Am Sonntag um 21.45 Uhr schließt das Aquatoll für unbestimmte Zeit
Ende nach fast 32 Jahren: Spaßbad und Saunalandschaft in Neckarsulm stehen vor dem Abschiedswochenende. Am Sonntag ist der letzte Öffnungstag.

Tränen dürften fließen, traurige Gesichter in der Überzahl sein: Diesen Sonntag verlassen gegen 19 Uhr die letzten Besucher das Aquatoll-Spaßbad, die letzten Saunagänger werden um 21.45 Uhr aus dem Gebäude kommen. Dann werden die Mitarbeiter das Aquatoll für unbestimmte Zeit verschließen, vielleicht für immer. Der Gemeinderat Neckarsulm hat Ende April beschlossen, kein weiteres Geld in die Modernisierung der Anlage zu stecken und sie auch nicht zu sanieren.
Damit ist das Ende unter städtischer Regie eingeläutet. Ob ein privater Investor das ganze Bad, eröffnet im September 1990, oder nur die Sauna übernimmt, ob sich die Stadt daran finanziell beteiligt, das ist völlig offen. Genauso unklar ist deshalb, ob die Stadt tatsächlich ein neues, kleines Bad unter Beteiligung der Bürger errichtet.
Stammgäste haben gemischte Gefühle
Gäste, denen das Aquatoll über viele Jahre ans Herz gewachsen ist, blicken mit gemischten Gefühlen auf die letzten Betriebsstunden der Einrichtung. "Das kommende Wochenende werde ich wahrscheinlich etwas benommen sein, da mir die Geschichte etwas unwirklich erscheint", schreibt Rainer Haseneder in einer E-Mail an die Redaktion. Er denkt an die vielen Unternehmen und Unternehmer in und um Neckarsulm. "Da muss doch jemand handeln wollen." Mit seiner Frau besucht er gern die Sauna, dem achtjährigen Sohn macht der Piratenbereich "einen Heidenspaß".
Finale Abstimmung: Nur zwei Stadträte wollen Geld ins Aquatoll stecken
Die meisten Stadträte haben sich gegen Sanierung und Modernisierung ausgesprochen, nur Grünen-Stadtrat Volker Raith und Beate Lehleiter (CDU) waren dafür. "Mit großem Bedauern" blickt Beate Lehleiter nun aufs Wochenende. Natürlich verstehe sie die Argumente, die gegen das Aquatoll sprechen - die Kosten, die Klimabilanz. Nur: Auch ein kleines Bad als Aquatoll-Ersatz, von dem mittlerweile viele Stadträte bereits träumen, koste viel Geld.
Das war auch mit ein Grund für ihr Votum: Bei der Abstimmung über das Aquatoll fehlten ihr klare Alternativen. Für sie ist eine kleinere Variante zwar günstiger, aber "in keinem Fall eine Alternative zu dem vielfältigen und umfangreichen Angebot eines sanierten Aquatolls für Familien".
Grünen-Stadtrat bedauert, dass es kein familientaugliches Bad mehr gibt
Das Aquatoll-Aus ist in den Augen von Volker Raith "schlecht für die Bürger der ganzen Region". Er sagt: "Wir haben kein familientaugliches Bad mehr." Das Sportbad beim Aquatoll, das erhalten bleibt, ist in den Worten des Stadtrats ein Olympiabad und für Familien unattraktiv. Das Obereisesheimer Freibad nennt Volker Raith allerdings nicht. Die Technik allein auf Vordermann zu bringen, das hätte nach Ansicht von Stadtverwaltung und den meisten Stadträten nicht gereicht.
Inklusive neuen Attraktionen rechnete die Stadt mit Aquatoll-Ausgaben in Höhe von 37,5 Millionen Euro Euro. Nach Ansicht von Volker Raith hätte es aber dieses großes Paket auf einmal gar nicht sein müssen. Von einem Ersatzbad hält er nichts, als "einfallslos" bewertet er die Idee.
Dem Gremium schlug Volker Raith in der April-Sitzung kurzfristig vor, mit dem eigentlichen Votum zu warten: Erst sollte die Stadt schauen, ob ein Investor einsteigt und welche finanziellen Forderungen er an die Stadt hat. Erst danach hätte Volker Raith über die Modernisierung und die Sanierung abstimmen lassen. Die restlichen Neckarsulmer Stadträte lehnten diesen Vorschlag ab, Volker Raith versteht das nicht. Zwei, drei Monate hätte man noch warten und das Aquatoll am Laufen halten können. "Da muss man nichts vorher zumachen."
Stammgäste machen am Sonntag Erinnerungsfotos
Nun ist es beschlossen, dass diesen Sonntag das Aquatoll unter städtischer Führung endet. Auch Marco Krebs aus Gundelsheim gehört zu den Stammgästen. Aquatoll ist für ihn nicht nur eine Sauna. "Es ist Geschichte, Begegnungsstätte, Jugend, Heimat, Freundschaft", schildert er in einer E-Mail an die Redaktion seine Gefühle. "Aber leider hat man uns nie gefragt, ich bin kein Neckarsulmer, und daher hatte ich noch weniger Gehör wie die Bürger der Stadt."
Die letzten Erinnerungsbilder, die vermutlich gemacht werden, täuschen nicht darüber hinweg: "Am 15. Mai heißt es also Abschiednehmen, und wir Stammgäste planen, an dem Tag noch einmal in großer Anzahl vor Ort zu sein", verspricht Marco Krebs. "Ein letztes Mal."




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