Gesucht: Ein neuer Pakt für das Konstrukt Heilbronn-Franken
Die Region zwischen Main-Tauber, Hohenlohe und Zabergäu tut sich mit einheitlichem Auftreten schwer. Jetzt besteht die seltene Chance auf einen Neuanfang. Die Hoffnungen liegen weiter auf der IHK.
Die einen würden lieber zu Bayern gehören, die anderen sind sich selbst genug. Die Region Heilbronn-Franken bleibt ein Konstrukt, das Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Sie hat große Stärken in allen Landstrichen, versteht sich aber kaum als Einheit.
Im Sommer stieß der Vorschlag des Vereins Pro Region, die IHK zurück in die regionale Wirtschaftsfördergesellschaft WHF zu holen, auf heftige Gegenwehr bei der Kammer. Hauptgeschäftsführerin Elke Döring erteilte der Idee eine klare Absage. Doch damit ist das Thema keineswegs vom Tisch.
Die Initiative liegt diesmal nicht bei der IHK
Bei Pro Region läuft das Vorhaben unter dem Arbeitstitel "Pakt Zukunft 2". Den ersten Pakt hatte die IHK selbst vor 15 Jahren angestoßen und wollte damit die Region nach vorn bringen. Diesmal müssen andere die Initiative ergreifen. Pro Region geht voran.
Landräte, Oberbürgermeister und Wirtschaftskapitäne in der Region haben gewechselt. Wann, wenn nicht jetzt könnten verkrustete Strukturen also aufgebrochen werden, fragt sich die Pro-Regions-Vorsitzende Friedlinde Gurr-Hirsch.
Norbert Heuser führt Gespräche
Einer dieser Neuen ist Landrat Norbert Heuser in Heilbronn. Für ihn steht außer Frage, dass die Region "stark bleiben muss", wie er es bewusst positiv formuliert. "Ich würde eine engere Zusammenarbeit der IHK mit der WHF begrüßen."
Bei den anstehenden Gesprächen mit Amtsträgern in der Region will er nun ausloten, was möglich ist - und das "unvorbelastet", das sei eine große Chance. Auch Fred Schulze, seit Mai wieder als Audi-Werkleiter in Neckarsulm zurück im Unterland, sieht Handlungsbedarf und setzt sich hinter den Kulissen aktiv für eine schlagkräftige Region ein.
Kurz und knapp antwortet der neue Landrat im Main-Tauber-Kreis, Christoph Schauder, auf Stimme-Anfrage: "Wir bedauern die Absage der IHK."
Die Entfernung nach Heilbronn ist groß
Im nördlichsten Landkreis von Heilbronn-Franken ist die Entfernung ins Oberzentrum der Region besonders spürbar. Würzburg vor der Haustür, spielt Heilbronn im Alltag kaum eine Rolle. Dass die IHK beispielsweise ihre Außenstelle in Wertheim geschlossen hat, ist für die Unternehmen dort nur noch eine Randnotiz wert.
Die IHK selbst sieht allerdings in der Wirtschaftsförderung eine ihrer "ureigensten Aufgaben". Sich einer WHF unterzuordnen kommt für sie offenbar nicht mehr infrage.
Ob sich das ändert, wenn bei der Vollversammlung am 8. Dezember mit Kirsten Hirschmann eine neue Präsidentin gewählt wird, ist offen. Positionieren will sich Hirschmann im Vorfeld bei dem Thema nicht. Veränderungsbedarf sieht sie gleichwohl: "Wir müssen es besser machen", sagt sie bei der Mitgliederversammlung von Pro Region in der vergangenen Woche.
Günter Steffen: Heilbronn ist in der Bringschuld
Es hängt viel ab vom Verhalten der IHK. Ohne eine aktive Kammer dürfte sich auch der Arbeitgeberverband Südwestmetall, der vorsichtig die Fühler ausgestreckt hat, zurückziehen. Ohne starken gemeinsamen Impuls wird man auch kaum darüber reden, ob nicht dem Regionalverband - bisher ein reines Planungsorgan - mehr Spielraum eingeräumt wird. Wer erwartet, dass Landkreise freiwillig auf Kompetenzen verzichten, sollte schließlich nicht selbst auf maximale Unverbindlichkeit pochen.
Für Günter Steffen, von 1998 bis 2005 Präsident der IHK Heilbronn-Franken, ist die aktuelle Haltung der Kammer nicht nachvollziehbar. "Wir haben als Regionszentrum eine Bringschuld." Man dürfe nicht erwarten, dass die Lokalpolitik oder die Wirtschaft in Crailsheim oder Wertheim um ein Heilbronner Engagement bitte. Es brauche deshalb jemanden, der sich aktiv kümmert.
In Wertheim ist Jürgen Strahlheim seit 38 Jahren in Diensten der Stadt, seit mehr als 20 Jahren zuständig für die Wirtschaftsförderung. Handlungsbedarf sieht er tatsächlich kaum. Die Wirtschaftsförderung funktioniere gut, auf lokaler Ebene wie auch auf regionaler mit IHK, WHF und Pro Region. Er sagt: "Alle haben ihre Berechtigung und ihre Aufgaben. Ich weiß nicht, ob da mehr möglich wäre." Es ist die Bestätigung für Steffens mahnende Worte.
Politischer Wille ist entscheidend
Steffen fand die Entscheidung der IHK, sich aus der WHF zurückzuziehen, schon vor acht Jahren falsch. 2013 zog die Vollversammlung einen Schlussstrich, nachdem zuvor im Schnitt jährlich 150.000 Euro an die WHF überwiesen worden waren. "Natürlich kann ich immer argumentieren, dass 100.000 Euro für die WHF zu viel sind. Aber so etwas lässt sich nicht betriebswirtschaftlich begründen, das ist eine politische Entscheidung", sagt Steffen heute.
Das Argument der IHK, von den Landräten in der WHF regelmäßig überstimmt zu werden, gelte nicht. "Nicht, wenn ich mich für sie interessiere und Gemeinsames anstoße."