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Super-Recogniser bei der Polizei: Mit menschlicher Superkraft Täter erkennen

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Super-Recogniser sind Menschen, die besonders gut Gesichter wiedererkennen. Die Polizei identifiziert sie in ihren eigenen Reihen, um Täter zu finden. Florian Rohmann von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg gibt einen Einblick in das noch junge Forschungsfeld.

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Der 34-jährige Florian Rohmann ist Test-Koordinator. Foto: Lisa Könnecke
Der 34-jährige Florian Rohmann ist Test-Koordinator. Foto: Lisa Könnecke  Foto: Lisa Könnecke

Meistens sind es Superhelden in Comics oder in Filmen, die mit besonderen Fähigkeiten gegen das Böse kämpfen. Sie können sich an einen beliebigen Ort teleportieren, hellsehen, fliegen, sind besonders stark oder sogar unsterblich. Aber nicht nur im Drehbuch, auch im wahren Leben gibt es Menschen, deren Fähigkeiten beinahe schon übernatürlich sind, zum Beispiel die der sogenannten Super-Recogniser.

So werden Menschen bezeichnet, die über herausragende Fähigkeiten verfügen, sich Gesichter einzuprägen und wiederzuerkennen, auch wenn sie sie nur kurz oder vor Jahren das letzte Mal gesehen haben.

Damit sind Super-Recogniser auch oftmals Computersoftwares voraus, weil sie auch dann Gesichter erkennen, wenn die Technik streikt: Zum Beispiel, wenn das Foto verwackelt oder das Gesicht durch einen Hut nur schlecht zu sehen ist.

Fähigkeit durch einen Zufall herausgekomemn

Dass es Menschen mit solchen Fähigkeiten gibt, hat 2009 der Zufall ans Licht gebracht, erklärt Florian Rohmann von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg. Der 34-Jährige ist Koordinator der Tests, die seit dem Frühjahr 2021 allen Polizeischülern angeboten werden.

Rohmann erklärt, dass die Forschung herausfinden wollte, warum manche Menschen gesichtsblind sind und dabei auf Menschen stieß, die überdurchschnittlich gut darin waren, sich Gesichter zu merken, also das genaue Gegenteil. Mittlerweile hat sich die Arbeit mit den sogenannten Super-Recognisern weltweit in der Polizeiarbeit etabliert. Auch in Deutschland.

Nach Kölner Silvesternacht zum ersten Mal im Einsatz

Zum ersten Mal im Einsatz hierzulande waren sie im Zuge der Silvesternacht in Köln 2015/16, als Hunderte Frauen sexuell bedrängt wurden. Die Beamten haben Unterstützung von Super-Recognisern aus London bekommen, die dabei halfen, die Täter zu identifizieren, erklärt Florian Rohmann.

Aber auch im Zuge der Krawallnacht Ende Juni 2020 kamen entsprechend begabte Beamte des Stuttgarter Polizeipräsidiums zum Einsatz. So wurde etwa jeder Zweite der bislang rund 140 Tatverdächtigen wiedererkannt.

Baden-Württemberg als Vorreiter

Was das Ausrollen dieser Einheit auf ein ganzes Bundesland angeht, sieht Florian Rohmann Baden-Württemberg in einer Vorreiterrolle, wie er sagt. "Die Polizei hier ist die bisher einzige, die flächendeckend mit Super-Recognisern arbeitet." Auch in Heilbronn ist die Einheit aktuell im Aufbau. Das bestätigt die Pressestelle des Heilbronner Polizeipräsidiums auf Stimme-Anfrage.

Der Test zum Super-Recogniser findet ausschließlich online statt und geht, sofern es der Teilnehmer bis zum Ende schafft, fünf Stunden. Foto: dpa
Der Test zum Super-Recogniser findet ausschließlich online statt und geht, sofern es der Teilnehmer bis zum Ende schafft, fünf Stunden. Foto: dpa  Foto: Sven Hoppe

Florian Rohmann hat den Test zum Super-Recogniser selbst schon gemacht, wie er verrät. "Als Koordinator bin ich für Rückfragen verantwortlich, deswegen muss ich wissen, wie der Test aufgebaut ist." Sein Ergebnis? "Gar nicht mal so schlecht, wobei ich weit davon entfernt bin, ein Super-Recogniser zu sein. Ich bin irgendwo in der grauen Masse des Durchschnitts", sagt der 34-Jährige und lacht.

Nur ein bis zwei Prozent der Welt haben diese Fähigkeit

527 Auszubildende und Studierende haben das Testverfahren der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg bereits durchlaufen. Lediglich neun davon wurden als Super-Recogniser identifiziert. Was nach wenig klingen mag, deckt sich mit Ergebnissen der Forschung: Nur ein bis zwei Prozent der Menschen besitzen diese Fähigkeit. "Sie ist angeboren, quasi eine Veranlagung. Entweder man hat sie oder man hat sie nicht", sagt der 34-Jährige.

Polizei will Potenzial in eigenen Reihen ausschöpfen

Vor allem die Motivation sei wichtig. Stundenlang vor dem PC zu sitzen und Hunderte von Videos oder Bilder zu sichten, sei nicht für jedermann etwas. "Der Wille muss da sein. Super-Recognisern, denen es an Motivation mangelt, die erzielen nie so gute Ergebnisse wie jene, die dafür brennen", sagt Rohmann. Deswegen sei die Teilnahme am Test auch freiwillig. "Für uns als Polizei heißt es, das Potenzial in unseren Reihen zu identifizieren und sinnvoll einzusetzen. Viele wissen nicht mal, dass sie ein Super-Recogniser sind."

Das Testverfahren für Super-Recogniser hat Josh Davis von der Universität Greenwich in London entwickelt. Er gilt als führender Wissenschaftler auf dem noch jungen Forschungsgebiet. Die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen ist mit Josh Davis in Kontakt, um die Tests an die neuesten Entwicklungen stetig anzupassen, sagt Koordinator Florian Rohmann von der Hochschule. 

 
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