Wie der Dorfbäcker in Sindeldorf zum Lowcarb-Profi wurde
Mit ihrem Unternehmen Panifactum hat sich die Familie Hofmann in Sindeldorf spezialisiert und gleichzeitig modern aufgestellt. Wem das hilft und was sich dahinter verbirgt.

Die Erinnerung ist selbst nach acht Jahren nicht aus seinem Kopf gewichen. Obwohl der Geschmack kein guter gewesen ist. "Das Brot war richtig schlecht", sagt Matthias Hofmann ganz ehrlich über seine ersten Bissen in ein Lowcarb-Brot. Die Biathleten haben es dennoch gegessen, auch die alpinen Skirennläufer sind damit in den Tag gestartet.
Ehefrau als Rezeptentwicklerin

Nach dieser Erfahrung hat den gelernten Müller und Bäcker der Ehrgeiz gepackt. Das Ziel: Es besser hinbekommen. Ein kohlenhydratfreies Brot zu produzieren, in dem weder Stärke, Gluten noch Getreide verwendet wird, das frei von tierischen Inhaltsstoffen und daher für Veganer und Vegetarier geeignet ist, aber auch Menschen mit Hefepilz-Allergie oder Laktoseintoleranz bedenkenlos essen dürfen.
Mit seiner Ehefrau Alexandra ("Sie ist die bessere Rezeptentwicklerin und hat das bessere Bauchgefühl") hat er es geschafft. Inzwischen sind die Hofmanns mit Panifactum, ihrer Lowcarb Food GmbH in Schöntal-Sindeldorf, nationaler Marktführer. Weil ihre Produkte - vom Knäckebrot über Aufstriche bis hin zur Mischung für Spätzle - längst nicht nur für Deutschlands beste Wintersportler und andere Athleten einen wichtigen Teil der Ernährung ausmachen, sondern immer mehr Menschen nicht zuletzt aus medizinischen Gründen ihre Essgewohnheiten verändern. Ein Beispiel: "Pro Tag kommen 1000 Diabetiker hinzu", sagt Matthias Hofmann, "das ist die Krankheit, da muss was getan werden."
Onlineshop als starkes Standbein
Der 53-Jährige sitzt am Tisch, erzählt. Darüber, was an der Steinwand rechts von ihm auf 36 Zeilen steht. Eine 155-jährige Familiensaga. Ein historischer Abriss, wie aus der einstigen Mühle, dem Mühlenbeck mit 14 Filialen und Cafés ein modernes Unternehmen geworden ist, in dem der Onlineshop längst als "starkes Standbein" die Erfolgsgeschichte prägt. Matthias Hofmann ist stolz auf das, was er mit seiner Frau und den 17 Mitarbeitern erreicht hat. Mut, Innovationsbereitschaft, Liebe wie Nähe zu hochwertigen Lebensmitteln und seine Offenheit haben ihm dabei geholfen.
Weitere Pläne gibt es zuhauf, sie reichen von der beliebten Milchschnitte über belgische Waffeln bis zur Tiefkühlpizza. Nicht zuletzt liegt in der schnellen Umsetzung von der Idee zur Produktionsreife eine Stärke der Hofmanns. Das Faszinierende für den Geschäftsführer: "Wir haben in unseren Produkten nichts drin, was nicht schon vor 1000 Jahren hätte gebacken werden können." Mehr noch: Der Vater von fünf Kindern hätte als Bäckersbub niemals geglaubt, dass sein Job derart vielfältig ist.
Selbst entwickelte Technik
Der Blick in die Produktion in Sindeldorf bleibt Neugierigen jedoch versperrt. Die dort eingesetzte Technik ist aus anderen Branchen abgewandelt, selbst entwickelt und daher geheim. So viel sei verraten: Nur noch die Knetmaschine und der Ofen sehen nach Backen aus.
Im Versand, wo die Mitarbeiter mit ihren superflinken Händen schon früh am Morgen die Brote aus dem Reinraum prüfen, in Trays verpacken und palletieren, wird schnell deutlich, welch wichtige Faktoren Sorgfalt und Qualität sind. Zwischen 8000 und 10 000 Stück verlassen die Stätte in Sindeldorf täglich. Dafür werden Großmengen bestellt - die Sonnenblumen beispielsweise immer LKW-weise mit 30 Tonnen. Doch auch Leinsamen und Hanf - wegen seines hohen Spektrums an Aminosäuren - werden verarbeitet.
Endlich wieder Wochenende
Im Gegensatz zu früher, als noch der Duft frischer Brötchen durch die Backstube gezogen ist, hat sich nicht nur die Rohware geändert. Auch der Tagesablauf von Matthias Hofmann und seiner Frau ist ein anderer geworden. Im positiven Sinne. "Als Bäcker habe ich an sieben Tagen die Woche nur Vollgas gegeben", sagt Hofmann. Inzwischen genügt es, um 5 Uhr aufzustehen. Dazu nimmt er sich die Zeit für ein Wochenende. Das ist entspannter, schöner. Und gibt dem Unternehmer Zeit, Studien und Bücher zu lesen. Neben Wissen fördert dies immer weitere Ideen. "Man kann jedes Produkt in gesund machen", sagt Matthias Hofmann und lächelt.