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Enkel ersticht Großvater: Mord erschüttert kleinen Ort in Hohenlohe

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2014 sticht ein junger Mann 25 Mal auf seinen arglosen Großvater ein. Eine kaltblütige Tat, auf die ein Gerichtsprozess mit einem trotzig wirkenden Angeklagten folgt. Handelt es sich bei dem Täter um ein gekränktes Kind oder einen brutalen Nachahmer?

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Der 23-Jährige wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Themenfoto: dpa
Der 23-Jährige wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Themenfoto: dpa  Foto: dpa

Ein Enkel sticht 25 Mal auf seinen Opa ein, der nachts wie erwartet alleine vor dem Haus sitzt. Der 77 Jahre alte Senior verblutet in seiner eigenen Hofeinfahrt. Der bei der Tat 23 Jahre alte Enkel, der Lieblingsenkel wohlgemerkt, wird wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Anordnung der Unterbringung in Sicherungsverwahrung blieb zum Urteilsspruch im Januar 2015 vorbehalten.

Die Tat und der folgende Prozess vor dem Landgericht Heilbronn erschütterten ob der Brutalität die Menschen. Dabei hatte man vor Gericht den Eindruck, ein trotziges Kindergartenkind reden zu hören. Der junge Täter hatte laut Gutachter einen Intelligenzquotienten von nur 75. Die Tat aber war keineswegs kindisch, sondern äußerst brutal: 25 Mal sticht er mit dem 20 Zentimeter langen, mitgebrachten Messer in der Nacht auf den 16. Juli 2014 in Öhringen-Verrenberg auf seinen Opa ein. Die letzten beiden Stiche habe er ausgeführt, als der Opa bereits am Boden lag, erklärt der Täter vor Gericht. Opfer und Täter stammten aus Kasachstan, lebten aber schon fast 20 Jahre in Öhringen.

 


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Wie kam es zu der Tat? Der junge Mann wollte besonders kalt und abgebrüht vor Gericht wirken. So brutal wie die Täter der Amokläufe von Norwegen (2011 mit 77 Toten) und Winnenden (2009 mit 15 Opfern) wollte er wirken. Seit über zehn Jahren habe er Mordfantasien. Besonders dann, wenn Mitschüler ihn mobbten. In einer Art Tagebuch reiht der Angeklagte wie in einer Litanei die Namen unzähliger Serienmörder und Amokläufer aneinander.

Will im Knast knallhart werden

Dazu Sätze über sich selbst: "Ich hoffe, dass ich im Knast hart und kalt werde." "Wenn ich rauskomme, dann muss ich sechs Jahre unauffällig bleiben und muss mir dann jemanden suchen, zu dem ich kein persönliches Verhältnis habe und darf mich nicht wieder dabei sehen lassen." "Im Knast werde ich ein knallharter Soziopath." So geht es Seite um Seite. Immer wieder. Nur unterbrochen von Namen verurteilter Mörder. Und dem Satz: "Dann bin ich wenigstens kein Mamasöhnchen mehr."

Eine tickende Zeitbombe?

Das aber ist er nach Meinung der Prozessbeobachter. Dazu eine "tickende Zeitbombe", wie es damals Richter Roland Kleinschroth bei der Urteilsbegründung formuliert. Der Gutachter spricht von einer symbiotischen Beziehung zu der Mutter. Mir ihr lebte der Täter in einer Öhringer Obdachlosenunterkunft. Zuvor hatten Mutter und Sohn mit den Großeltern gelebt. Doch dann zogen die Senioren zum Bruder der Mutter in ein neues Haus.

 


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Großvater hatte sich vor Tochter und Enkel gestellt

Mutter und Sohn lebten von Hartz IV und geringfügigen Ladendiebstählen, wegen der sie vom Amtsgericht zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden. Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass sie auch die Familie belogen und beklaut hätten. Der Großvater habe das gewusst und sich vor sie gestellt, um nicht noch mehr Scham über die Familie zu bringen. Nach der Sonderschule hatte der arbeits- und berufslose Angeklagte Praktika als Metzger gemacht.

Einzelzelle zum Schutz

Während der Untersuchungshaft saß der junge Mann in einer Einzelzelle. Weil ihn die Anstaltsleitung als gefährlich einstufte, erklärt er selbst vor Gericht. Sein Anwalt berichtet dagegen, dass er die erste Nacht in der Gemeinschaftszelle auf dem Boden schlafen musste.

Was war nun tatsächlich der Tat voraus gegangen? Abgesehen davon, dass die Lektüre des jungen Mannes aus Titeln wie " Jack the Ripper", "Der Knochenleser", "Tote unter Eid" bestand?

In der Zeit vor der Tat soll es Streit mit den Großeltern gegeben haben, weil er dem Opa etwa 3500 Euro gestohlen hatte. Nach einem Besuch bei den Großeltern habe die Mutter kein Geld mehr von diesen bekommen und geweint. Hatte sie ihren Sohn zu dem Diebstahl angestiftet? Vor Gericht verweigert die Mutter die Aussage und geht, ohne ihren Sohn auf der Anklagebank eines Blickes zu würdigen. Der Polizei hatte der junge Mann nach der Tat erklärt: "Mein Opa sollte einmal sehen, wie es ist, wenn einer richtig zur Sau gemacht wird."

Herabsetzung mit Gewalt gekontert

Laut Gutachter begegnet der junge Mann Herabsetzung mit Gewalt. Und so erkannte die Kammer in der Tat weniger eine Nachahmung der von ihm genannten Amoktätern als vielmehr gekränktes Selbstwertgefühl. "Ein Hang zu erheblichen Straftaten muss damit eindeutig bejaht werden", begründete Richter Kleinschroth damals die vorbehaltene Sicherungsverwahrung. "Ähnliche Übergriffe auch auf Menschen außerhalb der Familie wären sicher."

Von der Schwierigkeit, die Tat einzuordnen

Obwohl der Täter früh die Tat gestanden hatte, sei es dem Gericht schwergefallen, die Tat zu bewerten, sagte Kleinschroth damals. Nicht allein weil es um einen "wirklich brutalen Mord in so einem beschaulichen Ort wie Verrenberg" ging, sondern auch, weil nicht irgendwer irgendjemanden umgebracht habe, sondern der Lieblingsenkel seinen Großvater. "Der Opa war völlig arg- und wehrlos, freute sich vermutlich sogar, Sie zu sehen", sagte Kleinschroth bei der Urteilsverkündung.

Info

Vorbehaltene Sicherungsverwahrung bedeutet, dass die Gefährlichkeit des verurteilten Täters kurz vor Ablauf der Haftzeit erneut überprüft wird. In diesem Fall wurde eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Damit findet die Überprüfung mit ausreichend Vorlauf zum Haftende nach 15 Jahren statt. Es werden Gutachten erstellt und die Kammer am Landgericht, die das Verfahren erstmals verhandelt hatte, wird erneut darüber beraten.

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