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Geschwätzt wird beim Brezelschwingen

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In der Bretzfelder Bäckerei Kolb duftet es bereits morgens um 4 Uhr nach Frühstück und Mittagessen. Einblicke in die Backstube.

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Vater Stefan Kolb neben Sohn Marcel beim Brezelschlingen. Das geht für die beiden Bäckermeister wie im Schlaf, und so füllen sich die Bleche im Handumdrehen.
Vater Stefan Kolb neben Sohn Marcel beim Brezelschlingen. Das geht für die beiden Bäckermeister wie im Schlaf, und so füllen sich die Bleche im Handumdrehen.  Foto: Tschürtz, Andreas

Sacknacht sagt der Schwabe, wenn's so dunkel ist, dass man die Hand vor Augen nicht sieht. Und sacknacht ist es auch jetzt - morgens um vier in Bretzfeld. Drinnen allerdings, beim Bäcker Kolb, da duftet's bereits nach Tag. Nach frischem Brot. Nach Frühstück.

Wobei schon noch ein wenig Arbeit vor den Bäckern liegt, bis die ersten hungrigen Kunden um 6 Uhr kommen können. In Zahlen ausgedrückt: Fast 1000 Brezeln, 900 Brötchen und zahllose Süßstückchen wollen noch gebacken werden. Dazu Herzhaftes von der Käselaugenstange bis zur Pizza. Und so herrscht an den langen Arbeitsbänken geschäftige Ruhe zwischen Bäckermeister Phillip und Geselle Pascal. Um 2.30 Uhr waren sie die Ersten in der Stube, haben sich ans Brot, Süßstückchen und die Mittags-Snacks gemacht. Jeder Handgriff sitzt. Das geübte Auge macht beim Teigabstechen die Waage zur Statistin.


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Am Ofen verschafft derweil Ralf, was die beiden ihm in mannshohen Backwägen voll gestapelter Bleche bereitstellen. "Ding, Dang, Dong" - fortlaufend erinnert der Ofen Ralf daran, Fächer zu leeren und nachzulegen. "Geschwätzt wird später, wenn wir am Brezelrollen sind", sagt Pascal. "Da hat man nebenher Zeit." Denn den Brezel-Schwung beherrscht hier jeder im Schlaf.

Es füllt sich

Die Konditorei beginnt etwas später als die Bäckerei. Dagmar ist ab 4.30 Uhr am Kuchen- und Tortenmachen.
Die Konditorei beginnt etwas später als die Bäckerei. Dagmar ist ab 4.30 Uhr am Kuchen- und Tortenmachen.  Foto: Tschürtz, Andreas

Um 4.30 Uhr kommt "die Konditorei", was am heutigen Tag heißt: Dagmar. Sie bereitet die Kuchen, die fürs Bäckerei-Café unentbehrlich sind. Rhabarber, Apfel, Aprikose, Träuble, Zwetschgen, Kirsche - schon kurz nach ihrer Ankunft sieht es in den Kuchenformen um sie herum bunt und lecker aus wie am Marktstand. "Und nicht zu vergessen die Torten, die sie macht - super!", lobt Verkäuferin Lizzy im Vorbeihuschen.

Heute arbeitet sie früher als üblich, bereitet die Ware für die Verkaufstheke und die beiden Filialen im Bretzfelder Netto-Markt bei der Schule und im Nachbarort Schwabbach vor. Bis 5.30 Uhr soll alles gepackt sein. Dann kommt der Fahrer. Die Filialen öffnen um 6 Uhr. "Das ist wie Frühsport", sagt Lizzy und ist auch schon zwischen Transportkisten und Brotregalen verschwunden.


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"Ding, Dang, Dong", wieder ist eine Fuhre fertig. "Und wir sind mit der Produktion für heute auch so ziemlich durch", sagt Phillip. Jetzt wird nur noch gebacken, die letzten Brezeln kommen kurz vor 12 Uhr in den Ofen. Für die Bäcker richtet sich der Blick aber schon auf den nächsten Tag. Möglich gemacht hat das der Umzug 2015 von der kleinen Bäckerei beim Bretzfelder Rathaus in das neue Gebäude in der Ortsmitte mit Platz für Kühlräume. Dort ruhen der Teig und die Backwaren, die sie in den kommenden Stunden vorbereiten. Das ist gut fürs Ergebnis - und sorgt für mehr Schlaf in der Nacht. Früher ging es kurz nach Mitternacht los.

Jetzt kommt der Chef

Brezelrollen: (v. li.) Stefan Kolb, Sohn Marcel, Geselle Pascal, Bruder Lothar (71). Vorne: Phillip beim Brotteigwiegen.
Brezelrollen: (v. li.) Stefan Kolb, Sohn Marcel, Geselle Pascal, Bruder Lothar (71). Vorne: Phillip beim Brotteigwiegen.  Foto: Tschürtz, Andreas

Ob's der Kaffee ist, den Chef Stefan Kolb (58) um 5 Uhr für alle in die Backstube bringt? Jedenfalls wird es jetzt nicht nur voller in der Stube, sondern auch lebendiger. Vielleicht liegt es aber auch am Brezelrollen - mit Zeit für besagtes Schwätzchen. Und alle helfen zusammen. Die Maschine, die die Teigwürste ausspuckt, füttert Stefan Kolbs 71-jähriger Bruder Lothar, bei dem der Chef sein Handwerk gelernt hat. Auch Sohn Marcel ist inzwischen Meister. Nein, diese Backstube kann nicht über fehlende Fachkräfte klagen. "Wir haben eine hohe Meisterdichte", scherzt Stefan Kolb. Und langjährige Mitarbeiter, was zweifelsfrei fürs Betriebsklima spricht. Im Herbst fängt ein Lehrling an. "Aber man merkt, dass die Jungen nicht Schlange stehen wie früher, um Bäcker zu werden."

Mittags ist frei

Dabei bringt der Beruf durchaus Vorteile mit sich, erzählt Marcel. Der 31-Jährige hat Zerspanungsmechaniker gelernt, "aber das war zu langweilig. Hier im Handwerk habe ich Abwechslung. Und ich bekomme was von meinen Kindern mit. Wer kann schon ein Mittagsnickerchen mit seiner kleinen Tochter machen?" Wenn es so weit ist, liegt auch die Backstube im Mittagsschlaf - bis es draußen wieder sacknacht ist.

Die Geschichte der Bäckerei Kolb in Bretzfeld

1996 eröffneten Stefan und Gabi Kolb eine kleine Bäckerei neben dem Rathaus in Bretzfeld. 1997 folgte eine Filiale im örtlichen Netto-Markt, 2009 in Schwabbach. 2015 zog der Betrieb in eine neue große Bäckerei mit Café im Herzen Bretzfelds, und Sohn Marcel entschied, beruflich umzusatteln und Bäcker zu werden. Heute hat die Bäckerei 32 fest angestellte Mitarbeiter, einschließlich 500-Euro-Kräften sind es 50. 

 
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