So gehen die Teams in Bayern mit der Fußballsaison um
In Bayern haben sich Verband und Fußball-Vereine früh für eine Fortsetzung der unterbrochenen Saison 2019/20 entschieden und gehen im Vergleich zu anderen Bundesländern, die die Spielzeit abbrachen, einen Sonderweg. Könnte der Plan aufgehen?

Sportlich hätte ein Abbruch der Fußballsaison dem FC Memmingen in die Karten gespielt. Als Corona im März den Sport lahmlegte, stand der Allgäuer Traditionsverein in der Regionalliga Bayern auf einem Abstiegsplatz. Wäre im Freistaat alles gelaufen wie in den meisten anderen Bundesländern, hätten die Unterallgäuer dem drohenden Gang in die Bayernliga leicht entgehen können. Ganz ohne Aufwand.
Doch anstatt sich für einen Abbruch der bislang nur unterbrochenen Saison auszusprechen, machte sich der FC-Vorsitzende Armin Buchmann schon Mitte März für eine Fortsetzung stark. „Anfangs waren wir in der Regionalliga alleine mit dieser Meinung“, sagt Buchmann.
Sinneswandel bei den Vereinen
Auch sonst hielt sich die Begeisterung bei den bayerischen Clubs zunächst in Grenzen. Die Memminger aber hielten an ihrer Idee fest, waren der Wegbereiter des Bayerischen Wegs. Buchmann wurde zum Anführer einer Bewegung, die nach und nach immer mehr Befürworter fand. Mit der Mehrheit der Vereine hinter sich entschieden, die Verantwortlichen des Bayerischen Fußballverbands (BFV) Ende April die unterbrochene Runde zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.
„Zwei Drittel der Vereine hatten sich für diesen Weg ausgesprochen“, sagt Sebastian Dirschl, Mitarbeiter der Abteilung Medien und Kommunikation im BFV. In nur wenigen Wochen war es dem Verband gelungen, mit allen seiner gut 4500 Vereine in Kontakt zu treten - und sich ein Meinungsbild einzuholen. „Wir haben aber auch für diesen Weg geworben“, sagt Dirschl. „Aus unserer Sicht ist es für Bayern der beste Weg.“
Als Flächenland sind die Gegebenheiten im Freistaat höchst unterschiedlich. Das verdeutliche auch der Blick auf die noch ausstehenden Spiele. Während in manchen Ligen nur neun Spiele ausgetragen werden müssen, sind es in anderen noch 17 Partien. „In manchen Regionen wie dem Alpenrand oder dem bayerischen Wald kann von Mitte November bis Mitte März nicht gespielt werden“, verweist Dirschl auf strengere Winter.
Zusammen mit einem dann ohnehin schon verspäteten Start einer neuen Saison, blieben nach Rechnung des BFV bis Ende Mai gerade 20 Wochenend-Spieltage. „Unter diesen Umständen eine komplette Runde durchzuziehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Dirschl.
Testspielverbot bis zum 15. August

Englische Wochen in Dauerschleife aber wollte der BFV seinen Vereinen auch nicht aufbürden. Überhaupt sollte mehr Flexibilität her. „Selbst wenn wir Anfang September wieder starten können, stellt sich die Frage, für wie lange es gutgeht“, erinnert Buchmann an die Gefahr neuer Coronafälle und ihrer Folgen für den Amateursport. Als hätte es der FC-Vorsitzende geahnt, entschied die Staatsregierung Ende Juli kurzfristig, das Verbot von Testspielen auszuweiten.
Bis 15. August geht da nichts, mindestens. In dem Moment war klar, dass der Termin für den Wiederbeginn Anfang September nicht haltbar ist, da der Verband seinen Clubs eine Vorbereitungszeit von vier Wochen inklusive Tests versprochen hat. Vor Mitte September wird es daher keine Pflichtspiele geben.
Blöd, ja. Aber genau für solche Fälle haben die Verantwortlichen maximale Flexibilität im Konzept verankert, das diesen ersten Stresstest wohl überstehen wird. Beim Verband stieß die Ankündigung der Staatsregierung auf Unverständnis, zumal Spiele in Württemberg, Baden, Hessen, Thüringen, Sachsen, Tschechien und Österreich erlaubt sind. Nicht aber in Bayern.
Doch so unglücklich die Entscheidung ist: Sie ist für den BFV auch eine Bestätigung dafür, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Die Chance jedenfalls, die alte Runde sportlich zu Ende zu bringen, ist noch immer realistisch. Selbst der Ligapokal, ein neuer Wettbewerb, ist noch nicht in Gefahr.
Einführung eines Ligapokals
Er ist als zusätzliches Angebot gedacht für den Fall, dass die Runde zumindest halbwegs glatt durchläuft. „Neun Spiele von September bis Ende Mai, wie in manchen Kreisen, sind dann doch ein bisschen wenig“, sagt Dirschl. In der Ausgestaltung des Ligapokals sind die Verantwortlichen vor Ort frei. Wichtig war dem Verband nur, dass der Wettbewerb einen Wert hat und sportlich attraktiv sein muss. „Der Sieger steigt zusätzlich zum Meister auf“, erklärt Dirschl.
Der FC Memmingen könnte es als Regionalligist auf dem Weg in den DFB-Pokal schaffen – sofern der Ligapokal nicht abgebrochen werden muss. Denn er ist Verfügungsmasse. „Die Liga hat Priorität“, erklärt der BFV-Mitarbeiter Dirschl. Im Unterallgäu haben sie aber andere Sorgen. Bei seinem Vorstoß im März sei es ihm in erster Linie um die Existenzsicherung des Clubs gegangen, sagt Buchmann. Als der Unternehmer vor gut 20 Jahren beim FC Verantwortung übernahm, steckte der Verein inmitten einer Finanz- und Steueraffäre, hielt sich mit Mühe und Not über Wasser.
Die Monate der Ungewissheit hätten ihn geprägt. „Ich habe damals geschworen: Egal, was kommt, stehen finanzielle immer vor sportlichen Interessen.“ Dem Grundsatz folgend stellte der FCM im März den Betrieb ein, von 100 Mitarbeitern verzichteten 93 auf Geld. „Das war ein Persilschein für andere Vereine“, sagt Buchmann, der für seine Weitsicht im Nachhinein viel Anerkennung erntete.
Zum Ende des Geschäftsjahres am 30. Juni wiesen die Memminger schwarze Zahlen auf – trotz Corona-Krise. „Viele sind heute dankbar, dass es den Verein noch gibt“, sagt Buchmann. Wirtschaftlich ist der Erfolg da, sportlich, glaubt Buchmann, wird er sich auch noch einstellen. „Ich bin optimistisch, dass uns beides gelingt.“
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