Heilbronns zweitgrößter Stadtteil hat Sehnsucht nach dem Altstadtfest
Rück- und Ausblick auf Sontheim: Der Stadtteil im Süden fühlt sich von der Verwaltung vernachlässigt. Indes hoffen Grundstückseigentümer auf den Spatenstich im Baugebiet Klingenäcker.

Spatenstich im Baugebiet Klingenäcker, Nachtruhe auf dem Jörg-Ratgeb-Platz und endlich wieder Feste feiern: Es sind vor allem drei Wünsche, die die Sontheimer zum Jahresbeginn 2022 umtreiben.
Das Baugebiet am südlichen Ortsrand steckt seit Jahrzehnten wie ein Stachel im Fleisch des zweitgrößten Stadtteils von Heilbronn. Schon in den 1980er Jahren sollte das Bauland entwickelt werden. Heute wartet schon die zweite und dritte Generation der Grundstücksbesitzer auf den Baustart. "Das ist eine regelrechte Tragödie", klagt der langjährige Sprecher des Bezirksbeirats Wolfram Rudolph, der sein Amt vor wenigen Wochen an Stefan Bieber abgegeben hat. Der 77-Jährige hat im Gegenzug das Stellvertreteramt von Bieber übernommen.
Derzeit verzögern die Rettungsgrabungen des Landesdenkmalamts nach Merowinger-Gräbern die Erschließung erneut. Ob der vielfach versprochene Baustart in diesem Jahr gelingt, halten nun auch wieder Optimisten für fraglich.
Entspannung am Jörg-Ratgeb-Platz
Etwas besser scheint sich die Lage am Jörg-Ratgeb-Platz zu entwickeln. Dort feierten Jugendliche in den Sommer- und Herbstmonaten vor allem an Wochenenden bis in den früheren Morgen hinein. Mit all den unangenehmen Begleiterscheinungen, Lärm, Müll, Alkohol und Aggressivität.

Anwohner fühlten sich regelrecht terrorisiert. Polizei und Ordnungsamt schauen weg, lautete ihr Vorwurf. "Ich höre, dass sich die Lage etwas beruhigt hat", sagt Bieber. Der 46-Jährige hofft, nun, dass diese Entwicklung nicht allein auf die kältere Jahreszeit zurückzuführen ist.
In einem Gespräch mit Vertretern vom Polizeiposten Sontheim wollen die Räte in der nächsten Bezirksbeiratssitzung am 8. Februar die Lage noch einmal erörtern.
Auch weniger spektakuläre Ziele hat sich der Bezirksbeirat vorgenommen. "Wir würden gerne die alte Staufenbergschutzhütte wieder herrichten und in Funktion bringen", unterstreicht Wolfram Rudolph. Dabei muss aber die Stadt mitspielen, der die Hütte auf dem Sontheimer Hausberg gehört. Die Verwaltung prüfe das derzeit. Rudolph schwebt vor, dass die Hütte dann als "Anlaufpunkt für Kindergärten, Schulen und Vereinen dienen und auch bewirtschaftet werden soll".
Neues Bürgeramt gefordert
Eine Beleuchtung und eine Toilette am alten Friedhof stehen ebenfalls auf der Wunschliste des Bezirksbeirats, der sich von der Verwaltung nicht immer gut vertreten fühlt. "Wir werden bei vielen Sachen alleingelassen", kritisiert Stefan Bieber. "Das betrifft den Verkehr, den Müll, die Parksituation. Und das können wir nicht akzeptieren", zählt der neue Bezirksbeiratsvorsitzende auf.
So habe der Stadtteil, der 1938 nach Heilbronn zwangseingemeindet wurde, für seine über 12.000 Einwohner keinen eigenen Recyclinghof und keinen Abladeplatz für Grünschnitt. "Auch unser Bürgeramt ist derart beengt, das gibt es nirgends", ärgert sich Rudolph.

Hoffnungen, in der alten Staufenbergsschule ein Quartierszentrum mit neuem Bürgeramt einzurichten, dürften sich aber nicht erfüllen. Die Stadt plant dort wohl, neue Wohnungen zu bauen. Sontheim hofft jetzt darauf, dass bis 2024 eine Lösung gefunden wird.
"Wir fühlen uns generell als Stadtteil vernachlässigt", nimmt Stefan Bieber kein Blatt vor den Mund. Eine Erklärung dafür hat er auch: "Früher hat man immer gesagt, dass der Schuster die schlechtesten Schuhe trägt, und in unserem Stadtteil wohnt der Oberbürgermeister", sagt der Grünen-Beirat augenzwinkernd.
Dennoch fühlt sich der neue Beiratssprecher, der ursprünglich aus Anklam in Mecklenburg-Vorpommern stammt, in dem Heilbronner Stadtteil sehr wohl. Dazu hätten in der Vergangenheit die geselligen Feste in Sontheim einen gehörigen Teil beigetragen. "Deshalb sehnen wir uns regelrecht danach, dass das Altstadtfest wieder stattfinden kann", betont Bieber. Er will dann mit seinem Beiratskollegen an einem Stand auf die Probleme im Stadtteil aufmerksam machen und für Anregungen aus der Bevölkerung zur Verfügung stehen.