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Morgens im Weinbaumuseum: Von Wein, Fürsten und Riesenfässern

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Der Pfedelbacher Wilfried Uhlmann ist seit über 20 Jahren Weinführer, Kurator und Restaurator aus Leidenschaft. Im Weinbaumuseum hütet er einen besonderen Schatz.

von Julian Ruf
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Das Weinbaumuseum ist ein langer Gewölbekeller. Im Hintergrund ist das Fürstenfass von Ludwig Leopold zu Hohenlohe-Bartenstein zu erkennen.
Das Weinbaumuseum ist ein langer Gewölbekeller. Im Hintergrund ist das Fürstenfass von Ludwig Leopold zu Hohenlohe-Bartenstein zu erkennen.  Foto: Berger, Mario

Wenn Wilfried Uhlmann morgens um 10 Uhr seine ersten Gäste im Pfedelbacher Weinbaumuseum in der Baierbacher Straße begrüßt, dann wird zu allererst mit einem edlen Tropfen angestoßen. Da ist es dann auch nicht so wichtig, dass der Tag noch nicht einmal die Mittagszeit erreicht hat. Eine Verkostung mit heimischen Weinen gleich zu Beginn gehört für den Wengerter, Weinführer und Ur-Pfedelbacher Uhlmann (74) zu seiner Tour durch das Museum einfach dazu.


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Das Weinbaumuseum ist dabei kein moderner Neubau mit Ausstellungsstücken in Glaskästen, ganz im Gegenteil. Es befindet sich in einem 71 Meter langen Kellergewölbe mit hohen Decken aus der Zeit der Spätrenaissance. Innen ist es kühl und recht dunkel. In der Luft ist eine schwere holzige Note auszumachen. Das Bauwerk aus dem Jahr 1604 war schon immer dem Wein gewidmet. In den vergangenen Jahrhunderten kelterten dort die Hohenloher Winzer ihre Weine. Aber auch ein Ort des Beisammenseins war der Keller einst. "Hier wurden glanzvolle Feste und Hochzeiten gefeiert. Das war so üblich", weiß Uhlmann. Bis 1994 wurde das Gewölbe ganz im Sinne der Weinwirtschaft genutzt und 1997 dann zum Museum umfunktioniert. "14 einzelne Weingenossenschaften aus dem Hohenloher Raum haben sich für das Museum zusammengeschlossen und präsentieren hier ihre historischen Schätze."

Kurioses aus 300 Jahren

Das Gewölbe beherbergt Werkzeuge und Kuriositäten aus den vergangenen rund 300 Jahren des Weinbaus, von der Lese über die Verkorkung bis hin zum Ausschank. "Im 18. Jahrhundert mussten die Pfedelbacher ihre Abgaben an die Landesherren in Wein entrichten", erklärt Uhlmann während seiner Führung. "Zu diesem Zweck ließ Fürst Ludwig Leopold zu Hohenlohe-Bartenstein im Jahr 1752 ein gigantisches Fass erbauen, worin dann die Abgaben gesammelt wurden."


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Das Fass steht am hinteren Ende des Museums und ist eines der zentralen Ausstellungsstücke. Knapp 65 000 Liter Wein passen in das 14 Meter hohe Fass. "Eine einzelne Person müsste 59 Jahre und 26 Tage täglich drei Liter Wein trinken, damit es leer wird", scherzt Uhlmann. Das Fürstenfass sei das drittgrößte seiner Art in ganz Süddeutschland. "Die Fürsten wollten früher immer das größte Fass besitzen, das war schon so etwas wie ein Wettbewerb." Im Museum verewigt haben sich allerdings nicht nur Fürsten: Alle Hohenloher Weinköniginnen seit 1977 zieren die Wände mit einem Porträt.

Wilfried Uhlmann (rechts) erklärt bei einer Führung, wie eine Etikettiermaschine funktioniert.
Fotos: Mario Berger
Wilfried Uhlmann (rechts) erklärt bei einer Führung, wie eine Etikettiermaschine funktioniert. Fotos: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Die umfangreiche Historie des Weinbaumuseums zeigt sich auch in den weiteren Exponaten. Zum Beispiel erklärt Uhlmann, wie eine Etikettiermaschine aus den 50er Jahren funktioniert. Dazu spannt er eine leere Weinflasche in eine Vorrichtung, die ein bisschen an einen alten Flugzeugmotor erinnert. Anschließend zieht er kräftig an einem Hebel und die Flasche wird in die Maschine gedrückt. "Das Etikett wird durch Muskelkraft über eine Klebeflüssigkeit gezogen und dann aufgebracht. Heute übernehmen das natürlich vollautomatische Industriemaschinen", sagt er. "In der frühen Geschichte des Weinbaus wurde alles händisch gemacht, erst im 20. Jahrhundert kamen die halbautomatischen Maschinen für die Etiketten auf."


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Immer eine Anekdote in Petto

An einer alten Küferwerkstätte demonstriert Uhlmann die Herstellung eines traditionellen Weinfasses. Er deutet an, wie mit einem speziellen Bohrer das Spundloch des Fasses eingedreht wird. "In so einer Werkstatt gibt es für jede Tätigkeit den richtigen Hebel. Vor der Verwendung von Fässern wurde der Wein jedoch in Ziegenhäuten transportiert." Zu jedem Exponat hat Uhlmann eine passende Anekdote parat.

Seit 23 Jahren schon gibt Uhlmann Führungen durch das Museum und das zwei bis dreimal die Woche. Uhlmann ist nicht nur Museumsführer, sondern auch Kurator und Restaurator in einer Person. Seine Aufgaben erfüllt er ehrenamtlich und aus Leidenschaft, wie er sagt. Früher hatte das Museum jeden Sonntag geöffnet, heute bedarf es einer Anmeldung. Menschen aus den Niederlanden seien häufig zu Gast, aber auch Engländer und natürlich Deutsche aus nördlicheren Gefilden. 2019 wurde Uhlmann für sein Engagement vom Regierungspräsidium Stuttgart die Ehrennadel des Arbeitskreises Heimatpflege verliehen.

Begriffserklärung

Das Wort "Wein" ist ein sogenanntes Wanderwort. Es bedeutet, dass sich das Wort bereits in frühgeschichtlicher Zeit durch verschiedene Sprachen und Kulturen verbreitet hat. Meist geschah dies durch Handel und Völkerbewegungen. So gibt es zum Beispiel im Arabischen das Wort "wayn" oder im Lateinischen das Wort "vinum"

 
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