Sportler durchmachen", sagt der Europameister - und denkt dabei an diesen vermaledeiten Sprung 2016 in Monte Carlo, der die Extreme aufs heftigste verbunden hat. Mit 2,39 Meter fliegt Tamberi zum italienischen Rekord, kommt damit bis auf sechs Zentimeter an den Fabelweltrekord des Kubaners Javier Sotomayor aus 1993 heran. Doch die Kräfte, die bei diesem Satz wirken, sind zu gewaltig. Der Italiener verletzt sich böse am Sprungfuß, verpasst die Olympischen Spiele in Rio.
Die Rückkehr in die Weltelite dauert lange
Und während die Mediziner zweifeln, ob er je wieder springen wird, lernt Gianmarco Tamberi, was Demut heißt. "Nichts ist mehr selbstverständlich", sagt er. Selbst bei den alltäglichsten Dingen zur Abhängigkeit verdammt zu sein, ist ein scheußliches Gefühl, das sich tief in seine Seele gräbt. Besonders für einen, dessen Beruf aus perfekten Bewegungsabläufen besteht. Die Rückkehr in die Weltelite dauert - Rückschläge eingeschlossen. "In dieser Zeit habe ich sehr viel über mich selbst gelernt", sagt Tamberi.
Einer, der in dieser Zeit da ist und sich auch nicht von verschlossenen Zimmertüren abwimmeln lässt: Mutaz Essa Barshim. Der Katarer weiß, wie sich Tiefs anfühlen, beruhigt Tamberi und rät ihm geduldig zu sein. Zwei, die füreinander da sind - eine besondere Konstellation im Profigeschäft, wo die Protagonisten zur Ich-AG erzogen sind.
Die Angst ist mittlerweile überlistet
Gianmarco Tamberi braucht lange, um die Blockade im Kopf zu überwinden, die Angst zu überlisten und seinem Körper wieder zu vertrauen. Mut macht ihm sein Kumpel Mutaz, der sich aus derselben misslichen Verletzung aufgerappelt hat. Fast schon kitschig erscheint ihr gemeinsamer Olympiasieg in Tokio, wo sie wie zwei Kinder auf dem Tartan umherhüpfen, nachdem klar ist, dass es kein Stechen um Gold gibt, sondern zwei selige Siegertypen. "Dieser Tag hat alles verändert", sagt Gianmarco Tamberi und erzählt, welch positive Energie er daraus gezogen hat und wie ihm das Lachen nicht mehr aus dem Gesicht gewichen ist.
Tamberi ist keine Maschine
Die Zuschauer erleben einen Profi, der über sich selbst sagt: "Ich bin ich, und ich gebe mich absolut authentisch. Wenn ich traurig bin, bin ich traurig. Wenn ich Hunger habe, habe ich Hunger, und wenn ich schreie, schreie ich eben. Denn ich bin keine Maschine." Dieses extrovertierte Durchleben eines Wettkampfes teilt er mit ihnen auf unnachahmliche Weise. Seine Fans danken es ihm mit ihrer Zuneigung, was den Italiener wiederum noch mehr anstachelt, der Beste zu sein.
Gianmarco Tamberi würde nichts lieber tun, als sich in Heilbronn von seiner stärksten Seite zu zeigen. Allein schon, weil er sich gar zu gerne an seine Auftritte in Eberstadt erinnert - wo er 2015 stolze 2,37 Meter gesprungen ist. Und er freut sich auf das Organisationsteam um Oliver Blumenstock. Jetzt muss nur der Regen aufhören.
Rund um das Meeting auf dem Marktplatz
Sonnenhüte und Regencapes, von allen Accessoires haben die Organisatoren des Heilbronner Hochsprung-Meetings genügend Vorräte - dank der beiden Hauptsponsoren. Das Wetter ist ein Thema. Oliver Blumenstock vom Trägerverein Internationales Hochsprung-Meeting sagt: "Wir sind nun mal eine Outdoor-Sportart, bleiben aber optimistisch." Bei Regen käme die Walze zum Einsatz, um die Anlauf- und Absprungzonen auf dem Marktplatz zu trocknen, wenn am Samstag (14 Uhr) die Frauen und am Sonntag (14 Uhr) die Männer auf dem Marktplatz springen.
Karten inklusive Ticket der Heilbronner-Hohenloher-HallerNahverkehr GmbH (gültig ab drei Stunden vor Veranstaltungsbeginn) gibt es noch an beiden Tagen für 25 und 22 Euro, das Wochenendticket kostet je 45 und 42 Euro. Kinder ab vier Jahren, Schüler, Azubis, Studenten und Rentner erhalten drei Euro Ermäßigung. Tickets gibt es online bei Diginights unter diginights.com in der TouristInfo Heilbronn oder Samstag und Sonntag ab 12 Uhr an der Tageskasse bei den Holzhütten am Marktplatz. Aufgrund von Bauarbeiten empfiehlt sich der Ausstieg Harmonie oder Hauptbahnhof.
Das Catering im Rathaus-Innenhof öffnet an beiden Tagen um 12 Uhr, es gibt Maultaschen, Wraps, Pizza, Pommes und Getränke aller Art.