Pflegefachkräfte Tag und Nacht gefordert
Im Haus zum Fels in Schwabbach kümmern sich nicht nur Peter Mohrland und Mandy Neidling um die Mehr als 70 Bewohner. Was sie zu ihrem Job, der Zukunft sagen und welche Erfahrungen sie machen.

Die Namensschildchen stehen schon auf dem gedeckten Frühstückstisch. Darüber hängt die Oster-Deko, doch kein Windhauch bringt die Küken aus gelbem Karton zum Hüpfen. Die Fenster sind geschlossen, die Jalousien ebenfalls. Peter Mohrland macht das Licht an, ehe er in einen Gang im ersten Stock im Haus zum Fels im Bretzfelder Teilort Schwabbach läuft. An manchen Türen kleben Tierfotos. Das Hundewelpen dient dementen Bewohnern zur Orientierung wie auch der Blumenkranz aus Papier schräg gegenüber.

In den Zimmern ist es ruhig. Peter Mohrland, der seit nahezu 23 Jahren im Dauer-Nachtdienst arbeitet, sagt jedoch: "Viele Bewohner schlafen nur kurz oder mit Unterbrechungen." Erfahrungen, nicht nur aus seinen zahlreichen Rundgängen. Auch in dieser Nacht trägt der Langenbeutinger für zehn Stunden die Verantwortung. Ein Knochenjob. Physisch wie psychisch. "Jede Schicht verläuft anders", sagt er - und doch bewältigt er sie alle routiniert, ruhig. Seine Erfahrung gibt ihm viel Sicherheit, sie hat die Ängste von einst längst verdrängt.
Erfahrung bringt viel Sicherheit
Viel erleben der fünffache Familienvater, seine Kolleginnen und Kollegen. Immer wieder. Alltagsaufgaben. Not- und Extremsituationen unter den mehr als 70 Bewohnern. Todesfälle. Manche Gedanken und Geschehnisse tragen sie mit nach Hause.
Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind die schlechte Bezahlung bekannt und die mangelnde Wertschätzung im Pflegesektor ein Thema. Am Wochenende, an Feiertagen oder nachts zu arbeiten, ist familienunfreundlich, hält viele ab, sich für den gesellschaftswichtigen Beruf zu entscheiden. "Und nicht jeder kann mit den Gerüchen umgehen", sagt Peter Mohrland. Blut. Urin. Erbrochenes. Stuhlgang. Im Zivildienst haben sie ihm abgeraten, in die Altenpflege zu gehen. Doch Mohrland lächelt und sagt: "Es macht Spaß, mit Menschen zu arbeiten."
Kleine Gesten als Wertschätzung
Mandy Neidling, die ein Stockwerk über Peter Mohrland Nachtdienst macht, meint: "Es sind die Kleinigkeiten." Sie geben der 49-Jährigen Bestätigung: "Mal ein Danke, eine Umarmung oder ein herzliches Lachen", sagt die sympathische Frau aus Rappach.
Die gelernte Krankenschwester ist seit 15 Jahren in der Altenpflege tätig, erste Ansprechpartnerin für alles und weiß: "Pflege wird immer gebraucht, die Menschen werden älter, gebrechlicher. Es ist ein krisensicherer Job." Für Mandy Neidling allerdings mehr eine Berufung. Sie rät, sich frühzeitig mit dem Alter auseinanderzusetzen, sich mit Familienangehörigen zu besprechen, Gedanken schriftlich festzuhalten. "Vielen ist bewusst, dass das Altenheim ihre letzte Station ist", sagt Mandy Neidling. Doch: Das eigene Haus oder die Wohnung aufzugeben, ist ein weitreichender Schritt. "Wir versuchen ein ganz normales Leben zu schaffen, bieten Aktivitäten und Feste", sagt Peter Mohrland, aber: "Ein Altenheim ist ein Altenheim. Das eigene Zuhause ist immer besser. Für viele ist es schwer, verpflanzt zu werden."
Personal kommt an Grenzen
Eine Bewohnerin im zweiten Stock klingelt. Mandy Neidling kümmert sich um sie. Ihr Kollege hat in seiner Schicht schon eine Bedarfsmedikation verabreicht. Manche Bewohner sind auffällig. Tags wie nachts. Manche bringen das Personal an ihre Grenzen.
Mandy Neidling macht gerne mal eine Nachtschicht. Die Zeit selbstständig einzuteilen, tut gut - auch wenn die Müdigkeit als Feind bleibt. Am Tag ist es trubeliger, mehr Telefonate, Gespräche, Betten beziehen. "Pflegen heißt auch heben", sagt Peter Mohrland. Der Mann ist fit, schlank und hat sich doch schon einmal einen Leistenbruch zugezogen. Mandy Neidling nutzt Hilfsmittel, obendrein hat sie sich Techniken angeeignet, die ihr die Arbeit erleichtern. Rückenschmerzen bleiben mitunter trotzdem nicht aus.
Würde die offene Frau ein Buch schreiben, es wäre ein Roman. Der Inhalt: spannende Lebensgeschichten. "Es wäre eine ganze Reihe", sagt sie. So viel hat Mandy Neidling erlebt. Gehört. Erfahren. Milde lächelnd fügt sie hinzu: "Gespräche helfen mehr als manche Tabletten."